Es ist ihre dritte Verdi-Rolle, "fast ein bisschen zu dramatisch für meine Stimme, aber ich liebe sie". Am 10. Dezember wird Sarah-June Brandon zum ersten Mal die Lady Macbeth auf der Bühne singen, in Giuseppe Verdis Oper "Macbeth". Die 39-jährige Sopranistin – Stimmfach: jugendlich-dramatisch – wurde in Johannesburg (Südafrika) geboren und hat lange im englischen Welwyn Garden City gelebt, gut 30 Kilometer nördlich vom Zentrum Londons. Seit gut einem Jahr gehört Brandon zum Musiktheater-Ensemble des Theaters Bremen, als Elisabetta in Verdis "Don Carlo" und als Titelheldin der "Ariadne auf Naxos"" von Richard Strauss – "beides Debütrollen für mich" – hat sie sich bereits trefflich eingeführt.
Ihr erste Verdi-Rolle sei die eher passive Desdemona im "Otello" gewesen, da gebe die Lady Macbeth, die ihren Mann aus Gier nach dem Thron zum Königsmord anstiftet, mehr her. "Es ist eine ruchlose Frau, die weiß, was sie will" findet Brandon. "Sie hat einen schlechten Charakter und tut böse Dinge, aber man muss aufpassen, dass man sie nicht als Monster darstellt."
Verdi helfe der Interpretin dabei, indem er sie in vier großen Szenen immer wieder anders präsentiere. "Die erste Arie ist sehr lang. Die Lady steigert vom Lesen eines Briefs Schritt für Schritt in den Mordplan hinein. In der zweiten Arie entwickelt sie eine männliche Kraft, macht sie deutlich, wie toxisch die Beziehung zu ihrem Mann ist." Im Trinklied der Ballszene wiederum sei sie die überlegene Gastgeberin, die ihren von Geistervisionen bedrängten Mann in die Spur bringe. Und in der Wahnsinnsszene zeige sich, dass das Grauen auch in ihrer Psyche Spuren hinterlassen habe.
Die Herausforderung sei es, die Vielschichtigkeit der Figur darzustellen, ohne die Stimme zu überlasten: "Als Sängerin muss ich mich ein Stück weit von den Emotionen der Figur abkoppeln." Dass sich Verdi für seine Lady eine hässliche Stimme wünschte, mag Brandon nicht wörtlich verstehen: "Man sollte sich seinem Belcanto anvertrauen, die Lady darf auch schön singen."
An welchen Vorbildern orientiert sie sich? "Shirley Verrett und Elizabeth Connell imponieren mir sehr, aber man darf nicht zu viele Aufnahmen hören. Sonst bietet man nur eine Kopie." Mit Dirigent Stefan Klingele lasse sich die Partie gut umsetzen, und Elisabeth Stöpplers Szenerie sei ebenfalls sehr einleuchtend. Die Hausregisseurin des Staatstheaters Mainz, die in Hamburg Regie unterrichtet, inszeniert das erste Mal in Bremen. "Das Set ist einfach, aber effektvoll", verrät Brandon. "Und die Kostüme finde ich sehr schön."
Viele Wunschpartien
Für die Sängerin dürfte Lady Macbeth ein Meilenstein auf dem Weg zu andere große Rollen werden. Als Wunschpartien nennt Brandon die Arabella und die Kaiserin in "Frau ohne Schatten von Richard Strauss, Eva in Wagners "Meistersingern", Gounods Marguerite ("Faust") und Massenets Thais, Verdis zwei Amelias ("Maskenball" und "Simon Boccanegra") sowie Bellinis Norma. Keinen Mozart? Da winkt die Sopranistin erst mal ab: "Den habe ich schon so viel gesungen."
Längst hat sich Sarah-Jane Brandon in Bremen eingelebt – "Ich wohne im Viertel" – und Freunde auch außerhalb des Theaters gefunden. Wie schützt sie sich aktuell vor Erkältungs- und Grippeviren? "Warme Kleidung, eine Ernährung mit Gemüse, Vitaminen und Ingwer, regelmäßiges Händewaschen", zählt sie auf. Und betont gleich, man dürfe sich nicht verrückt machen: "Dazu ist das Leben zu kurz."
So wird sie dieser Tage auch mal über den Weihnachtsmarkt bummeln. Aus England liebt die Bremer Lady den Mulled Wine. Dessen deutsche Variante, den Glühwein, schätzt sie längst auch als Kehlenwärmer.