Vor knapp drei Wochen hat die neue Fraktion Bündnis Deutschland, ehemals Bürger in Wut (BIW), den Journalisten Holger Fricke für das elfköpfige Gremium des Bürgerschaftsvorstands nominiert. Doch sein Scheitern ist vorprogrammiert: Die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und Linke haben sich darauf verständigt, bei der Wahl des Vorstands wie auch bei der Besetzung der Spitzen der Ausschüsse und Deputationen gegen Bündnis-Kandidaten zu stimmen. Auch aus dem FDP-Lager wird es in der konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft an diesem Donnerstag keine Stimme für das Bündnis geben. Einzig die CDU-Fraktion will sich nicht festlegen. Bündnis-Fraktionschef Jan Timke äußerte sein Unverständnis darüber, mit "Taschenspielertricks" würden die Abgeordneten seiner Partei aus den parlamentarischen Gremien ferngehalten.
Die SPD begründet ihre Ablehnung damit, dass sich das Bündnis weder programmatisch noch personell klar nach Rechtsaußen abgrenze. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Haltung gegenüber Demokratie und Rechtsstaat. "Die zur Schau getragene Verachtung gegenüber unseren demokratischen Institutionen, unserer Parteiendemokratie löst kein einziges Problem in unseren Städten, sondern spaltet unsere Gesellschaft und schürt nur Hass und Hetze", sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Mustafa Güngör. "Aus unseren Reihen wird es daher keine Zustimmung für die Rechtspopulisten im Parlament geben." Man werde sich nicht an ihrer Normalisierung beteiligen.
Die Grünen halten den BIW eine völkisch-autoritäre Ideologie vor. "Die BIW will einen Bremer Landespräsidenten als eine Art 'Führer', mit dem die Gewaltenteilung faktisch außer Kraft gesetzt würde", sagt Fraktionsvize Henrike Müller und spielt damit auf das BIW-Programm zur Bürgerschaftswahl an. Dass Rechtsextremisten sich zu dieser Partei hingezogen fühlten, komme bei ihren antidemokratischen Ansätzen nicht von ungefähr. Die Linken-Abgeordneten führen Gewissensgründe gegen Bündnis-Parlamentarier in den Bürgerschaftsgremien ins Feld. "Gar nicht oder zu spät gezogene Konsequenzen" bei Verbindungen ins rechtsradikale und kriminelle Milieu zeugten von nicht nur punktuellen Überschneidungen zum rechten Rand.
Die Liberalen begründen ihre Ablehnung mit unklaren Bündnis-Positionen. „Da wir aktuell nicht einschätzen können, wie sich diese Partei zur Demokratie und im parlamentarischen Betrieb positionieren und verhalten wird, werden wir deren Vertreterinnen und Vertreter zum jetzigen Zeitpunkt nicht wählen“, sagt Fraktionschef Thore Schäck. Nur die CDU nimmt eine abwartende Haltung ein. „Wir schauen uns jede zur Wahl stehende Person genau an und entscheiden jeden Einzelfall für sich“, sagt deren Sprecher Andreas van Hooven.
Timke verweist darauf, dass das Bündnis vom Verfassungsschutz nicht beobachtet werde. Mit der schnellen Trennung von Sven Lichtenfeld und Heiko Werner habe man "eine ganz klare rote Linie" zum Rechtsextremismus gezogen. Durch die Blockade werde eine demokratisch legitimierte Partei ausgegrenzt. "Das ist eine Missachtung des Wählerwillens und zeigt, dass die Koalitionsparteien aus der Wahlenthaltung und dem Wahlergebnis nichts gelernt haben."
Noch als BIW hatte das Bündnis Deutschland bei der Wahl im Mai 9,4 Prozent erhalten und war damit auf zehn Mandate gekommen. Seiner Partei stehe zumindest ein Ausschussvorsitz und ein Stellvertreterposten zu, so Timke. Bisher werden diese Posten gewählt, Timke will eine Änderung der Geschäftsordnung beantragen. Dazu Henrike Müller: "Wir Grünen werden die Brandmauer gegen rechts nicht einreißen und an den demokratischen Wahlverfahren für das Bürgerschaftspräsidium sowie für die Vorsitze der Parlamentsausschüsse und Deputationen nichts ändern."