Kurt Zech kommt zu spät. Eine gute halbe Stunde, dass die Leute am Mittwochabend auf ihn warten. Ohne den Investor soll die Veranstaltung zur Zukunft der Innenstadt nicht anfangen. Zwischendurch beginnt sie aber trotzdem, anders als geplant. Kurzerhand nimmt Senatsbaudirektorin Iris Reuther das Zepter in die Hand und lädt die Teilnehmer im voll besetzten Saal im Haus der Wissenschaft nach vorne ein, wo die Modelle stehen. Sofort entbrennen Diskussionen über die einzelnen geplanten Projekte zwischen Wall und Weser: Lloydhof, Bremer Carree, Sparkassengelände am Brill, die verschiedenen Vorhaben von Christian Jacobs an der Langenstraße und der Obernstraße, kurz Balge-Quartier genannt. Und natürlich das Parkhaus-Mitte.
Zech, der doch noch eintrifft, will das Parkhaus kaufen, es abreißen lassen und die Fläche zusammen mit dem Karstadtgebäude und der Kaufhof-Immobilie unter der Überschrift „City-Galerie“ neu entwickeln. Vor knapp einem Jahr hatte der Senat sich beim Parkhaus für eine Direktvergabe entschieden. Bekommen soll es Zech. Soweit, so klar. Seitdem laufen die Verhandlungen.
Dass es immer noch keinen Abschluss gibt, hängt mit Faktoren zusammen, auf die Zech vielleicht ein wenig, die Stadt aber gar keinen Einfluss hat. Karstadt und Kaufhof sind die Kulisse. Was geschieht mit den beiden Unternehmen, nachdem sie fusioniert haben und dieser Zusammenschluss mittlerweile vom Bundeskartellamt genehmigt wurde? Zech hatte wiederholt betont, dass an dieser Stelle in der Innenstadt aus seiner Sicht für zwei Warenhäuser kein Platz ist, eines reiche. Die Fusion dürfte am Ende genau dieses Ergebnis haben. „Herr Zech“, fragt der Moderator, „jetzt könnte es doch losgehen, oder?“
Der Unternehmer weicht aus. Keine klare Aussage, ob der geplante große Wurf gelingen kann. Das war auch schon bei der sogenannten Ideenmeisterschaft so, als Zech und die Stadt im September während einer ganzen Woche Experten aus dem In- und Ausland zu Rate zogen. Vage Vorstellungen, mehr nicht. Oder sind die Erwartungen zu groß?
Lösungen in der Gegenwart
Im Publikum, das vom Beirat-Mitte eingeladen worden ist, sitzen Abgeordnete der Bürgerschaft. Robert Bücking von den Grünen berichtet von einer wachsenden Unruhe und Ungeduld in der Stadt. „Kann Zech sich mit Kaufhof einigen, und wenn ja, für was?“, fasst er die Gefühlslage zusammen. Claudia Bernhard von den Linken fordert Freiräume ohne Konsum und wirft die Frage auf, wer bei der Entwicklung der City das Sagen hat, die Bürger oder die Investoren. Ihre Antwort: „Die Deutungsmacht liegt bei der Stadt, die Investoren können sich einschleifen.“
Dieter Reinken von der SPD widerspricht: „Ich habe nicht den Eindruck, dass die Menschen den Eindruck haben, sie werden beim großen City-Plan von den Investoren über den Tisch gezogen, eher haben sie das Gefühl, dass wir es wieder einmal nicht hinkriegen.“ Der Abgeordnete klagt ungeachtet aller Konzepte für die Zukunft Lösungen in der Gegenwart ein: „Bevor wir uns in der Innenstadt über zusätzliche öffentliche Plätze unterhalten, sollten wir erst einmal solche Orte wie den Domshof, den Ansgarikirchof und den Hanseatenhof mit Leben füllen.“
Gegen Ende der Veranstaltung bricht es aus Kurt Zech förmlich heraus, ihm sind die Debatten über die Innenstadt viel zu stark auf seine Person bezogen: „Ich habe nur eine Idee angestoßen und bin völlig frei“, betont der Unternehmer, „ob nun ich das Parkhaus bekomme oder ein anderer, ist mir egal.“ Er wolle sich nicht zum Hauptverantwortlichen für die Innenstadt machen lassen. „Jetzt sind Sie dran“, wendet er sich an das Publikum, „warten Sie nicht auf mich.“
Zech plädiert dafür, nicht in Aktionismus zu verfallen und sich auch nicht vom Wahlkampf vor der anstehenden Bürgerschaftswahl treiben zu lassen. „Wissen müssen wir nur, dass die Innenstadt bald vollkommen anders aussehen wird“, mahnt er. Vor allem deshalb, weil die Welt des Handels im Zeitalter der Digitalisierung eine komplett andere werde. Die Konsequenz aus seiner Warte: Mehr Wohnen in die Stadt, mehr junge Leute, vielleicht ein Kongresszentrum und allemal kleinteilige Strukturen. „Die Zeiten, als von den Händlern große Flächen gesucht wurden, sind vorbei, die Zeit der hohen Mieten in der Obernstraße und der Sögestraße auch.“ Künftig, glaubt Zech, gibt es statt der Verkaufsläden mehr und mehr Showrooms, in denen die Ware präsentiert wird.