Figuren aus dem Erzgebirge, Schmiedekunst sowie Filzplüschtiere und Keramik – was wäre der Bremer Weihnachtsmarkt ohne die Stände mit Kunsthandwerk? Damit sie planen können, wünschen sich Kunsthandwerker, dass die Stadt frühzeitig Zusagen herausschickt. „Am besten im Sommer“, sagt Rudolf Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbands Bremen. Darum habe er im vergangenen Jahr gebeten. Dennoch seien die Zulassungen teils nicht versandt worden, und in den vergangenen Jahren sei dies erst Ende Oktober bis Anfang November geschehen. Das erschwere gerade Kunsthandwerkern, die meist im Einmann- oder Einfraubetrieb arbeiten, die Planung erheblich. „Das ist kein Spielball. Wir müssen schnell die Kurve kriegen“, sagt Robrahn in Richtung des für die Planung des Marktes zuständigen Wirtschaftsressorts.
Hinzu kommt, dass Standbetreiber, die in der Nähe von historischen Gebäuden stehen, in diesem Jahr neue Brandschutzauflagen beachten müssen. Dabei gelten nach Angaben von Kunsthandwerkern für jeden Stand andere Auflagen. Nicht alle können die erfüllen.
„Meine Zusage für den Weihnachtsmarkt kam jetzt. Das gibt’s nur in Bremen, in keiner anderen Stadt“, sagt der freischaffende Künstler Olaf Jörg. Gemeinsam mit seiner Kollegin Katja Stobbe bietet er an seinem Stand auf dem Liebfrauenkirchhof seit mehr als zehn Jahren Schmiedekunst an. Parallel bedient er den Hamburger Weihnachtsmarkt. Dort erhalte er in der Regel im Mai die Zusage und spätestens im Sommer die Rechnung für die Standgebühr. „Wenn man Kunsthandwerk auf dem Bremer Weihnachtsmarkt will, müsste man sich mehr drum kümmern“, so Jörg.
Eine 69-jährige Kollegin berichtet, dass sie sich jährlich bis zum 31. Januar bewerben müsse. Dennoch habe sie den Zulassungsbrief für ihren Stand in den vergangenen Jahren immer erst eine Woche vor Beginn erhalten. „Das wäre in Süddeutschland nicht denkbar“, sagt sie. Die Stadt Freiburg habe ihr für den dortigen Adventsmarkt dieses Jahr im Juli zugesagt.
Völlig unerwartet sei außerdem am Montag eine Mitteilung der Stadt zu neuen Brandschutzauflagen in ihrem Briefkasten gelandet. „Ja, super, in vier Wochen ist Aufbau“, so ihr erster Gedanke. „Hätte ich das im Januar oder Februar gewusst, hätte ich keine Ware bestellt.“
In ihrem Fall sei die Umrüstung aufwendig, weil die Hütte von außen mit wetterbeständigem Material verkleidet werden müsse. Dazu sei es erforderlich, schwere, dicke Platten auf dem Dach zu montieren. „Das ist technisch und finanziell nicht machbar“, sagt sie. Das Holzdach würde schlicht zusammenbrechen. Die einzige Möglichkeit, noch teilzunehmen, sei ein anderer Standort, der weniger Brandschutzauflagen nach sich zieht. Darauf hofft sie noch, daher will sie nicht namentlich genannt werden. Ansonsten müsse sie im 30. Jahr der Teilnahme auf ihren Stand in der Innenstadt und den Verkauf ihrer auf Bremen zugeschnittenen Artikel verzichten.
Was die Brandschutzauflagen betrifft, hatten Olaf Jörg und Katja Stobbe Glück. Sie müssen lediglich die innere Rückwand mit feuerfesten Platten ausrüsten, das Dach sei ohnehin aus Blech – und hebt sich damit von den umliegenden Bretterbuden ab. „Aber für manche ist das existenzbedrohend.“
Jörg und seine Kunsthandwerkerkollegin kritisieren die kurzfristige Kommunikation der Stadt nicht nur aus eigenem Interesse. Viele altgediente Kunsthandwerker hätten durch Corona ihre Geschäfte früher als geplant aufgegeben, Jüngere kämen kaum nach. „Irgendwann gibt es nur noch Schausteller auf dem Weihnachtsmarkt. Dann ist es ein Rummel“, sagt die 69-Jährige.
Der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) scheint die Relevanz für den Weihnachtsmarkt bewusst zu sein. „Kunsthandwerkliche Stände spielen neben gastronomischen Ständen eine elementar wichtige Rolle für den Weihnachtsmarkt“, teilt Maike Bialek, Sprecherin der WFB mit.
Das Wirtschaftsressort streitet ab, die Zusagen erst wenige Wochen vor Beginn der Traditionsveranstaltung verschickt zu haben. „Die Kunsthandwerker wurden bereits Anfang August über ihre Platzierung informiert“, sagt Christoph Sonnenberg, Sprecher von Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). Von 264 Bewerbungen seien 157 Stände ausgewählt worden.
Die mit Feuerwehr und Bauressort abgestimmten Brandschutzauflagen würden vor allem die Bebauung rund um die Kirche Unser Lieben Frauen betreffen. „Die Stände dort dürfen kein Gas verwenden. Es sind besondere Feuerschutzplatten anzubringen und die Stände sind mit fotoelektrischen Rauchwarnmeldern und Feuerlöschern auszustatten“, so Sonnenberg. Man habe die Beschicker so schnell wie möglich darüber informiert.