Man nehme eine witzige kleine (Liebes)-Geschichte und spicke sie mit den größten italienischen Hits von Umberto Tozzi, Eros Ramazzotti, Gianna Nannini und anderen. Fertig ist die neue Komödie. Nachdem "Bella Italia" bereits im Weyher Theater zu sehen war, kommt nun auch das Bremer Publikum im Boulevardtheater in den Genuss von knapp zwei Stunden italienischen Flairs (inklusive Pause) auf der Bühne. Am Donnerstag feierte das Stück seine Premiere in dem Theater im Tabakquartier. Worum es geht und ob sich der Besuch lohnt.
Die Story: Viola, Aurora und Isabella leben in dem kleinen italienischen Dorf Amoregrande. Das Leben hier könnte so schön sein, nur leider gibt es kaum Männer im Ort. Kein Wunder also, dass alle total aufgeregt sind, wenn Mario vorbeischaut. Mario ist ein etwas in die Jahre gekommener Macho, den die Frauen regelmäßig mit Vorwänden versuchen, in ihr Haus zu locken. Er genießt die Aufmerksamkeit der Frauen, legt sich aber nie auf eine fest. Allein schon, weil er seit Kurzem bei Instagram ist und auch seine drei Followerinnen dort der Aufmerksamkeit bedürfen.
Isabellas liebenswerter Bruder Pietro auf der anderen Seite ist alles andere als ein Frauenschwarm. So richtig versteht er auch nicht, was alle an Mario finden, dessen Bäuchlein immer größer und dessen Haare immer weniger werden. Aber natürlich steht er seinem Freund dennoch zur Seite, als der sich an einem Abend mit allen drei Online-Bekanntschaften gleichzeitig verabredet und ein heilloses, groteskes Chaos ausbricht.
Das Bühnenbild: Wie immer hat Lisa Dittus ein superschönes Bühnenbild auf die Spielfläche des Boulevardtheaters gezaubert: Zwei mit Efeu bewachsene, in warmen Farben gestrichene Häuschen mit Balkonen an den Bühnenseiten, in der Mitte eine Art Marktplatz mit Bank, Baum, Brunnen und einer alten Steinmauer, die noch den Blick auf die anliegenden Weinberge freigibt. In den Bühnenbildern des Boulevardtheaters steckt stets sehr viel Arbeit und Liebe zum Detail. Und so ist es auch dieses Mal.

”Bella Italia” im Boulevardtheater Bremen überzeugt unter anderem durch sein hübsches Bühnenbild.
Das Ensemble: Isolde Beilé verkörpert die rüstige Weinbergbesitzerin Aurora, die stets mit Stiefeln und Gerte unterwegs ist und Mario damit auch ganz gerne mal eine verpasst. Beilé spielt die Rolle mit Feuer, ihrer Figur selbst hätte aber auch ein Hauch weniger provokante Angriffslust gutgetan: Das, was sie mit Mario macht, wäre im wahren Leben schon längst als sexuelle Belästigung angezeigt worden.
Miriam Distelkamp gibt die fröhliche Viola, die sich zu Beginn des Stückes direkt an das Publikum wendet und ihren Plan verkündet, Mario für sich zu gewinnen. Carla Emmerich spielt Bistrobesitzerin Isabella, die immer absichtlich Sirup in ihre Kaffeemaschine kippt, damit Mario für eine Reparatur vorbeikommen muss. Beide Darstellerinnen überzeugen vor allem durch ihren ganz großartigen Gesang, der besonders im gemeinsam gesungenen "Bello e impossibile" von Gianna Nannini zur Geltung kommt.
Doch auch Christian Hamann steht den beiden gesanglich in nichts nach, was er vor allem in Eros Ramazzottis "Se bastasse una canzone" unter Beweis stellen kann. Hamann verkörpert den gealterten Macho Mario mit einer gelungenen Mischung aus ausgeprägtem Ego und Selbstzweifeln, durch die er stets die Bodenhaftung behält. Die Rolle des Pietros schließlich wird von Markus Weise übernommen, der einfach prädestiniert für liebenswerte Charakterrollen wie diese ist. Wenn Weise mitspielt, ist das eigentlich fast immer ein Garant dafür, dass der Theaterabend noch ein kleines bisschen mehr Spaß macht als erwartet.
Das Fazit: "Bella Italia" ist eine nette Komödie, die sich mit Humor Themen wie Selbstüberschätzung und dem Älterwerden widmet und dabei besonders das männliche Geschlecht liebevoll auf die Schippe nimmt. Das Stück von Antonio Fratelli – hinter dem laut Vertriebsstelle und Verlag Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten in Wirklichkeit Boulevardtheater-Mitgründer Frank Pinkus (1959 - 2021) steckt – besticht vielleicht nicht durch die allereinfallsreichste Story. Gerade im zweiten Teil nach der Pause spart das Treiben auf der Bühne nicht mit Albernheiten.
Punkten aber kann die Inszenierung von Isabell Christin Behrendt mit einem gesanglich starken und überaus spielfreudigen Ensemble. Die Darsteller haben so viel Spaß an ihrem Spiel, dass es ansteckend ist. Auch dass Hamann alias Mario im Zuschauerraum Handküsse verteilt und Weise alias Pietro zwei volle Gläser Rotwein verschenkt, hebt die Stimmung bei den Gästen. Das Publikum belohnt die fünf Schauspieler bei der Premiere für all das mit stehenden Ovationen und lang anhaltendem Applaus.