Seit ich Ihnen zuletzt an dieser Stelle hochinformative Einblicke in meine Homeoffice-Tage und die Laufwege auf Kreativitätssuche – vom Arbeitsplatz zur Kaffeemaschine und zurück – gegeben habe, brennen Sie vermutlich darauf, wie sich das in der Zeit gestaltet, wenn ich meiner Tätigkeit als abhängig Beschäftigter im Pressehaus nachgehe. Dort führt der Versuch, den Koffeinpegel bloß nicht absinken zu lassen, über Flure, deren Wandschmuck aus Bildern von besonderen Titelseiten aus der langen Geschichte unserer geschätzten Qualitätszeitung besteht. Dass ich auf all diesen Abbildungen noch immer vergeblich nach einem Beitrag von mir suche, kann eigentlich nur damit zusammenhängen, dass ich kaum mehr als 25 Jahre hier arbeite.
Unter den ganzen Titelseiten jedenfalls, die auch ohne mein Zutun erschienen sind, springt mir dabei verlässlich die Ausgabe vom 4. Dezember 2015 ins Auge. Und zwar wegen der Überschrift „Hochstraße soll in fünf Jahren weg“. Das hatte damals die Grünen-Fraktion gefordert – und wer das Rechnen im Zahlenraum bis zehn leidlich beherrscht, kommt zu dem Schluss, dass es auch mit dieser Idee für die Entwicklung der Innenstadt eher nichts geworden ist. Schließlich steht die Hochstraße bis heute in allem Liebreiz, den 689 Meter Betonguss nur auszustrahlen vermögen, über dem Breitenweg. An einem Ende mit dem Rembertikreisel.
Der aber hat möglicherweise eine glänzende Zukunft – zumindest dann, wenn es nach dem Antrag der Regierungsparteien geht, der Senat möge sich mit einem Rückbau des Kreisverkehrs und der Schaffung eines neuen Wohnquartiers an der Nahtstelle von Bahnhofsvorstadt und Ostertor beschäftigen. Und zwar zügig. Was nach einer Vergangenheit, in der sich die Raumfülle des Rembertikreisels nie wirklich in Einklang mit seiner Funktion bringen ließ, doch mal nach einem Plan klingt. Wobei ein kurzer Blick auf das trostlose Bild, das die Obernstraße inzwischen abgibt, zugleich den verstohlenen Wunsch aufkommen lässt, dass es hinsichtlich der Wiederbelebung der Innenstadt eine vergleichbar motivierte Koalition der Willigen gäbe. Oder überhaupt einen Plan. Aber eins nach dem anderen.
Und selbst wenn dieser erste Schritt zur Aufwertung der – immerhin leidlich begrünten – innerstädtischen Brache Rembertikreisel solche Kleinigkeiten wie die mögliche Führung des Straßenverkehrs bisher nicht berücksichtigt: Das überrascht im 0421-Land doch wohl niemanden, da sind wir schließlich Kummer gewohnt. Das belegt auch die Unzufriedenheit der Menschen in Bremen mit ihrer Mobilitätssituation, die laut jüngster ADAC-Verkehrsstudie unter 15 deutschen Großstädten erheblich zugenommen hat. Fest steht: An der Hochstraße, die immer noch dort steht, wo sie seit 1968 steht, wird es schon mal liegen.
Tagebucheintrag: Im Stau zwischen Homeoffice und Pressehaus hatte ich gerade wieder ausgiebig Gelegenheit, das Fahrzeug vor mir zu betrachten. Dessen Stillstand bot einen hübschen Widerspruch zum Werbeaufkleber als Schnellfahrschule. Ob sich dort schnell das Fahren oder aber das schnelle Fahren erlernen lässt? Das bekomme ich noch raus.