Die argumentative Auseinandersetzung ist für die Störer, die im Bremer Presse-Club die Polizei auf den Plan riefen, offenbar nicht mehr das Mittel der Wahl.
Die konservative Kolumnistin Birgit Kelle dürfte nicht allzu vielen Zeitgenossen ein Begriff sein. Sie distanziert sich scharf vom klassischen Feminismus und vertritt ein Frauen- und Familienbild, das selbst in der Merkel-CDU kaum mehrheitsfähig sein dürfte. Daran kann man sehr wohl Anstoß nehmen.
Man kann auch die Gelegenheit einer Diskussionsveranstaltung nutzen, um mit Frau Kelle hart ins Gericht zu gehen und ihre Thesen zu zerpflücken. Doch die argumentative Auseinandersetzung ist für die Störer, die im Bremer Presse-Club die Polizei auf den Plan riefen, offenbar nicht mehr das Mittel der Wahl.
Sie beanspruchen für sich, verbindlich zu definieren, welche Positionen in der gesellschaftspolitischen Debatte noch zulässig sind. Kelles Ansichten jedenfalls nicht, so viel weiß man jetzt. In der Logik der selbst ernannten Diskurswächter ist das Niederbrüllen Andersdenkender, das Sprengen ihrer Veranstaltungen legitim.
Die Leute, die am Montagabend im Schnoor krakeelten, halten sich vermutlich für links. Dabei sind sie einfach nur engstirnig und borniert. Und Langweiler. Denn wie öde ist es, wenn sich der Meinungsstreit nur noch in den Grenzen einer immer enger abgesteckten Political correctness abspielen darf. Viele geistreiche, gebildete Linke früherer Jahre sahen ihr Ziel darin, den politischen Gegner mit ihrem Intellekt in die Knie zu zwingen. Ihre kümmerlichen Nachfahren entziehen sich der Auseinandersetzung. Es reicht ihnen, auf dem hohen Ross moralischer Überlegenheit zu sitzen. Ein Jammer.