Zu Beginn ist viel Atmosphäre. Ein Rauschen, ein Flirren, die schräg zugeschnittene Bühne mit dem weißen Untergrund vor weißer Leinwand bleibt minutenlang leer – die acht Tänzerinnen und Tänzer der Unusual Symptoms bewegen sich langsam aus dem Zuschauerraum dorthin. Zögerlich bilden sie eine skulpturenhafte Gruppe und bewegen sich tastend vorwärts – einen Fuß vorsichtig ins Nichts gestreckt.
So beginnt "Dawn" (Morgenröte), ein Stück, das die Unusual Symptoms gemeinsam mit der finnischen Choreografin Milla Koistinnen erarbeitet haben, und das am Freitagabend Premiere im voll besetzten Kleinen Haus des Theaters feierte. Mit dabei: emeka ene, Gabrio Gabrielli, Eli Hooker, Maria Pasadaki, Nora Ronge, Waithera Lena Schreyeck, Young-Won Song und Csenger K. Szabó. Sie zeigen kein erzählerisch angelegtes Tanztheater, sondern über weite Strecken eine minimalistische, meditative, manchmal auch rätselhafte Performance. Das Ensemble erkundet gemeinsam mit dem Publikum eine Stunde lang, auf welche Weise Hoffnung im Leben von Menschen eine Rolle spielt.
Dabei geht es weniger um Hoffnung als philosophisches Konzept, sondern ganz plastisch um das permanente Hoffen auf einen besseren Alltag – und das Enttäuschtsein, wenn diese Erwartung zerbirst. Weil es mitunter schwierig ist, sich gegenseitig Hoffnung zu geben, sich zu kümmern oder zu trösten. Oder einen ersten Schritt zu wagen.
Erschöpftes Hinsinken
Die acht Tänzerinnen und Tänzer sind dabei in einer angedeuteten archaischen Arbeitssituation zu sehen. Der allem zugrunde liegende Bewegungsablauf ist ein manisches, abruptes Ziehen und Zerren, das vielleicht ein Pflügen sein könnte, und außerdem ein Herumrutschen auf dem Boden.
Nie sind sie synchron, jeder müht sich für sich ab. Das endet oft in langen statischen, wie eingefroren wirkenden Phasen oder im erschöpften Hinsinken. Dann nehmen sie sich in den Arm, summen oder singen gemeinsam im Chor, manchmal wagen sie einen ungeordneten Ringelreihen. Das wirkt mitunter etwas willkürlich, und es wird jeweils zu lange ausgekostet, fast, als befände man sich noch in der Probenphase. Hier wäre ein bloßes Andeuten deutlich mehr gewesen.
Unterbrochen wird das Geschehen von einem kurz in unterschiedlichen Farben aufleuchtenden kleinen Rechteck auf der Leinwand (Licht: Ladislav Zajac) – eine Morgenröte, die die Hektik der Gruppe eher verstärkt denn eine Verheißung auf eine harmonischere Zeit darstellt. Das Symbol der Hoffnung, auf einen neuen Tag mit einem Neubeginn ist hier eher ein weiterer Stressfaktor; vor allem als auch noch ein wummernder Beat hinzukommt (Musik: Paul Valikoski).
Es dauert lange, eher aus dieser Performance mit Tanzelementen dann doch noch körperbetontes Tanztheater wird. Kurz vor Schluss überzeugt beispielsweise Waithera Lena Schreyer mit einem furiosen Solo, dann rennen alle ungeordnet durcheinander und verschwinden wieder im Publikum. Viel Applaus, auch fürs Team.