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Probleme in der Humboldtstraße Das Einbahnstraßen-Experiment

Die Humboldtstraße ist jetzt Einbahnstraße. Für ansässige Unternehmer wie den Bestatter Christian Stubbe führt das zu Problemen. Und die Sorge wächst, dass aus dem Experiment eine Dauerlösung wird.
22.07.2021, 17:17 Uhr
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Das Einbahnstraßen-Experiment
Von Sigrid Schuer

Er ist eine bemerkenswert besonnene, ruhige Stimme im erbitterten Streit, der um das Bewohnerparken und den Verkehrsversuch in der Humboldtstraße entbrannt ist. "Mir ist viel daran gelegen, dass man kompromissfähig und pragmatisch bleibt", sagt Christian Stubbe. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Beerdigungsunternehmer schon viel an dem Unternehmensstandort Ecke Humboldtstraße/Sankt-Jürgen-Straße erlebt hat. Schließlich hat das Beerdigungsunternehmen Stubbe eine rund 150-jährige Geschichte. Doch die Zeiten, in denen die Beerdigungsunternehmer noch mit Pferd und Wagen unterwegs waren, sind längst vorbei. Heute geht ohne Kraftfahrzeuge und speziell auf Särge ausgerichtete Transportfahrzeuge gar nichts mehr. Insofern nimmt Christian Stubbe die verkehrspolitischen Planungen in seinem Viertel, der Östlichen Vorstadt, durchaus ambivalent wahr.

"Vom Grundsatz her ist das Bewohnerparken eine gute Entscheidung", räumt er ein. Denn es sei schon so gewesen, dass die Straßen beidseitig zugeparkt würden und die Rettungssicherheit gefährdet gewesen sei, bevor das Experimentiergebiet eingerichtet worden sei. "Oftmals sind wir mit unseren größeren Fahrzeugen hier gar nicht um die Ecke gekommen", berichtet er. "Ich komme ja viel rum und sehe, wie das vor der Haustür unserer Kundschaft in Schwachhausen und Findorff aussieht. Die Gehwege sind beidseitig zugeparkt, oft ist kein Parkplatz zu finden." Er plädiert deshalb dafür, dass das Bewohnerparken auch auf andere Stadtteile ausgeweitet wird – insbesondere auf die an die Östliche Vorstadt angrenzenden Quartiere, um die Nebenstraßen in der Östlichen Vorstadt zu entlasten. Das ist auch eine oftmals von den Mitgliedern des Beirates geäußerte Forderung.

Stubbe hat beobachtet, dass die Nerven der Nebenstraßen-Anwohner im Zuge des Verkehrsversuches Humboldtstraße extrem beansprucht werden. Dabei ist es ja das Ziel, die Konflikte zwischen Rad- und Autoverkehr zu entschärfen. Nun habe sich die Situation allerdings noch einmal deutlich verschärft, sagt Stubbe. Grund sei der Start der dritten Phase des Verkehrsversuchs Humboldtstraße, mit dem die Einbahnstraßen-Regelung für Kraftfahrzeuge in Fahrtrichtung Osten (vom Dobben zur Sankt-Jürgen-Straße) in Kraft getreten ist. Mit einer Verspätung von 14 Tagen, wegen des jüngsten Wasserrohrbruches am Dobben. Stubbe findet, die Phase komme zu einer Unzeit, weil sie in den Start der Sommerferien falle.

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Er befürchtet, dass es dadurch zu einer Verfälschung der Ergebnisse des Verkehrsversuches kommen werde, weil der Verkehr in diesen sechs Wochen sowieso abebbe. Stubbes Sorge gipfelt in der Vermutung, dass diese dritte Phase vom Mobilitätsressort zur besten Variante ausgeguckt und dauerhaft etabliert werden könnte. "Wir erleben hier gerade, dass durch die vielen zusätzlichen Umweg-Strecken verkehrstechnisch wesentlich mehr los ist", berichtet der Beerdigungsunternehmer. So könne seine Kundschaft nur noch vom Dobben in die Humboldtstraße fahren und er selbst und seine Mitarbeiter müssten den Umweg über die Olga-, Feld-, Werner- und Pagentorner-Straße nehmen. In den Jahren 2013/2014 hat Stubbe laut eigener Aussage schon einmal erlebt, was Einschränkungen in der Humboldtstraße zur Folge haben können. Damals hätte eine Dauerbaustelle für einen 25-prozentigen Umsatzeinbruch bei seinem Unternehmen gesorgt. "Davor habe ich, ehrlich gesagt, auch jetzt Angst", sagt er. Und das ginge auch anderen Betrieben dort so.

Beim Mobilitätsressort gibt es durchaus Verständnis für Stubbes Kritik. Aber man wolle trotzdem an der durchgängigen Einbahnstraße festhalten, sagt Projektleiterin Anne Mechels. "Für die Erreichbarkeit seines Unternehmensstandortes hat Herr Stubbe vorgeschlagen, die Einbahnstraße um circa 60 Meter zu verkürzen und bereits an der Wendtstraße enden zu lassen", erklärt Mechels. Der Vorschlag und weitere, alternative Varianten einer Einbahnstraßenlösung seien geprüft, aber nach interner Abstimmung abgelehnt worden. Bei einer verkürzten Einbahnstraße hätte der Kfz-Verkehr zunächst in die Humboldtstraße einbiegen können. "Und das würde entweder zu Wendemanövern auf Höhe Wendtstraße oder dem Ausweichen in die Wendtstraße führen", sagt Mechels.

Stubbe erzählt, dass es vor 30 Jahren einen ähnlichen Verkehrsversuch in der Humboldtstraße gegeben habe. Mit dem Ergebnis, dass man alle Pläne wieder verworfen habe, weil der Verkehrsdruck auf die Nebenstraßen zu groß gewesen wäre. Auch jetzt meint Stubbe zu beobachten, dass die neue Regelung noch nicht greife und viele Passanten wie bisher weiter in die Humboldtstraße fahren würden, als wäre nichts gewesen. Ortsfremde seien ohnehin überfordert. Wie schon bei der Einführung des Bewohnerparkens belassen es Polizei und Ordnungsamt derzeit noch bei mündlichen Belehrungen.

Zur Sache

Verkehrsversuch in drei Phasen

Das Ziel des Verkehrsversuchs in der Humboldtstraße ist die Reduzierung von Konflikten zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden, insbesondere zwischen Rad- und Kraftfahrzeug-Verkehr. Laut Projektleiterin Anne Mechels vom Team Nahmobilität im Mobilitätsressort werden Probleme in der Humboldtstraße von circa der Hälfte der Radfahrer wahrgenommen. Dabei gehe es vor allem um Drängeln und zu enges Überholen. Aber auch aus Sicht des Kraftfahrzeug-Verkehres würden Probleme bemängelt, Fußgänger beschwerten sich zudem über rücksichtslose Radfahrer. In den drei Phasen des inzwischen heftig diskutieren Verkehrsversuchs sollen unterschiedliche Lösungen erprobt werden, um die beschriebenen Konflikte zu beheben. Insbesondere soll eine Reduzierung des Kfz-Durchgangsverkehrs erreicht werden, denn immerhin jedes vierte bis sechste Kraftfahrzeug ist laut Mechels reiner Durchgangsverkehr.

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