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Dom-Museum renoviert Die Schatzkammer der Bremer Kirchengeschichte

Das Dom-Museum hat renoviert. Heller, farbenfroher und informativer will es sein. Neben Audio- und Filmstationen gibt es aber auch Altbewährtes zu sehen, zum Beispiel eine legendäre Bibel.
23.07.2021, 12:10 Uhr
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Die Schatzkammer der Bremer Kirchengeschichte
Von Simon Wilke

Die Geschichte des Dom-Museums beginnt mit kalten Füßen. Zumindest liegt dieser Schluss nahe, wenn man weiß, wie es sich ergab, dass heute in den Räumlichkeiten des Museums 800 Jahre alte Gewänder aus Seide, Ringe oder Abendmahlkelche zu sehen sind. Die kamen nämlich beim Bau einer Fußbodenheizung in den 1970er-Jahren ans Tageslicht, aus den Gräbern von Bischöfen, die einst unter dem Boden des Doms beigesetzt worden waren. Deren sterbliche Überreste haben mittlerweile eine letzte Ruhestätte gefunden, die gehobenen Schätze aber werden im frisch renovierten Museum des Bremer St. Petri Doms ausgestellt.

Dass hier nicht nur Altes konserviert, sondern sich auch neu ausgerichtet wird, sehen Besucherinnen und Besucher auf den zweiten Blick, im Obergeschoss des Museums. Das erste, was dort auffällt: Es ist heller geworden. Nicht etwa, weil die Fenster vergrößert oder die Beleuchtung verstärkt, sondern weil der Holzfußboden abgeschliffen wurde. Wo Gemälde an den Wänden hängen, findet sich neuerdings ein kräftiges Rot oder ein strahlendes Türkis im Hintergrund. Das akzentuiert und wirkt modern. "Und wir freuen uns sehr darüber", sagt Museumskustodin Henrike Weyh, "wenn das ist auch nicht der Grund sein mag, weshalb man ins Museum geht."

Eine Bibel mit Schussverletzung

Das stimmt, dazu braucht es mehr. Obwohl so eine Renovierung alles andere als ein Klacks ist, erst recht, wenn man jahrhundertealte Exponate nicht der Gefahr aussetzen möchte, von Schleifstaub bedeckt oder von Farbspritzern getroffen zu werden. Es musste daher zunächst einmal verhüllt, verrückt und verschoben werden.

Von links nach rechts, von vorne nach hinten und zuletzt wieder alles zurück an seinen angestammten Platz. "Am dramatischsten war es, die Vitrine umzustellen, in der unsere Bibel mit dem Brandloch liegt", sagt Weyh. Dieses Loch, so sagt die Legende, entstand, als im Dreißigjährigen Krieg eine Kugel in den Einband einschlug. Ob das stimmt? Wer weiß das schon. Manche Legenden sind zu schön, um sie einem Faktencheck zu unterziehen. Jedenfalls: Diese Bibel verliert bei der kleinsten Bewegung Partikel, was nichts anderes heißt, als dass die verkohlten Seiten zu Asche zerfallen. Aber jetzt liegt sie wieder an ihrem Platz – der Hin- und Rückzug ist glimpflich verlaufen. Ein Blick reicht jedoch, um zu ahnen, wie heikel die Angelegenheit gewesen sein muss.

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Die eigentliche Erneuerung allerdings, und damit der angesprochene Besuchsgrund, war keine Sache von Monaten, sondern die Arbeit von Jahren. Sie konnte zuletzt allerdings besonders vorangetrieben werden. Jetzt oder nie, das war das Motto, und Besucherinnen und Besucher künftig besser zu führen, "an die Hand zu nehmen", der Auftrag. Daher finden sich nun in den Abteilungen Erklärtafeln, die beispielsweise mit Landkarten deutlich machen, welchen Einfluss das Erzbistum Bremen für die christliche Missionierung und die kulturelle Entwicklung Nordeuropas hatte.

Wie groß dieser Einfluss war, liest man auf ihnen nun auf den ersten Blick: "Das Rom des Nordens", so wurde Bremen vor rund eintausend Jahren genannt. Es war so bedeutend, dass Erzbischof Adalbert sogar auf die Papstwürde verzichtet haben soll, um in Bremen zu bleiben, erklärt Detlev Gross, der Vorsitzende der Stiftung Bremer Dom, die das Museum betreibt.

Wie Katholiken diskriminiert wurden

Die Rolle der katholischen Kirche in Bremen nimmt ebenfalls einen Themenschwerpunkt ein. An der neu eingerichteten Audiostation, bei der das Rundfunkmuseum mithelfen konnte, wird exemplarisch auf die Geschichte eines belgischen Wirtschaftsflüchtlings eingegangen, dem wegen seines Glaubens das Bürgerrecht verwehrt wurde. Um zumindest eine Art Bürger zweiter Klasse zu werden, was nötig war, um heiraten zu dürfen, musste der Katholik einen reformatorischen Huldigungseid schwören. Den Text des Eides schrieb er jedoch heimlich um, das sieht, wer das ausgestellte Objekt genau anschaut. Aus "Gott und sein heiliges Wort" wurde "Gott und alle seine Heiligen". Der Name des rebellischen Mannes: Joseph Johan Hachez, ein Vorfahre des gleichnamigen Chocolatiers und Beispiel dafür, was aus Zuwanderern in Bremen werden kann, findet Detlev Gross.

Vieles ist geblieben wie es war im Dom-Museum. Weil es einfach gut ist, so wie es ist, oder aber weil es schlicht zu gefährlich wäre, es den Umständen einer Renovierung auszusetzen. Das gilt vor allem für die eingangs erwähnten Bischofsgewänder. Die liegen in einem abgedunkelten Raum, jedes in einer eigens klimatisierten Vitrine, geschützt gegen UV-Strahlung und Feuchtigkeit und sämtliche erdenklichen äußeren Einflüsse, die den mittelalterlichen Stoffen zusetzen könnten. Aber vieles ist auch neu im Dom-Museum. Farben und Böden, Tafeln, Stationen und die Filmvorführung, die die spektakuläre Ausgrabung dokumentiert, deren Funde später das Museum gefüllt haben. Nur Schätze, die hat man bei dieser Renovierung nicht entdeckt.

Info

Immer freitags und sonnabends bietet die Bremer Touristik Zentrale Führungen im St. Petri Dom an. Die kommenden Termine: Sonnabend, 24. Juli, 12.30 Uhr (Dom), Freitag, 30 Juli, 12.30 Uhr (Dom und Bleikeller) sowie 14 Uhr (Dom-Museum). Anmeldung per Mail an info@bremen-tourism.de oder telefonisch unter 0421/3080010.

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