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Martin Grubinger beim Musikfest Was für ein wunderschöner Lärm

Mit einem Geschenk an die Bremerinnen und Bremer endete das 32. Musikfest am Sonnabend. Martin Grubinger und The Percussive Planet Ensemble spielten umsonst und draußen auf dem Marktplatz.
19.09.2021, 14:11 Uhr
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Was für ein wunderschöner Lärm
Von Iris Hetscher

Nachdem das Publikum in der Glocke am Freitagabend einen famosen Abschluss-Abend mit Teodor Currentzis, dem SWR-Symphonieorchester und Yulianna Avdeeva genossen hatte, sprühte das 32. Musikfest Bremen am Sonnabend noch ein Sahnehäubchen aufs diesjährige Programm. Umsonst, draußen und dann auch noch in der grandiosen Kulisse des Marktplatzes lautete das Motto. Eigentlich war das schon geplant für das 31. Musikfest, das 2020 aber aus den bekannten Gründen nicht stattfinden konnte.

Der österreichische Perkussionist Martin Grubinger, sehr gern gesehener Gast in Bremen, spielte gemeinsam mit fünf Schlagwerk-Kollegen, dem  Percussive Planet Ensemble, "Pléïades" von Iannis Xenakis (1922-2001). Der griechische Komponist hat sich bei seinem 1979 geschriebenen Werk von dem gleichnamigen Sternbild inspirieren lassen, zu dem, je nach Sichtweise, mal sechs, mal sieben Planeten zählen. Die Aufführung auf dem Marktplatz solle auch eine Verbeugung vor Bremen als Luft- und Raumfahrt-Standort sein, so der Pressetext des Musikfests dazu.

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Xenakis hat sechs Ausführende vorgesehen, in Bremen traten Grubinger und seine Kollegen Alexander Georgiev, Richard Putz, Gregor Resch, Slavik Stakhov und Valentin Vötterl ganz in Schwarz um kurz nach 20 Uhr hinter ihre Marimbafone. Damit bei der komplexen zeitgenössischen Komposition auch alle wissen, wohin die Reise geht, erklärte Grubinger zu Beginn kurz die vier Sätze. Dann legten sie los mit dem ersten Satz, der sich auf den Marimbafonen abspielte, so muss man es wohl formulieren. Wie ein Stimmengewirr wirkten die unterschiedlichen Motive, die mal auf ein Unisono zuliefen, sich dann wieder auseinanderdividierten. Gefordert sind hier sechs Solisten, die sich ständig miteinander verständigen müssen. Kein Problem für Grubinger und seine Truppe.

Wie bei vielen zeitgenössischen Kompositionen, steht der Klang an sich im Mittelpunkt von "Pléïades", wie ein Wesen, dem es nahe zu kommen, das es zu erforschen gilt. Wenn man möchte, kann man dies natürlich auch auf den Kosmos beziehen, man kann aber auch einfach nur zuhören. Dieses Forscher-Ansinnen ist, wie einem Schlagwerkensemble nicht anders zu erwarten, getrieben von Energie, Rhythmus und von Dynamik, also dem Spiel mit der Lautstärke. Die ist manchmal, vor allem im zweiten Satz, geradezu ohrenbetäubend.

Das Sextett spielte auf sogenannten Sixxen, das sind von Xenakis entworfene Metallinstrumente mit einem Klang zwischen Vibrafon und Glocke. In den verhalteneren Stellen erinnerte das an die hypnotische Musik buddhistischer Klöster. Wurde es lauter, überwältigte einen die schiere Attacke – wie in einem Meteoritenhagel. Dann wieder verschmolzen Themen und Nebenthemen zu Klangwolken, die auch mal optimistisch im 4/4-Takt begannen, sich dann aber in alle Richtungen entwickeln, nachhallen, auch mal leise vor sich hingrummelten. Von Pianissimo bis Fortissimo war alles dabei, was die Lautstärkeskala so hergibt.

In der "Melange" und schließlich dem "Finale", den beiden folgenden Sätzen des knapp 45 Minuten langen Werks, kamen dann auch Trommeln, Pauken, Tomtoms zum Einsatz. Gerade im letzten Teil steigerte sich das Zusammenspiel zum musikalischen Ritual, das vor Intensität schier zu bersten drohte. Natürlich forderte das Publikum mit Standing Ovations Zugaben. Einen Ausschnitt aus "The Wave" von Keiko Abe gab es, und, ganz spontan, einen Ragtime, bei dem man sich den dazu passenden Slapstickfilm als Kopfkino gut vorstellen konnte. Wie sang schon Neil Diamond: Was für ein wunderschöner Lärm - what a beautiful noise.

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