Herr Klingele, am 16. Dezember lädt das Theater Bremen erneut auf den Goetheplatz zum gemeinsamen Weihnachtsliedersingen. Wird in der Vorweihnachtszeit nicht sowieso schon ziemlich viel gesungen überall – warum bieten Sie das auch noch an?
Stefan Klingele: Das machen wir, weil die Resonanz im vergangenen Jahr, als wir das Gemeinschaftssingen das erste Mal angeboten haben, so überaus erfreulich war. Von daher war das als Termin am Vorabend des dritten Advents gesetzt. Wenn man sich unseren Spielplan anschaut, fehlt da im Musiktheater auch eine weihnachtliche Note – etwas, das für alle leicht zugänglich ist.
Wie meinen Sie das?
Wir spielen "Macbeth" und "Doctor Atomic", das ist eher schwere Kost. Nun muss ein Theater natürlich kein gemeinsames Singen anbieten. Aber ich hatte im vergangenen Jahr Lust dazu, der Vorschlag ist auch sofort auf offene Ohren gestoßen, und dann habe ich das organisiert, mit einigen Bremer Philharmonikern, Solisten, Solistinnen und Chormitgliedern. Und dann hatten wir geschätzt 400 Leute auf dem Goetheplatz. Das hat mich ziemlich überrascht. Ich hatte mit vielleicht 70 Leuten gerechnet. Es war ein schöner Abend.
Wird es dieses Jahr auch wieder so ablaufen? Und vor allem: Was wird gesungen?
Wichtig ist: Wir führen nicht einfach etwas vor. Alle, die kommen, sollen auch mitsingen. Auf dem Programm stehen die großen Schlager. Das geht los bei "Vom Himmel hoch, da komm' ich her" über "In dulci jubilo" bis zu "Es ist ein Ros' entsprungen". Auf dem Balkon wird ein großer Fernseher stehen, auf dem man die Texte lesen kann. Insgesamt haben wir 20 Lieder ausgesucht, darunter auch einen Kanon; zwei englische Stücke werden von Solisten des Musiktheaterensembles, Ulrike Mayer und Christian-Andreas Engelhardt, gesungen. Die Hälfte des Chors wird dabei sein; die andere muss am nächsten Tag beim Liederabend "Imagine" auf der Bühne stehen. Und unser Kinderchor singt "Jingle Bells" und bei vielen weiteren Songs natürlich auch mit.
Warum gibt es am Haus jetzt wieder einen Kinderchor?
Wir brauchen in der nächsten Spielzeit in mindestens zwei Produktionen einen Kinderchor. Von daher haben wir jetzt einen gegründet, da braucht man ja etwas Vorlauf. Bei der Oper "Macbeth", die am Sonntag Premiere hatte, gibt es singende Mädchen. Da hatten wir zu Vorsinge-Terminen eingeladen und 40 Mädchen sind gekommen; viel mehr, als wir besetzen konnten. Ich habe aber allen gesagt, dass wir auf jeden Fall einen Kinderchor gründen und alle willkommen sind. 50 Kinder sind nun dabei. Ungefähr die Hälfte hat eine musikalische Vorbildung, spielt ein Instrument oder singt in einem anderen Chor. Aber es sind auch Fünfjährige mit von der Partie. Das ist eine sehr sympathische große Kindergruppe.
Kannten die Kinder die Lieder, die Sie ausgesucht haben?
Bei "Stille Nacht, heilige Nacht" gab es sofort einen harmonischen Chorklang, aber beispielsweise bei "Es kommt ein Schiff geladen" war es schon mehr Arbeit, das einzuüben. Ich würde sagen, die Hälfte ist bekannt, die andere nicht. Die Kinder sollen ja auch merken, dass wir nicht nur das singen, was alle singen. Da gibt es dann auch mal eine zweite Stimme, die alle lernen müssen. Ich versuche schon, auch unabhängig von dem Weihnachtsauftritt zu zeigen, worauf es beim Chorsingen ankommt, also ein bisschen musikalische Grundausbildung zu betreiben. Aber es geht auch darum, zu vermitteln, dass es manchmal zwar mühsam sein kann, sich aber lohnt, weil das Ergebnis einen dann so begeistert als Gruppe. Wir haben auch schon einen Folgeauftritt im Frühling geplant.
Wenn die Eltern, Großeltern, Geschwister, Tanten und Onkel der Kinder zum Weihnachtssingen kommen, ist der Goetheplatz ja schon fast voll.
Das könnte sein. Wenn es so ist, ist es ja auch schön, aber das war natürlich nicht der Grund. Wir bekommen übrigens viele Rückmeldungen von Eltern, die sich freuen, dass es dieses Angebot eines Kinderchors am Theater endlich wieder gibt. Das freut mich auch sehr.
Hat es Ihr persönliches Lieblings-Weihnachtslied auch in die Auswahl geschafft?
Ich mochte immer gerne "Ich steh' an Deiner Krippen hier". Das ist natürlich in Moll, genauso wie "Es kommt ein Schiff geladen"; aber ich finde die Stimmung einfach schön. Die beiden Stücke singen auch nicht die Kinder, sondern alle gemeinsam. Ich würde mich übrigens keinesfalls als Weihnachtslieder-Profi bezeichnen, aber mir geht einfach dieses elektronische Gedudel von Melodien während dieser Zeit auf den Geist. Von daher freue ich mich auf viele ganz echt musizierende Menschen am 16. Dezember.