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Jazzahead Sybille Kornitschky: "Es ist ein wirklich üppiges Angebot"

Die Jazzahead als größte Jazz-Fachmesse der Welt präsentiert dieses Jahr Kanada als Partnerland. Warum man sich auf ein spannendes Konzertprogramm freuen kann, erklärt Projektleiterin Sybille Kornitschky.
12.04.2022, 14:14 Uhr
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Sybille Kornitschky:
Von Iris Hetscher

Frau Kornitschky, endlich Kanada! Nachdem das Land schon 2020 und 2021 Partnerland der Jazzahead sein sollte, klappt es dieses Jahr. Was ist denn so faszinierend an der dortigen Jazz-Szene?

Sybille Kornitschky: Es hat auch mit der Lage Kanadas zu tun - als Brücke zwischen den USA, die immer noch für viele Jazzer das Sehnsuchtsland schlechthin sind, und der gleichzeitigen Verbindung zu Europa. Von daher schien es uns die perfekte Wahl zu sein, als wir beschlossen haben, mit unseren Partnerländern über Europa hinaus zu denken. Auch die Größe des Landes hat die Wahl beeinflusst. Kanada ist das zweitgrößte Land der Erde (nach Russland, Anm. der Red.), Diversität spielt wirklich eine Rolle. Das wird sich auch zeigen bei Künstlern, die anreisen. Wir haben selten so viele Bands aus einem Partnerland mit dabei gehabt, es werden rund 20 sein.

Gibt es so etwas wie einen kanadischen Stil, etwas, das den Jazz aus diesem Land prägt?

Gibt es nicht, und das macht es so spannend. Viele Künstler loten die Grenzbereiche zu Soul oder zum Pop aus; das geht schon los mit dem Eröffnungskonzert im Theater Bremen, bei dem Kellylee Evans auftreten wird. Während der Clubnacht wird es zwei Kanada-Schwerpunkte im Metropol-Theater und in der Bremer Schaulust geben, in der Kulturkirche kommt sogar die Orgel zum Einsatz. Der Höhepunkt ist natürlich das Galakonzert in der Glocke am 29. April mit den beiden Power-Frauen Laila Biali und Malika Tirolien ...

...sowieso sind ziemlich viele Frauen mit dabei dieses Jahr, oder?

Das zeichnet die kanadische Szene aus. Und es war wirklich ein Leichtes für uns, sowohl das Eröffnungskonzert als auch das Galakonzert mit drei Frauen zu besetzen. Das ist übrigens das erste Mal in der Geschichte der Jazzahead so.

Und das, obwohl Sie beim Eröffnungskonzert sogar kurzfristig umplanen mussten, weil Erin Costelo, die eigentlich auftreten sollte, erkrankt ist.

Da gilt wirklich der Satz: "Man sieht sich immer zwei Mal im Leben". Kellylee Evans hat 2015 im Showcase-Festival gespielt, und war damals schwer angeschlagen von einem Unfall. Sie war vom Blitz getroffen worden. Sie war damals nicht zufrieden mit ihrem Auftritt, und jetzt kann sie sich noch einmal ganz anders präsentieren. Das wird ein Programm sein, das Freude bringt und Festivalstimmung.

Das Eröffnungskonzert findet stets zwei Wochen vor dem eigentlichen Start von Messe und Festival statt; dazwischen gibt es ein Kulturprogramm mit Ausstellungen, Filmen und Lesungen. Das haben Sie dieses Jahr zurückgefahren. Warum?

Das liegt an den drei Anläufen, die wir durch die Corona-Pandemie für das Partnerland Kanada benötigt haben. Da mussten wir Federn lassen. Einiges von dem Programm, das für 2020 schon fertig geplant war, hat dann auch stattgefunden, obwohl wir die Jazzahead absagen mussten, beispielsweise eine Ausstellung in der Weserburg. Das Rahmenprogramm fällt nicht so üppig aus wie gewöhnlich, aber es sind trotzdem schöne Sachen dabei, und auch einige neue Kooperationspartner wie das Filmfest Bremen und Tanz Bremen.

Stichwort Organisation: Da hat sich in den vergangenen Wochen einiges geändert. Mittlerweile darf bei den Showcase-Konzerten auch Publikum dabei sein, das nicht zum Fachbesucher-Kreis zählt. Unter welchen Bedingungen?

Alle, die möchten, können ein Ticket kaufen. Aber: Nichts ist wie vorher. Wir haben zunächst sehr vorsichtig geplant, unter Corona-Bedingungen: mit mehr Abstand, mit mehr Bühnen, damit wir überhaupt genug Kapazitäten für diejenigen haben, die von weit her anreisen. Daher haben wir entschieden, zum ersten Mal jeweils zwei Showcase-Konzerte parallel laufen zu lassen. Wir haben also nicht drei, sondern vier Bühnen, und zwei Konzerte finden zeitgleich statt. Die Besucher müssen sich also entscheiden.

Was hat es denn mit dem Zirkuszelt auf sich, dass die Jazzahead auf die Bürgerweide stellt?

