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Behindertenbeauftragter will Verbesserung Zugestellte Bürgersteige werden zum Problem

Noch ist es ferienbedingt relativ ruhig in der Humboldtstraße und umzu. Dort läuft bis 26. September die dritte Phase des Verkehrsversuches. Anwohner bemängeln nun mangelnde Barrierefreiheit auf Bürgersteigen.
20.08.2021, 18:00 Uhr
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Zugestellte Bürgersteige werden zum Problem
Von Sigrid Schuer

Noch ist alles relativ ruhig rund um die Humboldtstraße. "Wie immer in den Sommerferien", sagt Christian Stubbe, dessen Beerdigungsunternehmen, das seit 150 Jahren existiert, an der Ecke Humboldtstraße/Sankt-Jürgen-Straße liegt. Auch die Dauerparker, die ihr Auto nur selten nutzten, seien offensichtlich noch in Urlaub, genauso wie viele Radfahrer. Deshalb ist die dritte Phase des Verkehrsversuches inklusive Evaluierung, wie bereits berichtet, bis 26. September verlängert worden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Um eine Zwischenbilanz zu ziehen, sei es deshalb noch zu früh, so die einhellige Meinung von Ortsamt und Mobilitätsressort. Hört man sich rund um die Humboldtstraße um, haben einige Anwohner jedoch ein Problem ausgemacht, das eigentlich durch die Einführung des Bewohnerparkens behoben werden sollte: Der Mangel an Barrierefreiheit, der durch das aufgesetzte Parken entstanden war.

Nun aber, so haben es unter anderem Christian Stubbe und Anwohnerin Meike Kellner beobachtet, werden die Bürgersteige in den Nebenstraßen rund um die Humboldtstraße stattdessen mit anderen Dingen vollgestellt, die die Barrierefreiheit in Mitleidenschaft zögen: An vorderster Stelle seien das die Lastenfahrräder, die immer mehr die Bürgersteige blockieren würden, aber auch andere Fahrräder, die nicht ins Haus getragen werden würden. Dazu kämen Blumenkübel und Bänke. "Wir kurven ja jetzt wegen Phase drei, der Einbahnstraßen-Lösung für die Humboldtstraße, viel mehr durch die Nebenstraßen und sehen, dass das nicht nur in der Vagt-, und der Olga-Straße der Fall ist, sondern auch in anderen Straßen", erzählt Stubbe. Das ganze Konzept wäre wohl noch nicht zu Ende gedacht. Meike Kellner fügt hinzu, dass es kontraproduktiv sei, wenn die Fußgänger nun durch die Radfahrer behindert werden würden: "Ich habe schon öfter Leute beobachtet, die auf den Bürgersteigen nicht mehr klar kommen", sagt sie. Und manche Vorgärten böten auch nicht ausreichend Platz für die Lastenfahrräder. Auch dem Landesbehindertenbeauftragten Arne Frankenstein ist das Problem bereits bekannt. Beschwerden hat es auch beim Verein selbstbestimmt Leben gegeben, der im Viertel seinen Sitz hat. Laut Wilhelm Winkelmeier, Mitarbeiter der Beratungsstelle, nehmen Betroffene nach wie vor besonders wild geparkte Fahrräder und E-Scooter, aber auch die eigentlich nicht mehr zugelassenen Aufsteller als Hindernis wahr. Beide Institutionen versuchen nun, im Gespräch mit den zuständigen Behörden eine Verbesserung der misslichen Situation zu erzielen. Immerhin sei in der gesetzlichen Richtlinie zur barrierefreien Gestaltung unter anderem des öffentlichen Verkehrsraumes genau festgelegt, dass ein Bürgersteig mindestens 1,80 Meter breit zu sein hat, sagt Frankenstein.  

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Die Devise von Beerdigungsunternehmer Stubbe ist es, in der Diskussion immer sachlich zu bleiben, um möglichst konstruktive Lösungen zu finden. "Nach dem Ende der Evaluierung werden wir uns damit beschäftigen, das zu lösen. Wenn das Quartier für Fahrradfahrer noch einmal deutlich an Attraktivität gewonnen hat, dann werden selbstverständlich noch mehr Fahrradbügel aufgestellt", da sind sich Hellena Harttung, Leiterin des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt und Jens Tittmann, Sprecher von Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne), einig. Und auch darin, dass eine Lösung und mehr Platz für die immer beliebter werdenden Lastenfahrräder gefunden werden müsse. "Gegebenenfalls müssen wir auch einige Parkplätze für Autos in solche für Lastenfahrräder umwidmen", sagt der Sprecher der Mobilitätssenatorin. Ähnlich sieht das Christian Stubbe. Für ihn steht fest: Die Barrierefreiheit, mit der für die Einführung des Bewohnerparkens argumentiert worden war, muss auch gewährleistet sein. Dieser Haltung stimmt auch Meike Kellner zu, die in der Schönhausenstraße wohnt. "Mein Mann und ich gehen zu Fuß, benutzen sowohl Fahrräder als auch unser Auto. Letzteres brauche ich schon, um meine alte Mutter betreuen zu können", sagt sie.

Wenn sie mit dem Auto unterwegs sei, habe sie festgestellt, dass trotz Ferienzeit und momentan etwas ruhigerem Umfahrungs- und Durchgangsverkehr durch die Schönhausenstraße, die Situation auf der Bismarck- und Sankt-Jürgen-Straße nach wie vor angespannt sei: "Da stehe ich auch jetzt oft im Stau". Erschwerend für die Schönhausenstraße und die benachbarten Straßen komme hinzu, dass der Lieferverkehr trotz Ferienzeit nicht abreiße. DHL und Co. führen durch die Schönhausenstraße, bögen dann in die Herderstraße und weiter in die Bismarckstraße ein. Und auch der Berufsverkehr falle trotz Ferienzeit immer noch ins Gewicht. Behördensprecher Tittmann weist in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hin, dass es sich um einen temporären Verkehrsversuch handele. Noch ist alles relativ ruhig in der Humboldtstraße, aber die Anwohnerschaft denkt jetzt schon darüber nach, wie das wohl mit dem Ende der Sommerferien werden wird. Christian Stubbe berichtet, dass selbst das Zweitliga-Spiel des SV Werder gegen Paderborn am vorvergangenen Wochenende verkehrstechnisch noch keine Probleme gemacht hätte. "Aber von den 20.000 Fußballfans kamen ja nur rund 350 aus Paderborn und die waren größtenteils nicht mit dem Auto, sondern mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs", hat er beobachtet. Wie auch immer, es bleibt spannend rund um die Humboldtstraße.

Zur Sache

Konflikte entschärfen

Der dreiphasige Verkehrsversuch in der Humboldtstraße wird seit dem Frühjahr durchgeführt. Ziel ist es, die Konflikte zwischen Auto- und Radverkehr zu entschärfen. Der Verkehrsversuch wurde vom Beirat Östliche Vorstadt einstimmig beschlossen und wird von dem im Mobilitätsressort angesiedelten Team Nahmobilitität durchgeführt. In Phase drei des Versuches ist die Humboldtstraße, wie bereits berichtet, zur Einbahnstraße umfunktioniert worden. Die Ergebnisse der Evaluierung sollen Mitte Oktober vorgestellt werden.

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