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Kunst für Bremen Unbeherrschbare Natur, in Farbe gefasst

"Reede von Cuxhaven" heißt ein Bild von Wilhelm Heinrich Focke in der Städtischen Galerie. Es zeigt Meer, Land und Luft in einer wilden Komposition – die Natur hat den Maler zeitlebens fasziniert.
10.09.2025, 05:00 Uhr
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Unbeherrschbare Natur, in Farbe gefasst
Von Iris Hetscher

Eine unruhige, tosende Natur, die von rechts und links, von oben und unten einen Sturm entfesseln will, dominiert das Bild "Reede von Cuxhaven" von Wilhelm Heinrich Focke. Das Bild mit den unbeherrschbaren Elementen datiert von 1964 und fällt stilistisch damit etwas heraus aus der Aufbruchsstimmung der Kunst zu dieser Zeit, als Minimal Art oder Pop-Art ihren Siegeszug antraten. Trotzdem wirkt das Bild auf seine eigene Art wild.

Wer war Wilhelm Heinrich Focke?

Wilhelm Focke (1878–1974) stammte aus einer der bekanntesten Familien Bremens. Er war nicht nur Maler, sondern wie sein jüngerer Bruder Heinrich Flugpionier und Erfinder diverser Wasser-, Luft- und Strandfahrzeuge. Außerdem schrieb er Gedichte. Nach seinem Vater Johann Focke wurde das gleichnamige Museum für Landeskunde benannt. Wilhelm Heinrich Focke studierte Malerei in Düsseldorf, München und Weimar, war Meisterschüler des Historienmalers Arthur Kampf in Berlin. Er kannte den Impressionisten Max Liebermann, der ihn beeinflusste, lehrte in Bremen Kunst, entschied sich dann aber für ein freischaffendes Künstlerleben, weil er sich so besser seinen Erfindungen widmen konnte. Sein Bruder Heinrich leitete derweil die Firma, die Focke-Wulf-Werke. Bilder von Wilhelm Heinrich Focke finden sich auch in der Kunsthalle Bremen und, natürlich, im Focke-Museum.

Was hat es mit der "Reede von Cuxhaven" auf sich?

Das Bild ist dominiert von Bewegung. "Es ist unglaublich stimmungsvoll, der Himmel nimmt einen großen Raum ein und spiegelt sich im Wasser", beschreibt es Angela Tietze von der Städtischen Galerie. Der Einfluss der Impressionisten ist nicht zu übersehen. Max Liebermann hatte übrigens viel Lob übrig für den Kollegen Focke. Er könne Pferde nicht so zeichnen wie dieser, habe Liebermann einmal über den Bremer gesagt, erzählt Angela Tietze. Tatsächlich ist auch auf dem 1964 entstandenen Bild eine Kutsche zu sehen mit einem Pferd davor – geradezu winzig nimmt sie sich allerdings vor dem Hintergrund der übermächtigen, weitläufigen Landschaft aus. Gemeinsam mit den mittig platzierten Schiffen bildet die Kutsche quasi einen ruhigen Ankerpunkt für das Auge; gleichzeitig markiert sie die Größenverhältnisse. Denn Himmel, Wasser und Erde gehen in einem "absolut wilden Gestrichel ineinander über; das ist ein sehr radikales Bild", findet Ingmar Lähnemann, Leiter der Städtischen Galerie. Motive aus der Natur waren Wilhelm Focke übrigens die liebsten.

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Was ist noch besonders an dem Bild?

Nicht nur die Vorder-, auch die Rückseite hat etwas zu bieten: Dort ist ein Zettel angeheftet mit einem der Gedichte Fockes, in dem es um die Stimmung an der Küste geht: "Schon spielen die Maschinen/ tief gähnend zwischen Pier und Bord" hat er handschriftlich notiert, auch von Delfinen ist die Rede. Das Wort "Weltverkehr" ist außerdem auf den Rahmen geschrieben.

Wofür ist Wilhelm Focke noch bekannt?

Focke lehnte die Politik der Nationalsozialisten ab und zog sich während dieser dunklen Zeit ins Private zurück. Eine Rolle dabei wird auch gespielt haben, dass er homosexuell war. Berichtet werde über Focke auch, dass er seiner Umwelt gegenüber eher skeptisch und pessimistisch eingestellt war, so Angela Tietze. Aber: "Mit 70 Jahren hat er sich dann noch mal gewandelt und sich eine positive Grundeinstellung zugelegt. Und dann hat er ja noch 26 Jahre gelebt." Kleiner Funfact: Focke war ein großer Fußballfan. Er hat nicht nur selbst gespielt, sondern während seiner Zeit an der Kunstakademie in München den FC Bayern München mitgegründet.

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