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Theater Bremen Junge Akteure interpretieren "Alice im Wunderland" neu

Der verrückte Hutmacher, die Grinsekatze, Dideldum und Dideldei - sie alle sind dabei, wenn die Jungen Akteure im Theater Bremen zu "Alice im Wunderland" laden. Lohnt sich der Besuch?
21.01.2024, 15:35 Uhr
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Junge Akteure interpretieren
Von Alexandra Knief

Es gibt wohl kaum jemanden, der von dieser Geschichte noch nie etwas gehört hat: "Alice im Wunderland", 1865 von Lewis Carroll veröffentlicht und im Laufe der Jahre mehrfach verfilmt und als Serie adaptiert. Eine Geschichte über ein junges Mädchen, das einem Kaninchen in sein Loch folgt und sich in einer absurden Welt wiederfindet, in der eigentlich nichts wirklich einen Sinn ergibt. Nun haben sich auch die Jungen Akteure des Theater Bremen an den skurrilen Stoff gewagt. Lohnt sich der Besuch?

Der Inhalt: Die Bühnenversion von Roland Schimmelpfennig weist zwar zahlreiche Parallelen zu der Originalgeschichte auf, unterscheidet sich aber auch von ihr. Im Theater Bremen plumpst Alice – oder man sollte lieber sagen: die vier Alices – direkt ins Wunderland. Ohne Schwester, die ihr vorliest, ohne das weiße Kaninchen zu verfolgen. Nach und nach finden sich alle vier Alice-Darstellerinnen im Wunderland wieder, ein entsprechender Sound verdeutlicht ihren Fall. Und dann geht er auch schon los, der wilde Ritt, während dem Alice auf Figuren wie den verrückten Hutmacher, die Herzkönigin, den Märzhasen und die Grinsekatze trifft. 

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Das Bühnenbild: Fast 200 Quadratmeter blauer Himmel, überzogen mit leichten Wolken im Brauhaus? Man mag es kaum glauben, aber das passt. Imke Paulick hat ein fantastisches Bühnenbild erschaffen, bei dem Wände und Boden aus Himmel bestehen und nur von drei weißen Türen unterbrochen werden, durch die Alice immer wieder in eine neue absurde Welt mit skurrilen Figuren gelangt. Auch für die fantasievollen Kostüme zeichnet Paulick verantwortlich: Hasen tragen glitzernde Masken oder einem Motorradhelm auf dem Kopf, die Grinsekatze mit schillerndem Rock, Sonnenbrille und – natürlich – ultralangen Krallen ist an Coolness kaum zu übertreffen. Ein flauschiger Plüschmantel in Spiegelei-Optik trifft auf stachelige Anzüge, hautenge, neongrüne Kostüme, lange Leopardenkrallen, einen Hummer und eine Frisur mit viel zu langem Regenbogen-Pony. Großartig. 

Die Jungen Akteure: Gleich zwölf junge Darsteller und Darstellerinnen beleben das Wunderland und verschaffen ihrem Publikum bei der Premiere am Freitag ein absurdes, mal urkomisches, mal verwirrendes Theatererlebnis. Ege Laleci und Ali Arslan haben einen unglaublich witzigen Auftritt als Dideldum und Dideldei, die als etwas verpeilte Türsteher agieren, Manyima Sanneh mimt eine majestätische Grinsekatze mit Diva-Attitüde. Rosa Voelzke, Hannah Willker, Yelda Dinc und Melanie Yüksel wechseln sich als Alice ab und geben ihr – mal tough, mal ängstlich – alle ihre ganz eigenen Emotionen mit auf die Reise. Das gesamte Ensemble überzeugt durch seine Vielseitigkeit, seine übersprudelnde Energie und ein Spiel, das von völliger Überdrehtheit bis hin zu vorsichtiger Zurückhaltung die ganze Bandbreite abdeckt. 

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Hintergrund: Die Geschichte von Alice ist im Grunde eine Coming-of-Age-Geschichte, die klarmacht, dass Erwachsenwerden nicht immer einfach ist und verwirrend sein kann. Alice findet sich in einer Welt wieder, die für alle anderen normal zu sein scheint und nur für sie keinerlei Sinn ergibt. Immer wieder steht sie zudem vor der Frage, wer sie eigentlich ist. Einer Frage, auf die man als Teenager vielleicht noch keine Antwort hat, sich aber zunehmend gedrängt fühlt, schnellstmöglich eine zu finden. Die Figuren um sie herum haben stets schlaue Ratschläge parat, die für Alice aber gar nicht so schlau klingen. Welcher Heranwachsende kennt das nicht von den Erwachsenen aus seinem Umfeld?

Jeder Mensch weiß, wie es ist, sich falsch und irgendwie fehl am Platz zu fühlen. Dem Ensemble gelingt es, dieses Gefühl von Unsicherheit, von Fremdheit, von Verwirrung greifbar zu machen. 

Fazit: Die Jungen Akteure haben Carrolls Geschichte unter der Regie von Natalie Forstman und der Dramaturgie von Marianne Seidler in ein Wunderland verfrachtet, dass gut und gerne auch dem Kopf von Kult-Regisseur David Lynch entsprungen sein könnte. "Twin Peaks" lässt grüßen. Manche Figuren aus Carrolls Geschichte erkennt der Zuschauer sofort wieder, an anderer Stelle gibt es mehrere Interpretationsmöglichkeiten. So oder so lebt die Inszenierung genau dadurch, dass nicht immer alles logisch und sofort greifbar ist. Das Publikum reist gemeinsam mit Alice durchs Wunderland, immer neugierig darauf, was wohl als Nächstes kommt. Eine Theater-Stunde, die viel zu schnell vorbeigeht und den Zuschauer – egal, ob schon erwachsen oder noch nicht – in eine Welt entführt, die zusammen mit dem Song "Creep" von Radiohead noch lange nachhallt. 

Info

"Alice im Wunderland" im Bauhaus am Theater Bremen. Ab 14 Jahren. Alle Termine im Januar sind bereits ausverkauft. Eintrag auf Warteliste möglich. Mehr unter www.theaterbremen.de.

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