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Bremer Metal-Duo Mantar Dunkle Platte für dunkle Zeiten

Mit "Pain Is Forever and This Is the End" ist gerade das vierte Album des Bremer Metal-Duos Mantar erschienen. Eigentlich ein Grund zur Freude. Warum Mantar dennoch mit gewisser Skepsis in die Zukunft blicken.
19.07.2022, 05:00 Uhr
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Dunkle Platte für dunkle Zeiten
Von Alexandra Knief

Eigentlich müsste er nach jedem Auftritt heiser sein. Das denkt man zumindest, wenn man Hanno Klänhardt einige Minuten lang dabei zugehört hat, wie er brüllt. Das können normale Stimmbänder doch nicht dauerhaft aushalten, oder? "Klar ist man auch mal heiser", gibt er zu. "Ich will aber ja auch klingen, als würde ich jemanden mit dem Messer durchschneiden wollen und nicht, als würde ich professionell Heavy Metal singen, da zahlt man schon seinen Preis." Aber mit der Zeit lerne man, mit seiner Kraft hauszuhalten. 

Im Falle des Bremer Metal-Duos Mantar bedeutet "mit der Zeit" im Laufe der vergangenen zehn Jahre. Sänger und Gitarrist Klänhardt ist die eine Hälfte von Mantar. Er lebt schon lange nicht mehr in Bremen, sondern in Florida. Schlagzeuger Erinc Sakarya - irgendwann nach Hamburg abgewandert, aber mit Rückkehrplänen - ist die andere Hälfte. Und ihre Hardcore-Metal-Sludge-Band Mantar, was auf Türkisch Pilz bedeutet, steht für Schlagzeuggehämmer, einfache Melodien, elektronische Gitarre und Gebrüll. So einfach kann es sein, das musikalische Erfolgsrezept.

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Gerade ist mit "Pain Is Forever and This Is the End" (Schmerz vergeht nicht und das ist das Ende) das vierte Album von Mantar erschienen. Die Arbeit daran, verrät Klänhardt, lief alles andere als rund. Fast hätten die zwei Musiker alles hingeschmissen. Dazu später mehr. 

Überraschender Durchbruch

Klänhardt und Sakarya kennen sich schon ewig. Bevor sie sich zusammengetan haben, waren sie in anderen Bandprojekten aktiv, hatten Jobs fernab der Bühne. 2012 schließlich gründeten sie ihre zweiköpfige Band. Einen Bassisten haben sie einfach nicht gefunden. Die zwei Bremer dachten damals gar nicht unbedingt daran, so richtig berühmt zu werden. Irgendwie passierte es dann aber trotzdem. Und auch, wenn das ein bisschen wie Zufall klingt, steckte schon damals sehr viel Fleiß und Arbeit in dem Projekt, so Klänhardt. "Das, was wir mit Mantar erreicht haben, kann man nicht erreichen, wenn man da nicht voll reingeht", sagt er. Klänhardt und Sakarya gingen voll rein. Überraschend war der große Erfolg für sie trotzdem.

Ihre erste Platte, "Death By Burning" wurde vom Musikmagazin "Visions" zu einem der "66 besten Metal-Alben des neuen Jahrtausends" gewählt, das Duo widmete sich schnell ganz der Musik und hat mittlerweile mehrere Touren durch Europa hinter sich, zudem Auftritte unter anderem in den USA, Mexiko, Russland, Südafrika und Japan. Ihr 2018 erschienenes Album "The Modern Art of Setting Ablaze" landete in Deutschland auf Platz sieben der Charts und machte aus Mantar, die schon längst von ihrer Musik leben konnten, schließlich auch noch eine Top-Ten-Band. 

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Ob das neue Album an diesen Erfolg anknüpfen kann? Darüber mache er sich keine Gedanken, so Klänhardt. "Die Charts sind immer nur eine Momentaufnahme", sagt er. Die Kritiken, die zum Album bisher erschienen sind, seien allerdings die besten, die Mantar bisher bekommen hat, sagt er. "Und ich habe auch an den Vorbestellungen gesehen, dass wir eine starke Fanbase haben." 

Kein konstruktiver Vorschlag

Insgesamt habe er viel Zeit in die Lyrics investiert, wollte stärkere, bessere Songs schreiben, so Klänhardt. "Ich wollte weg von ausgelutschten Metal-Klischees", sagt er. Außerdem sei das Album noch pessimistischer, noch dunkler, als man es von Mantar gewohnt ist. "Wir waren ja noch nie dafür bekannt, über Geburtstagsfeten zu singen und schon immer eine dunkle Band", sagt Klänhardt. All das Schlechte, was man so besingen kann, sei auf der Welt auf einmal erschreckend real gewesen. "Ich hatte das Gefühl, die Gemütsverfassung der ganzen Welt ist negativ", so der Musiker weiter. "Und dunkle Zeiten brauchen eine dunkle Platte". Lösungen, Botschaften und Erklärungen wollen Mantar mit ihrer Musik aber nicht anbieten. "Unsere Band sollte nicht als konstruktiver Vorschlag verstanden werden", sagt Klänhardt. Ihm ginge es mehr ums ungeschönte Beobachten. "Und es ist auch interessant, wenn Dinge kaputt gehen". 

Zu diesem ganzen Pessimismus passte auch die persönliche Stimmung der Band. Nicht nur durchkreuzte Corona ihre bereits 2020 geschmiedeten Album-Pläne, Klänhardt riss sich erst den Meniskus und später auch noch im selben Knie das Kreuzband, verbrachte viel Zeit im Krankenhaus. Proben und Aufnahmen mussten verschoben werden. "Alles, was schief gehen konnte, ging schief", sagt er. "Es fühlte sich an, als wenn das Universum sich gegen uns verschworen hätte."

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Und auch jetzt, wo das Album fertig ist, bleibt ein gewisser Pessimismus (Metal-Hammer nennt Mantar ihre "Lieblingsmisantropen"). Zwar stehen für den Sommer noch diverse Konzerte auf dem Tourplan, aber "ich traue dem Braten nicht", sagt Klänhardt. Corona sei noch zu unberechenbar, die Leute seien verunsichert, gerade für mittelgroße Bands sei es schwer, Tickets zu verkaufen. Die Freude über das fertige Album und die Vorfreude auf die Live-Auftritte bleibt also gedämpft. Ganz nach einem Motto, das zu einer düster-pessimistischen Metal-Band passt: "Wir hoffen aufs Beste und sind aufs Schlimmste vorbereitet." 

Info

Mantar sind aktuell auch live zu erleben, unter anderem Anfang August beim Wacken Open Air und am 9./10. September beim Hellseatic Open Air in Blumenthal

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