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Konzert in Bremen Salut Salon: Höherer Blödsinn mit Musik

Ein magischer Abend mit Salut Salon in der Glocke: Musikalische Virtuosität trifft auf charmanten Humor. Was es mit dem Jubiläumsprogramm "Träume" auf sich hat.
01.03.2024, 15:59 Uhr
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Salut Salon: Höherer Blödsinn mit Musik
Von Iris Hetscher

Darauf hat Kristiina Rokashevich lange gewartet. Aber jetzt ist es so weit, sie schnippt mit den Fingern, spricht eine Zauberformel, und ihre drei Mitstreiterinnen verharren wie paralysiert neben dem Flügel. "Endlich ohne Streicher", triumphiert die Pianistin, setzt sich an ihr Arbeitsgerät und stimmt solo den Walzer aus dem Ballett "Dornröschen" von Pjotr Iljitsch Tschaikowski an. Ist dann so ganz allein aber doch irgendwie langweilig – erneutes Schnippen, und Angelika Bachmann (Geige), Alvina Lahyani (Geige) sowie Maria Well (Cello) werden wieder so richtig munter.

Gemeinsam nennen sich die vier Salut Salon und waren am Donnerstagabend in der ausverkauften Glocke zu Gast. Seit 2004 gibt es die Truppe, ihr Heimathafen ist Hamburg, Dreh- und Angelpunkt ist Angelika Bachmann, ansonsten wechselt die Besetzung. Derzeit sind sie auf Jubiläumstour, weil man nicht nur mit 17 noch Träume hat, wie einst Peggy March sang. Sondern auch mit 20. Und was für welche.

"Träume" vereint auf Schönste das, was das Quartett populär gemacht hat: höherer und sehr charmanter Blödsinn, gepaart mit virtuos gespielter Musik. Oder ist es umgekehrt? Egal. Die Bühne erinnert dezent an ein Himmelbett, mit langen weißen Gaze-Vorhängen, die mal zart, mal dramatisch beleuchtet werden. Davor entfachen die vier Musikerinnen ihre kurzweilige Show, bei der es keine musikalischen No-Gos gibt: Klassik, Filmmusik, Chanson, Volkslied, Jazz. Sie wechseln munter die Stile, sie sind in allen zuhause, mit einer Leichtigkeit, die nur gelingt, wenn man sein Instrument wirklich gut beherrscht. Ein Echo-Preis im Bereich "Klassik ohne Grenzen" war da nur logisch.

Jedes Werk ein Kabinettstückchen

Mit "Libertango" von Astor Piazolla als Auftakt kann man stimmungstechnisch sowieso gar nichts falsch machen, und der Schwung überträgt sich auf das sofort begeistert jubelnde Publikum. Salut Salon verwandeln jedes Werk in ein Kabinettstückchen: Beim "Zauberlehrling" von Paul Dukas werfen sie sich ein rotes Licht zu, an dem sich Kristiina Rokashevich pantomimisch verschluckt. Bei der wüsten "Märchenstunde" von Grigoras Ionica Dinicu schlägt zum Schluss, huch!, eine Flamme aus Maria Wells Cellobogen – echt feurig, diese Musik. 

Angelika Bachmann singt Donovans "Season of the Witch" mit wild aufgerissenen Augen, raunendem Blues in der Stimme und stapft dazu breitbeinig über die Bühne – während um sie herum Cello, Geige und Klavier einen Hexensabbat zelebrieren. Hexen als Traumgestalten sind sowieso ein Schwerpunkt des Programms, vom turbulent rezitierten "Hexeneinmaleins" Johann Wolfgang von Goethes bis zum versponnen-symphonischen Schmelz in John Williams' "Hedwig’s Theme" aus den "Harry-Potter"-Filmen, verfeinert durch die Klänge eines Mini-Xylofons. 

Die vier halten gekonnt die Balance zwischen den musikalischen und den durch Wort, Slapstick und Varieté geprägten Teilen ihrer Show, auch zwischen laut und leise. Es gibt grotesk-überdrehte Momente, wenn sie sich bei Angelika Bachmanns Eigenkomposition "Speaking Dream" (Sprechender Traum) auf einmal in einer gutturalen Fantasiesprache beschimpfen, fast handgreiflich werden. Und dann wieder ruhige Augenblicke, denn bei "Träume" darf auch "der einzige Mann, der uns seit 20 Jahren begleitet", nicht fehlen. Das ist Oskar, die adrett gescheitelte Handpuppe, die mal Xylofon spielt, mal Punkte aus einem Nickituch wegzaubert. 

Soziales Engagement

Auch mal nachdenklich wird die Stimmung in der Glocke. "Komm, großer schwarzer Vogel" des österreichischen Liedermachers Ludwig Hirsch ist ein Lied über das Sterben, ohne aber mit Angst aufgeladen zu sein. "Ich werd’ singen, ich werd’ lachen, ich werd’ .Das gibt’s nicht' schreien" schmettert Angelika Bachmann dem Publikum mit Inbrunst entgegen.

Ein Gänsehaut-Moment, der sich fortsetzt, als Bachmann über das soziale Engagement des Quartetts spricht. In Chile haben sie eine Musikschule für Kinder aus den Slums gebaut, an der Grenze zwischen Thailand und Myanmar mit Flüchtlingskindern musikpädagogisch gearbeitet. Nach dem Konzert wird im Foyer für diese Projekte gesammelt, und es flattern viele Scheine in den silbernen Eimer.

Doch zuvor gibt es Standing Ovations und daher eine Zugabe, die Salut Salon in ihrer ureigensten Art zeigt: im augenzwinkernden Wettstreit um den größten Spielanteil auf der Bühne. Antonio Vivaldis "Winter" artet in einen mit Bögen und Beinen ausgetragenen Kung-Fu-Kampf aus, um irgendwann irgendwie in "Bei mir bist Du schön" von den Andrew Sisters überzugehen. Mit einem Wiegenlied des georgischen Komponisten Sulkhan Tsintsadze schickt das Quartett sein Publikum nach Hause, süße Träume sind garantiert.

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