Das war eigentlich auch schon für 2020 geplant, da wollten wir zehn Jahre Festival feiern. Dieses Jahr kam das Zelt zunächst aus Corona-Schutzgründen ins Gespräch. Zunächst war ja nicht klar, ob die Showcase-Konzerte nicht doch nur für Fachbesucher zugänglich sein würden. Und um unserem regionalen Publikum trotzdem zu ermöglichen, die Auftritte mitzuerleben, wollten wir sie ins Zirkuszelt übertragen.

Und was findet jetzt statt in dem Zelt?

Noch mehr Musik! Es werden Konzerte der Canadian Night am Donnerstag auf einer großen Leinwand übertragen, wie geplant, es wird Außengastronomie geben, also viel Festivaltrubel. Und es werden Konzerte gespielt, am Freitag und am Sonnabend. Die Kombi-Tickets für die Showcases sind auch für das Zeltprogramm gültig. Also gibt es für die Zuhörer noch mehr Auswahl, ein wirklich üppiges Angebot. Das Zelt soll gern bleiben, auch in den nächsten Jahren.

Fast wie bei der Clubnight.

Ja, das Zelt wird tatsächlich auch Teil des Clubnight-Programms sein, mit drei Bands, die für den Deutschen Jazz-Preis nominiert sind. Damit holen wir die Clubnight wieder aufs Jazzahead-Messegelände zurück.

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Auch die Clubnight läuft dieses Jahr anders ab als sonst. Warum?

Das ist schon ein Wermutstropfen. Was die Menschen an der Clubnight lieben, ist die Möglichkeit, sich nicht festlegen zu müssen – man kauft das Ticket, schlendert in die Nacht hinein, lässt sich mitreißen. Da mussten wir eine Entscheidung treffen, und wir habe uns entschieden zu sagen: Es ist nicht die Zeit der großen Mobilität und Spontaneität. Von daher kauft man für jedes Konzert ein Ticket. Wir haben gemeinsam mit den Veranstaltern versucht, die Preise so zu gestalten, dass man gegebenenfalls mehrere der insgesamt 22 Spielstätten am 30. April besuchen kann. In einigen gibt es bis zu fünf Konzerte, beispielsweise beim Kanada-Schwerpunkt im Metropol-Theater und in der Schaulust. Wir haben 45 Bands im Programm, das ist eine Menge.

Die Jazzahead-Messe ist in den Messehallen beheimatet, nebenan sind Menschen untergebracht, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?

Für uns ist das von daher auch eine Besonderheit, weil die Ukraine zum ersten Mal als Ausstellerin an der Messe teilnimmt. Das war schon vor dem Krieg geplant. Wir gehen davon aus, dass das Ukrainische Kulturinstitut den Stand beziehen wird mit einer großen Delegation. Aber natürlich hat das für uns eine emotionale Komponente bekommen: Es sind Geflüchtete auf dem Gelände, und wir planen einfach so weiter. Doch das Kulturinstitut hat uns signalisiert: Wir wollen auf gar keinen Fall die Opferrolle, es ist wichtig, dass die ukrainischen Künstler sichtbar sind. Und wir haben auch einige im Programm. Im Zelt beispielsweise wird Viktoria Leléka zu hören sein, die für den Deutschen Jazzpreis nominiert ist.

Das Gespräch führte Iris Hetscher.

Zur Person

Sybille Kornitschky

organisiert die Jazzahead für die Messe Bremen gemeinsam den künstlerischen Leitern Ulrich Beckerhoff und Peter Schulze seit 2006. Zuvor war sie Lektorin in einem Buchverlag in Köln.

Zur Sache

Jazzahead und Deutscher Jazzpreis

Der mit eine Million Euro dotierte Deutsche Jazzpreis wird dieses Jahr zum ersten Mal zum Auftakt der Jazzahead in Bremen vergeben, am 27. April im Metropol-Theater, ab 18 Uhr. Für Sybille Kornitschky ist das eine logische Kombination, weil die Jazzahead der deutschen Jazz-Szene seit 2006 eine breiten Raum einräume, mittlerweile mit der "German Jazz Expo". Darauf gründet sich die Förderung der Messe durch den Bund. Auch der Deutsche Jazzpreis will mehr Aufmerksamkeit für die Jazzer und Jazzerinnen, die in Deutschland leben - "wir verfolgen das gleiche Ziel", so Kornitschky. Man bemühe sich daher, dass der Preis auch in den nächsten Jahren in Zusammenhang mit der Jazzahead vergeben wird. "Das ist ein großes Fest für uns", so Kornitschky.

Info

Die Jazzahead findet vom 14. April bis zum 1. Mai statt, wobei die Messe und der Großteil der Konzerte in der Zeit vom 28. bis zum 30. April über die Bühnen gehen wird. Detaillierte Infos über Programm und Kartenverkauf unter www.jazzahead.de. Für das Eröffnungskonzert am Donnerstag sind noch Karten erhältlich.

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