Für Bremer Schulen und Kitas gibt es neue Pläne. Die Koalitionsfraktionen wollen im Zuge eines Nachschlags für den Landeshaushalt mehr als zehn Millionen Euro zusätzlich in die Bildung investieren. Damit finanziert werden sollen unter anderem mehr Sprachförderung und Spielkreise für Kinder ohne Kita-Platz. Und in Kitas sollen mehr Schwerpunktgruppen für Kinder mit Förderbedarf entstehen. Zudem will die Koalition ein lange angekündigtes Vorhaben angehen: die Doppelbesetzungen an Grundschulen. Die Koalition hatte sich vorgenommen, in benachteiligten Quartieren zwei Kräfte in jede Grundschulklasse zu bringen. Dafür sollen nun 1,8 Millionen Euro fließen – in bis zu 40 Stellen.
Doch bei Verbesserungen für die Bildung steht Bremen vor einem enormen Problem: Selbst wenn die Koalition mehr Geld für zusätzliches Personal bereitstellt, sind kurzfristig kaum Pädagogen zu finden. Denn sowohl bei Lehrkräften als auch bei Erzieherinnen herrscht Fachkräftemangel. Beide werden bundesweit händeringend gesucht. Zuletzt konnten in Bremen laut Bildungsressort rund 100 Kita-Plätze nicht geschaffen werden, weil Erzieher fehlten. Und in den Schulen blieben 75 Vollzeitstellen für Lehrkräfte unbesetzt. Kommen neue pädagogische Stellen hinzu, wird es wieder schwierig, diese zu besetzen.
Gegen den Fachkräftemangel hat Bremen in den vergangenen Jahren bereits einiges unternommen: Die Referendarsausbildung wurde aufgestockt, um mehr Lehrer selbst auszubilden. Bremen schuf mehr Wege für Quereinsteiger und erhöhte die Bezahlung für Grundschullehrerinnen. Und nachdem die Erzieherinnenausbildung lange Zeit komplett unbezahlt war, entstanden mit dem Programm Pia 50 Plätze für eine bezahlte Ausbildung, die sich an ältere Quereinsteiger richtet. Derzeit nehmen laut Bildungsbehörde drei Jahrgänge mit insgesamt 150 Auszubildenden an Pia teil. Seit Kurzem können angehende Erzieherinnen außerdem in einem neuen Ausbildungsformat namens Inra das sogenannte Aufstiegs-Bafög beziehen. Für Inra haben sich laut Behörde 185 Personen beworben.
Doch das hilft offenbar kurzfristig nicht genügend. Beispielhaft ist das bei den Doppelbesetzungen an Grundschulen zu sehen. Ursprünglich hatten Bildungspolitiker von zwei Lehrkräften pro Klasse gesprochen. Das würde ermöglichen, mit einer halb so großen Gruppe von Kindern intensiver zu arbeiten. Doch Lehrkräfte fehlen. Dann hieß es, in einer Klasse könnten eine Lehrkraft und eine Erzieherin stehen. Doch auch Erzieherinnen dürften ebenfalls kaum zu finden sein, sagt Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) im Interview.
Der Fachkräftemangel sei "ein großer Brocken", sagt Jörn Lütjens vom Personalrat Schulen. "Es gibt da keinen kurzfristigen Ausweg." Erzieherinnen für Doppelbesetzungen zu finden, werde "sehr schwierig, da gibt es eine große Konkurrenz zu den Kitas." Denn wenn sich Erzieherinnen aus Bremer Kitas als Zweitkräfte in Schulen bewerben, fehlen sie in den Kitas. Ein Dilemma für die Bildungssenatorin.
Zuletzt hatte SPD-Bildungspolitikerin Gönül Bredehorst gesagt, es sei vorstellbar, Sozialpädagogen, Logopädinnen und Ergotherapeuten als Zweitkräfte in die Klassen zu holen. Auch Bildungssenatorin Aulepp sagt, Doppelbesetzungen seien nicht umsetzbar, ohne auf weitere Berufsgruppen zu setzen. Lütjens spricht von einer "verzweifelten Bemühung, andere Berufe in die Schulen zu bekommen".
"Die Personalprobleme werden noch eine Weile bleiben, weil die Zahl der Schüler steigt", sagt Barbara Schüll von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Bremen. Sie schlägt vor: Einige Erzieherinnen, die an Ganztagsschulen nachmittags Schulkinder betreuen, hätten weniger Stunden, als sie bräuchten. "Einige haben zwei Jobs und arbeiten zusätzlich in Kneipen oder Geschäften." Wenn man ihnen ein gutes Angebot mache, würden einige ihre Stunden aufstocken, glaubt Schüll.
Klar ist: Auch für den Ganztagsausbau könnte man Erzieherinnen gebrauchen. Dort konkurrieren also ebenfalls Schulen und Kitas um die begehrten Kräfte. Dieses Problem sieht auch Wolfgang Bahlmann, Geschäftsführer des städtischen Trägers Kita Bremen. "Jeder Versuch einer Qualitätsverbesserung steht derzeit zueinander in Konkurrenz", sagt er. Das gelte auch, wenn man versuche, Ergotherapeutinnen und Logopäden für Schulen zu gewinnen. "Auch in diesen Berufen herrscht Fachkräftemangel, und auch sie versucht man schon über Quereinsteiger-Programme für die Kitas zu gewinnen." Bei Kita Bremen sei die Personalsituation immerhin nun besser als vor ein oder zwei Jahren, sagt Bahlmann. Derzeit seien 25 Stellen für Fachkräfte in Kita-Gruppen unbesetzt.
Ein Teil der Mittel für Bildung soll jetzt nicht in Stellen fließen, sondern in ein Budget, das Grundschulen direkt nach ihren eigenen Vorstellungen für Verbesserungen nutzen können. Die Koalitionsfraktionen kündigten einen einmaligen Zuschuss von 10.000 Euro für jede Grundschule an und weitere 10.000 Euro für Grundschulen in schwieriger Lage. Dieses Geld könnte laut Bildungsressort zum Beispiel dazu dienen, Kooperationen mit Sportvereinen und Kultureinrichtungen auszubauen oder sich anderweitig extern Unterstützung zu holen. Der Betrag von 10.000 Euro sei ein Richtwert, betont Behördensprecherin Maike Wiedwald. Wie hoch das Budget jeweils sei, werde sich nach der Zahl der Kinder und dem Sozialindex der einzelnen Schule richten.