"Whooohoooo" schallt es von einem Tisch auf der rechten Seite, an dem sechs gut gelaunte Frauen gerade erfahren haben, dass sie aktuell die Besten sind. Die besten Liederrater, Musikexperten, Quizzer. Denn nach der ersten Runde beim Livemusik-Quiz im Gastfeld in der Neustadt hat niemand so viele Punkte wie die "Newtown Girls". So nennt sich das Team aus langjährigen Freundinnen, das nicht zum ersten Mal an einem Kneipenquiz teilnimmt. "Für uns ist es einfach ein toller Anlass, sich regelmäßig zu treffen. In den Pausen wird geschnackt und getrunken", sagt Barbara Poblenz aus der Gruppe. Ein bisschen Ehrgeiz und Freude am Quizzen gehörten aber natürlich auch dazu. Die Führung nach der ersten Runde bedeutet für die "Newtown Girls": Es gibt Gratis-Kurze. Für jeden einen "Schnappo", wie Gastgeber Tim Kotthoff es ausdrückt.
Fünf Lieder hat er zuvor auf seinem Keyboard live gespielt. Nicht jeder Ton sitzt, aber das ist in diesem Rahmen völlig egal. Es geht ums Rätseln, ums Gruppenerlebnis, nicht um musikalische Qualität. Die Songs, die Kotthoff spielt, stammen mal aus den 90er-Jahren, mal aus den 60er-Jahren und auch ein bisschen traditionelle Volksmusik ist dabei. Einmal quer durch die Bank also. Nichts ist hier unmöglich. Vier der Lieder haben die "Newtown Girls" erkannt. Darauf einen Sambuca.
Kotthoff, der hauptberuflich in einem Altenheim arbeitet, organisiert bereits seit 15 Jahren Quizabende in Bremen. Zwei Mal im Monat veranstaltet er in verschiedenen Bremer Kneipen – aktuell im Gastfeld an jedem ersten und dritten Dienstag im Monat und seit Kurzem auch jeden ersten und dritten Mittwoch in der neuen Butschern-Bar am Sielwall-Eck – jeweils ein Trivia- und ein Livemusik-Quiz. Eintritt verlangt er nicht. Wer mag, wirft am Ende des Abends ein bisschen Geld in seinen Hut.
Gespielt wird über fünf Runden, bei denen Kotthoff selbst die einzelnen Instrumente mithilfe von Keyboard, Laptop und Loopstation einspielt. Meist hat er auch eine Gitarre dabei. Nach jeder Runde macht er erst mal eine kreative Pause, zählt Punkte, gönnt sich eine Zigarette oder ein Bier. Eilig hat es hier niemand. Denn nicht nur die "Newtown Girls" sind vor allem gekommen, um einen Abend mit Freunden zu verbringen. Und wer will schon, dass der nach zwei Stunden wieder vorbei ist?
Zwei Tage Vorbereitung
Rund eine Stunde pro Song braucht Kotthoff für die Vorbereitung. „Für jedes Quiz bin ich vorab zwei Tage beschäftigt“, sagt er. Als Kind hatte er acht Jahre Klavierunterricht. Wie man Gitarre spielt, hat sich der 40-Jährige mithilfe eines Beatles-Notenbuches selbst beigebracht, nachdem er eine alte Klampfe seiner Mutter auf dem Dachboden fand. Deshalb gibt es – mittlerweile Tradition – bei jedem Quiz auch einen Beatles-Song zu erraten.
Beim ersten Musik-Quiz des Jahres im Gastfeld fällt diese Tradition allerdings aus, wie Kotthoff zu Beginn des Abends ankündigt, was für ein einstimmiges und enttäuschtes "Neiiiin" bei den Gästen sorgt. Sowieso wird an diesem Abend eine etwas abgespeckte Quiz-Version gespielt, es gibt ein bisschen weniger Livemusik als sonst, dafür ein paar mehr Bilderrätsel und Fragen rund um das Thema Musik. Den elf Teams, die im Januar am Quiz teilnehmen, gefällt es. Und im Februar soll es dann auch wieder mehr direkt vom Keyboard geben.
Mehr als kühle Drinks
Viele der Besucher sind regelmäßige Quizgänger, werden im gemütlich eingerichteten Gastfeld von Betreiber Thorben Köhn direkt mit Vornamen oder gleich mit einer Umarmung begrüßt. Seit mehr als sieben Jahren findet in der Kneipe immer dienstags ein Quizabend statt. Und immer ist der Laden voll, wie Köhn verrät. "Meist gibt es auch eine lange Warteliste", sagt er. Für ihn ist es wichtig, den Kneipengästen mehr anzubieten als kühle Drinks. Nicht nur, aber natürlich auch, weil Events wie das Quiz, Kicker-, Schach oder Doppelkopfabende auch unter der Woche für volle Tische sorgen.
Ganz hinten in der gemütlichen Kneipe, noch hinter Kotthoff und seinem Keyboard, sitzt das Team "Die Svens" zwischen alten, fransigen Lampenschirmen auf einer Couch. Heute besteht die sonst größere Gruppe nur aus zwei Männern, von denen niemand Sven heißt, sondern Christian und Arnd. Wie der Teamname entstanden ist, daraus machen die Svens, die gar keine sind, ein kleines Geheimnis. Vielleicht hat es etwas mit Sven Regener zu tun. Vielleicht aber auch nicht. Warum sie gerne an dem Quiz teilnehmen, verraten sie dann aber doch, halten sich dabei aber so kurz wie ihren Teamnamen: "Wir mögen Musik." Der eigene Anspruch der Svens: Mindestens der dritte Platz.

Barbara Poblenz (links), Saskia Heyen und ihr Team die ”Newtown Girls” belegen am Ende des Abends den zweiten Platz.
Am Ende wird es aber nur Platz vier. Das Team "Halts Maulwurf", – das sogar seine eigenen Maulwurf-Bierdeckel mit zum Quiz gebracht hat – gewinnt und lässt Teams wie "Die Fetten Flötenfinger", "Abba Hallo", "Biohazard" oder "Deaf Ears" hinter sich. Die "Newtown Girls" werden zweite. Genaugenommen sind aber sowieso alle Sieger. Denn "Halts Maulwurf" erhalten zwei Flaschen Schnaps mit sehr vielen Gläsern, den sie brüderlich an alle Mitspieler verteilen. Egal, wie gut man also abgeschnitten hat, spätestens hier bekommt jeder seinen Schnappo.