Freudig strahlend sitzt Nadja Quante in ihrem frischbezogenen Büro im Künstlerhaus. Und das, obwohl sie gleich mit einer Erkältung in ihren neuen Job in Bremen gestartet ist. Das kann schon mal passieren, wenn man neu im windig-kalten Norden ist, mittlerweile ist die Neubremerin aber wieder fit und startklar für ihre neue Herausforderung: Seit dem 1. Februar ist Nadja Quante die neue Künstlerische Leiterin des Künstlerhauses Bremen. Die 40-Jährige übernimmt den Posten von ihrer Vorgängerin Fanny Gonella, die mittlerweile die Leitung der Institution FRAC Lorraine im französischen Metz übernommen hat.
Die in Leverkusen geborene Nadja Quante lebte und arbeitete die vergangenen zwei Jahre als freie Kuratorin, Autorin und Redakteurin in Berlin, wo sie unter anderem auch an einem Projekt zu kolonialen Vermächtnissen an der ifa-Galerie – Institut für Auslandsbeziehungen – beteiligt war. Zuvor studierte sie Angewandte Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Kunst- und Bildwissenschaften an der Universität Lüneburg und arbeitete von 2008 bis 2015 als Projektleitung und kuratorische Assistenz für den badischen Kunstverein in Karlsruhe. Hier koordinierte sie zahlreiche Ausstellungen und hatte für mehr als ein Jahr die Interims-Geschäftsführung inne.
Schwerpunkt soll auf gesellschaftsrelevanten Themen liegen
Ein bisschen Zeit, um sich in ihrer neuen Heimat einzuleben, hat Quante noch. Ab dem 9. März präsentiert erst einmal Tim Reinecke, erfolgreicher Stipendiat des einjährigen Bremer Atelier- und Arbeitsstipendiums, seine Arbeit in einer Abschlussausstellung im Künstlerhaus. Die erste von Quante kuratierte Ausstellung wird Ende Juni im Künstlerhaus zu sehen sein. „Es ist eine Gruppenausstellung, die sich mit dem Thema Scham befasst“, sagt Quante. Ein Thema, das durch Debatten wie #MeToo gerade wieder an Aktualität gewinnt. Allgemein soll der Schwerpunkt von Quantes zukünftiger kuratorischer Arbeit implizit auf gesellschaftsrelevanten – insbesondere feministischen und queeren – Fragestellungen und transdisziplinären Herangehensweisen liegen. „Als Kulturwissenschaftlerin sind das die Dinge, die mich besonders interessieren“, sagt sie. Immer wieder zeigen Zahlen, auch in Bezug auf Ausstellungen weiblicher und männlicher Künstler, bis heute bestehende Ungleichgewichte auf. Quante will aber, wie sie betont, in Zukunft weder ausschließlich auf weibliche Künstlerinnen setzen, noch eine Quote einführen. „Auch wenn ich denke, eine Quote könnte hier und da helfen“, sagt sie.
Die Ausstellung zum Thema Scham soll sich unter anderem damit beschäftigen, wie Scham in etwas Positives verwandelt und durch sie ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt werden kann. Sie soll in unterschiedlichen Formen und in verschiedenen Städten gezeigt werden. Nach Köln ist Bremen im Juni die zweite Station. Im Herbst wird es außerdem eine Einzelausstellung der Foto- und Videokünstlerin Alina Schmuch geben, die sich in ihren Arbeiten mit architektonischen und sprachlichen Strukturen von Arbeitsumgebungen auseinandersetzt.
"Ich bin neugierig auf Bremen"
„Das Künstlerhaus hatte in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Programm“, betont Quante. An die bisherige Konzentration auf Einzelausstellungen und erste institutionelle Präsentationen in Deutschland will sie anknüpfen und durch nationale und internationale Kooperationen mit anderen Institutionen auch Neuproduktionen ermöglichen. Aber natürlich will sie einige Dinge auch neu denken: Geplant ist laut Quante zum Beispiel ein partizipatorischer Workshop mit den Mitarbeitern des Künstlerhauses, in dem es darum gehen soll, den Eingangsbereich in die Ausstellungen attraktiver zu gestalten. „Ich komme nicht hier her und sage: Ich mache jetzt dies und das besser“, betont die neue Leiterin. „Ich will die Menschen, die hier arbeiten, und ihre jahrelange Erfahrung mit einbeziehen.“
Viele weitere Pläne habe sie noch im Kopf. „Mir ist es aber wichtig, erst einmal das Bremer Publikum kennenzulernen“, betont Quante. „Dadurch werden sich sicher noch neue Ideen ergeben.“ Dass Bremen weitaus kleiner ist als Berlin, sieht Quante dabei als Vorteil. „Bremen ist eine spannende Stadt und ihre Größe sowie die Größe vieler Institutionen ermöglichen es, einen engen Kontakt zum Publikum aufzubauen“, sagt sie. „Ich bin neugierig auf Bremen und freue mich darauf, bisherige Kooperationen mit anderen Institutionen fortzuführen und zu vertiefen.“
Doch nicht nur auf die Bremer Kunstszene ist Quante gespannt. Zu ihren privaten Interessen gehört auch die Musik. „Es kann sein, dass sich auch das irgendwann hier im Programm niederschlägt“, sagt sie. Aber das sei noch Zukunftsmusik.