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Buchhandel Inhaber des Buchladens Ostertor suchen einen Nachfolger

Das Geschäft läuft zwar gut, aber die zwei sind nicht mehr die Jüngsten: Mario Bernabeo und Andreas Haufe, die Inhaber des Buchladens Ostertor, wollen zum Jahresende aufhören. Wer aber übernimmt ihr Geschäft?
31.01.2022, 13:44 Uhr
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Inhaber des Buchladens Ostertor suchen einen Nachfolger
Von Simon Wilke

Der Countdown läuft seit dem vierten Januar. Da erschien auf der Homepage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels die unscheinbare Anzeige: "Buchladen Ostertor in Bremen: Nachfolger gesucht". Wenn also zum Jahresende 2022, am Silvestermittag, die Türen des besagten Buchladens schließen werden, dann soll es das gewesen sein für Mario Bernabeo und Andreas Haufe. Dann waren beide mehr als drei, Bernabeo sogar vier Jahrzehnte (Mit-) Inhaber des Ladens. Aber genug ist genug, und Nachfolger hoffentlich auch längst gefunden, wenn es soweit ist.

Über die Geschichte des Ladens braucht man gar nicht viele Worte zu verlieren. Er gehört zum Inventar des Viertels, dem Teil Bremens, in dem nicht nur die Frisör- und Kiosk-, sondern wohl auch die Buchhandlungsdichte am größten sein dürfte. Büchner, Sieglin, Humboldt und wie sie alle heißen. Der Golden Shop liegt sogar direkt gegenüber. Aber Obacht, der Buchladen Ostertor war der erste am Platz, und seine Inhaber gehen, weil sie mittlerweile nicht mehr die Jüngsten sind, ausdrücklich aber nicht, weil es schlecht liefe. 2020 setzten sie mehr als 400.000 Euro um, auch das kann man in ihrer Anzeige nachlesen.

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Es ist nicht unbedingt so, dass der Zahn der Zeit an Bernabeo und Haufe genagt hätte, aber am Buchhandel, wie sie ihn kennen, allemal. Erst gab es ein Kollektiv, das Werke alternativer Verlage anbot, im Regal standen Marx und Freud. Irgendwann kam der Onlinehandel auf, dazu E-Books. Heute braucht es das Spiel mit den Sozialen Medien, und spätestens damit haben sie nichts mehr am Hut. Ein Konto bei Instagram hatte Bernabeos Sohn zwar eröffnet, als der Laden vergangenes Jahr geschlossen bleiben musste, aber bedienen wollen die beiden den Kanal nicht. Es gibt eine Homepage mit Onlineshop, das reicht, und mehr wird es unter ihnen auch nicht mehr werden, so viel steht fest.

Nicht reich, aber zufrieden

Lange Jahre lief es so, wie es sollte. Reich wird man vielleicht nicht durch das Geschäft mit der Literatur, aber zufrieden. Arbeit und Privates lief Hand in Hand, das eine wurde nie zur Belastung für das andere. Work-Life-Balance heißt das heute, und zumindest Bernabeo fühlte sich immer pudelwohl damit, wie sie es sich eingerichtet hatten.

Doch sie wissen auch: Der Laden braucht neue Ideen, neue Akzente, neue Gesichter. Daher hoffen Bernabeo und Haufe auf junge Menschen, die sie beerben. Im besten Fall kulturell und politisch interessiert. Der Laden stand ja schon immer für ein bestimmtes Profil, sagen sie. Inzwischen besteht das vor allem in einer guten Auswahl an Belletristik und Politik. Auch ein paar wissenschaftliche Titel findet man hier, die es sonst nur selten gibt. Es braucht dieses Etwas, um sich abzuheben, das erwartet auch die Kundschaft.

Überhaupt, die Kundschaft. Sie ist mit ihnen gewachsen, sie gehört zum Leben der beiden, besonders zu Bernabeos, der im selben Haus lebt, in dem der Laden sich befindet. Vermutlich werde man sich nach dem Abschied zwar nicht gegenseitig besuchen, sagt er über die Stammkundschaft, aber man kennt sich eben ziemlich gut. Und zu vielen von ihnen fällt den beiden direkt ein passender Titel ein, wenn sie die Angebote der Verlage sortieren. Dieser Kontakt, er wird fehlen.

Mit dem Motorrad durch Italien

Aber sie haben ja Pläne. Andreas Haufe sogar eine ganze Menge. Einmal mit dem Rad über die Alpen zum Beispiel. Die Familiengeschichte zu Papier bringen auch. Dazu warten Chormusik und Garten auf ihn. Bernabeo überlegt, sein Posaunenspiel aufzufrischen, und seine Frau mit dem Motorrad durch Italien zu chauffieren. Auch lesen wollen beide gerne einmal wieder intensiv.

Trotzdem, der Abschiedsschmerz ist unausweichlich, da sind sich beide sicher. Auch wenn sie nicht von heute auf morgen alle Verbindungen kappen werden. Sie sind schließlich weiterhin Vermieter der Ladenfläche, und wenn der oder die Nachfolger Hilfe beim Übergang brauchen sollten, würde wohl keiner der beiden eine entsprechende Bitte ausschlagen. Denn weiter gehen soll es ja unbedingt, nur eben ohne sie.

Zur Sache

Waller Logbuchladen feiert runden Geburtstag

Wie es mit Neugründungen laufen kann, zeigt der Logbuchladen in Walle. Gerade feiern Sabine und Axel Stiehler ihr zehnjähriges Bestehen – mit zehn Veranstaltungen, die sie auf das Jahr verteilen. 2012 hatten sie das Geschäft in der in der Überseestadt eröffnet, später zogen sie nach Walle. Was sie damals antrieb? Die Liebe zu Büchern, aber auch das Wissen darum, dass sie das Risiko eines eigenen Ladens später im Leben wohl nicht mehr eingehen würden. Mitte 40 waren sie damals. "Klar gab es ein Risiko, aber wir waren uns recht sicher, dass wir eine Chance haben, wenn wir es gut machen", sagt Axel Stiehler.

Gut machen, das heißt im Fall des Logbuchladens, ein Alleinstellungsmerkmal haben, für etwas stehen. "Meine Frau und ich haben eine hohe Affinität zu guter Gestaltung und hochwertigen Materialien" sagt Axel Stiehler. Und so finden sich in den Regalen des Logbuchladens neben allerlei anderem schwerpunktmäßig ansprechend illustrierte Bücher und Graphic Novels. Dazu bieten sie regelmäßig Lesungen und sogenannte Werkstattgespräche mit Autoren und Illustratoren an, um einen Blick hinter die Kulisse des Büchermachens zu geben.

Inzwischen wurde der Logbuchladen diverse Male mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet. Auszeichnungen, die nicht ganz zufällig kamen, denn die Stiehlers tun etwas dafür. "Wir wollten schon eine Strahlkraft über die Grenzen des Stadtteils hinaus entwickeln", erklärt Axel Stiehler. "Und da helfen diese Ehrungen natürlich." Auch die Kunden mache das stolz, schließlich seien sie Teil des Ganzen. Er betont, dass viele von ihnen eine spezielle Bindung zum Laden hätten; Laufkundschaft gebe es eher wenig.

Ursprünglich war das Projekt Logbuchladen auf zehn Jahre angelegt, dann sollte Bilanz gezogen werden. "Aber es war schon vor drei Jahren klar, dass es funktioniert", sagt Axel Stiehler. "Und das macht uns nach wie vor sehr glücklich."

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