Frau Heitmann: "Shakespeare im Park", der "Sommer Summarum" und der "MusikSommer" stehen in den Startlöchern. Haben Sie in den vergangenen Wochen überhaupt geschlafen?
Renate Heitmann: Ich habe geschlafen. Aber natürlich sind die Tage lang. Es ist nicht so leicht, an die 300 Veranstaltungen an verschiedenen Orten und mit ganz unterschiedlichen Anforderungen zu disponieren. Es gibt Tage, da sagt mir mein Telefon, ich hätte mehr als fünf Stunden telefoniert. Das Gute ist, dass es Überschneidungen gibt. Was von außen aussieht wie drei ganz unterschiedliche Angebote mit vielen Einzelteilen, ist für unser Team, das in Personalunion arbeitet, ein kaleidoskopartiges Ganzes.
Als Sie vergangenes Jahr den "Sommer Summarum" mithilfe von vielen Bremer Akteuren auf die Beine gestellt haben, haben Sie da bereits damit gerechnet, dass es 2021 eine Fortsetzung gibt?
Zum Ende des Sommers ja. Anfangs war es ein reines Reagieren. Aber es war dann toll, zu sehen, wie man die Leute mitnehmen konnte. Wir sind innerhalb kürzester Zeit zu einem Team geworden. Gemeinsam etwas Neues zu schaffen, hat uns sehr viel Rückenwind gegeben.
Wie viele Künstler und Künstlerinnen sind in diesem Jahr beteiligt?
Ich denke, wir kommen insgesamt auf über 1000 Menschen. Wir waren vor allem überrascht, dass sich wieder so viele Künstler und Künstlerinnen beworben haben, obwohl diesen Sommer auch viele andere Veranstaltungen stattfinden. Daran sieht man: Es gibt einen Bedarf, die eigene Stadt zu bespielen. Es gibt alleine über 800 professionelle Musiker und Musikerinnen in Bremen – wenn nicht mehr. Ich weiß gar nicht, wie viele Schauspieler, Schauspielerinnen und andere Kulturschaffende noch hinzukommen. Dass die Stadt die Bühnen dafür hat, die eigenen Leute zu zeigen, darauf kann sie stolz sein.
Vergangenes Jahr wurde an rund 20 verschiedenen Orten gespielt. Konnte man das in diesem Jahr noch ausweiten?
Ja. Dieses Mal sind es 40. Wir sind in Bremen-Nord, in Huchting, in Hemelingen, in Gröpelingen, in der Innenstadt. Wir haben Norden, Süden, Osten und Westen ganz gut abgedeckt!
Einige Veranstaltungen laufen unter dem Label "Bremer MusikSommer". Warum hat man sich dazu entschlossen, dieses Angebot gesondert hervorzuheben?
Es haben sich unglaublich viele Musiker und Musikerinnen beworben. Insgesamt stehen mehr als 150 Konzerte auf dem Programm. Gerade in der Musik bildet sich die Internationalität der Künstler und Künstlerinnen hier in Bremen ab. Genauso sind alle Stilrichtungen im Programm vertreten: Alte Musik, Neue Musik, DJs, Punkbands, Salsa, Blues, Jazz, Folklore, Chöre, klassische Ensembles - eigentlich weiß ich gar nicht, welche Richtung nicht dabei ist. Das ist einfach eine unglaubliche Bandbreite. Und dann kam eine Ausschreibung der Bundesregierung über das Programm Neustart Kultur, mit dem genau solche Formate wie das unsere gefördert werden. Also haben wir zusammen mit der Kulturbehörde einen Antrag gestellt, der bewilligt wurde. So hatten wir die Möglichkeit, fast alle Bewerbungen, die wir bekommen haben, umzusetzen und daraus einen Schwerpunkt zu machen.
Wie viel Förderung erhält der "Sommer Summarum"?
Das kann man gar nicht so einfach beantworten, weil die Programmschienen unterschiedliche Förderstrukturen haben. Der Sommer Summarum wird mit kommunalen Mitteln in Höhe von 58.500 Euro gefördert. Der Musiksommer hat ein Fördervolumen von der Stadt in etwa der gleichen Höhe zuzüglich der Mittel vom Bund mit noch einmal gut 200.000 Euro - wobei diese Mittel auch zur Stärkung der Veranstaltungswirtschaft beitragen sollen und für eine Woche die Infrastrukturkosten der Seebühne tragen.
Vom 2. bis zum 24. Juli findet auch "Shakespeare im Park" statt. Worauf können Besucher sich freuen?
Wir sind wieder mit einem angepassten Format unterwegs, mit einer kleinen Bühne, die eher an ein Straßentheater erinnert. Die Stücke wurden etwas gekürzt, aber es wird trotzdem alles gezeigt, was Shakespeare kann – vom großen, politischen Drama in "Coriolanus", bis hin zur Komödie mit "Sommernachtstraum" oder "Wie es euch gefällt". Als Finale gibt es in Kooperation mit dem Kampfsportstudio "Grapple & Strike" einen Abend der Kampfkünste (Mixed Martial Arts) mit Wortgefechten aus Shakespeares Werk.
Warum sind Sie bei dem Konzept mit kurzen Vorführungen geblieben? Die Auflagen hätten doch auch mehr erlaubt, oder?
Das Format ist aus dem letzten Jahr erprobt. Wir wollten nicht mit dem großen Format mit 800 Leuten bis zum Schluss zittern, ob es überhaupt stattfinden kann. So können wir sicher rund 150 Menschen auf die Melcherswiese lassen und spielen dafür lieber häufiger.
Sie haben aktuell auch noch die Funktion der Künstlerischen Leitung für das Aktionsprogramms Innenstadt inne, das zum Ziel hat, das Stadtzentrum mit Kultur zu beleben. Wie haben Sie dies mit dem "Sommer Summarum" zusammengebracht?
Wir haben einige Innenstadtbühnen, die wir im Zuge dessen als Spielorte entdeckt haben: Den Hof des Gerhard-Marcks-Hauses, den Hof des Wilhelm-Wagenfeld-Hauses oder auch den Hof der Hochschule für Künste. In diesem Jahr sind noch der Theatergarten und die Bühne des Kukoon in den Wallanlagen dazugekommen. Im Theatergarten wird es beim Showtalk "Schöne neue Innenstadt" auch inhaltlich um das Thema Stadtentwicklung gehen.
Was, wenn es den ganzen Sommer regnet? Gibt es Ausweichmöglichkeiten?
Da sind individuelle Lösungen gefragt: Der Schirm, das Regencape, der Windschutz oder das Igluzelt. Das ist jedem selbst überlassen. Wenn es ganz wild kommt, muss man halt absagen. Aber im vergangenen Jahr ist das nur etwa vier Mal passiert. Bei einem Konzert haben die Musiker einfach im Backstagezelt gespielt und die Zuschauer haben unter ihren Schirmen auf der Bühne gesessen. Genau das ist es, was bei Kultur in Zeiten einer Pandemie zählt: Anpassungsfähigkeit und Improvisation!
Das Gespräch führte Alexandra Knief.