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Wegen Fachkräftemangel Kita-Gruppen droht Schließung

Der Fachkräftemangel in Kitas ist inzwischen so groß, dass manche Gruppen nicht mehr betreut werden können. Auch neue Kitas können zum Teil wegen fehlendem Personal den Betrieb nicht wie geplant aufnehmen.
09.03.2022, 18:56 Uhr
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Kita-Gruppen droht Schließung
Von Sara Sundermann

Spätabends an einem Freitag bekamen Eltern der Kita Glühwürmchen Post: "Da haben wir erfahren, dass einige Kinder die Kita verlassen müssen", erzählen Verena Maushagen und Erika Rondo. Beide sind Mütter von Kindern in der Kita in Woltmershausen. Insgesamt geht es um 20 Kinder, für die ab 1. April die Betreuung wegbrechen könnte. "Und alle Eltern sind berufstätig oder wollten gerade wieder einsteigen", sagt Verena Maushagen. "Die meisten sind jetzt darauf angewiesen, dass ihre Arbeitgeber sich kooperativ zeigen."

Der Grund für die drohende Schließung: Mehrere Erzieherinnen verließen zuletzt die Kita, es gibt nicht genug Personal. "Die Information kam vier Wochen vorher", sagt Maushagen. Am 1. März hätten die betroffenen Eltern ein Schreiben zur vorzeitigen Beendigung der Betreuung in die Hand gedrückt bekommen.

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Der Träger der Kita, die Impuls Soziales Management gGmbH, bestätigt die Notlage. "Es besteht die Befürchtung, dass wir eine Gruppe mangels Personal schließen müssen, wir arbeiten fieberhaft daran, das noch zu verhindern", sagt Axel Antons-Eichner, regionaler Geschäftsleiter des Trägers für Norddeutschland. Drei Stellen seien unbesetzt, Gespräche mit diversen Bewerbern liefen. Im Notfall gebe es einen anderen Träger, der einen Großteil der betroffenen Kinder aufnehmen könnte, sagt Antons-Eichner. Laut Bildungsbehörde gäbe es über zwei Awo-Kitas im Bremer Süden sogar Betreuungsangebote für alle betroffenen Kinder.

Antons-Eichner schildert den Ernst der Lage: „Wenn es um Fachkräfte geht, ist der Markt dermaßen abgegrast, dass wir eigentlich nur noch anderen Kitas Beschäftigte abwerben können." Es gebe eine Konkurrenz der Träger um die verbliebenen Kräfte. "Die Fluktuation ist sehr hoch. Erzieherinnen, die nicht ganz zufrieden sind, können überall von heute auf morgen ein Stellenangebot bekommen." Im Grunde müsse man eine ganze zusätzliche Erzieher-Fachschule aufmachen, so der Regionalleiter.

"Der Kuchen ist einfach zu klein"

Andere Kitas haben dasselbe Problem: Auch im St. Petri Kinderhaus in Osterholz fehlt so viel Personal, dass die Betreuung eingeschränkt werden muss. Um nicht eine Gruppe komplett zu schließen, ist dort geplant, die Betreuungszeit für 60 Kinder zu reduzieren. Sie sollen im Wechsel jeweils zwei oder drei Tage pro Woche in die Kita gehen. „Uns fehlen zweieinhalb Stellen, es kann sein, dass wir ab 1. April die Betreuung einschränken müssen", sagt Bernd Schmitt, Geschäftsführer vom Kita-Träger Petri und Eichen. "Wir suchen Personal auf allen Kanälen, aber da kommt quasi gar nichts rein, der Kuchen ist einfach zu klein." Eltern seien verständlicherweise wütend, sagt Schmitt. „Aber unsere Beschäftigten arbeiten bis zum Umkippen, wir können sie nicht auf Dauer verheizen. Das ist ein riesengroßes Dilemma.“

Nikola Siemer gehört zu den Betroffenen. Sie und ihr Mann haben zwei Kinder im Kinderhaus St. Petri. "Wir arbeiten beide, es ist schon schwierig", schildert die 39-Jährige. „Man kann alle Seiten verstehen, aber es macht wütend, dass man so im Regen stehen gelassen wird. Und dass nach zwei Jahren Pandemie, wo immer wieder Betreuung ausgefallen ist."

Sieben Gruppen fehlen

Auch neue Kitas können teils wegen Personalmangel den Betrieb nicht aufnehmen. Ein Beispiel dafür ist eine geplante Kita der Awo in der Alten Hafenstraße in Vegesack. 135 Eltern bekamen dort eine Zusage unter Vorbehalt. Geplant war die Eröffnung spätestens im Dezember. Doch das Gebäude wurde nicht rechtzeitig fertig. Der Grund waren Lieferengpässe bei Baumaterialien und Probleme beim Einbau einer Lüftungsanlage, heißt es von der Bildungsbehörde. Ende März soll das Gebäude nun fertig sein. Doch auch dann kann von acht geplanten Gruppen nur eine starten – weil Fachkräfte fehlen, bestätigen Awo und Behörde. Alternativen für die betroffenen Kinder zu finden, ist schwierig: Nirgends fehlen derzeit so viele Plätze wie in Vegesack. "Die Kitas in Vegesack sind alle belegt, daher gibt es Schwierigkeiten, andere Lösungen zu finden", so eine Awo-Sprecherin.

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Natalia Shaybel gehört zu den Eltern, die eine vorläufige Zusage für die Kita Alte Hafenstraße erhalten hatten. Ihr Sohn ist fünf und kommt bald in die Schule. "Wir warten seit vier Jahren auf einen Kita-Platz für ihn", erzählt die Tierärztin. "Jedes Jahr heißt es warten, warten, warten." Sie selbst lernt derzeit Deutsch von zuhause aus – so gut es geht. Ihr Sohn könne kaum Deutsch, sagt die 42-Jährige. Auch deshalb brauche er dringend einen Kita-Platz. "Mein Kind weint immer und sagt, es hat keine Freunde", erzählt Shaybel. "Er ist immer alleine mit mir, er braucht die Kommunikation mit anderen Kindern.“ Auch sie selbst könne ohne Kita-Platz nicht gut Deutsch lernen und sich keine Arbeit suchen: "Mein Kind braucht einen Kita-Platz, egal wo." Die Zentralelternvertretung kritisiert im Fall der Alten Hafenstraße auch die Kommunikation: Es müsse Eltern aktiv mitgeteilt werden, was sie tun könnten, wenn ihnen die Betreuung wegbreche.

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