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Übersee-Museum Blicke zurück und Blicke nach vorn

Seit zehn Jahren stellt sich auch das Übersee-Museum die Frage, woher die Objekte in seinen Sammlungen stammen und wie sie nach Bremen gelangt sind. Zeit für eine Bilanz - und einen Ausblick.
15.11.2022, 16:21 Uhr
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Blicke zurück und Blicke nach vorn
Von Iris Hetscher
Inhaltsverzeichnis

Das frisch erschienene Jahrbuch des Übersee-Museums widmet sich einem Thema, für das sich der Fachbegriff Provenienz eingebürgert hat. Dieser Begriff, für den es keine treffende deutsche Übersetzung gibt, umfasst die Forschung zur Herkunft von Objekten in den Sammlungen von Museen. Die Fragestellung lautet: Woher kommen sie, und wie sind sie in die Magazine und Ausstellungen der Häuser gelangt? Der 19. "Tendenzen"-Band, erhältlich im Shop des Museums, fasst dazu die Forschung der vergangenen zehn Jahre zusammen. Er richtet sich ausdrücklich auch an interessierte Laien. Herausgegeben wird er von Wiebke Ahrndt, Direktorin des Übersee-Museums, und Jan Christoph Greim, Leiter der Abteilung Handelskunde und der Provenienzforschung.

Zehn Jahre in einem Buch

Objekte, die aus den ehemaligen Kolonien nach Bremen gelangt sind, und Objekte, die in der Zeit des Nationalsozialismus erworben wurden, stehen im Mittelpunkt der in dem Band versammelten Aufsätze. Es geht beispielsweise um "die Bedeutung kaufmännischer Netzwerke für das Übersee-Museum", um "Das Kolonialmuseum des Ludwig Roselius" oder um "Schädelsammlungen in der 'Deutschen Südsee'" und "Vorbereitungen zur Heimkehr".

Was aus der Forschung folgen kann

"Rückgabe ist ein Anfang" - diesen Satz, der 2017 bei der Rückführung menschlicher Überreste an die Maori und Moriori an das Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa in Wellington (Neuseeland), gefallen ist, zitierte Wiebke Ahrndt beim Pressegespräch. Er ist für sie ein Schlüssel für die Zusammenarbeit mit den Herkunftsgesellschaften. Denen gehe es nicht immer unbedingt nur oder überhaupt um Rückgabe. Bei den 18 Benin-Bronzen, die das Museum beherbergt und die höchstwahrscheinlich geraubt wurden, sei noch lange nicht geklärt, ob Nigeria alle zurückhaben wolle. Oder ob das Land sie als Leihgaben zur Verfügung stelle, damit die Geschichte Benins auch in Bremen erzählt werden könne.

Eine andere Art von Dialog

Beim Dialog mit den Herkunftsgesellschaften gehe es zudem oft nicht mehr ausschließlich um die kulturelle Bedeutung der Objekte. Beim Besuch des Lamido aus der kamerunischen Stadt Tibati habe dieser Interesse an einer anderen Art von Unterstützung bekundet, die bisher eher in entwicklungspolitischen Zusammenhängen gesehen wurde, so Ahrndt. Wichtig seien ihm eher die Themen Landwirtschaft und Bienenzucht. Hier sehe sich das Museum als Vermittler. Was letztlich passiere, müssten die Stadt Bremen und der Staat Kamerun verhandeln, so Ahrndt. Laut Ahrndt, die auch Vorsitzende des Deutschen Museumsbunds ist, werde ein derart alternativer Ansatz noch nirgendwo verfolgt - Bremen könnte Vorreiter sein.

Neues Projekt gestartet

Mehr als 700 Objekte aus der Provinz New Ireland in Papua Neuguinea stehen im Mittelpunkt eines Anfang November gestarteten Aufarbeitungsprojekts, das auf zwei Jahre angelegt ist. Geleitet wird es von der Provenienzforscherin Bettina von Briskorn, gefördert wird es durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste. Es gehe dabei vor allem um kunstvolle Schnitzarbeiten, die bei Sammlern beliebt waren, so von Briskorn. Bei vielen handele es sich um Gegenstände, die ursprünglich bei Trauerfeiern verwendet wurden; es sei ungeklärt, ob sie hinterher verkauft oder den Menschen abgepresst wurden. Teil des Projekts: Ein Meisterschnitzer aus New Ireland wird vier Wochen im Übersee-Museum forschen können.

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