409 Prostituierte sind seit Oktober vergangenen Jahres in der Stadt Bremen angemeldet. Das geht aus einer aktuellen Senatsantwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Geschätzt wird, dass in der Stadtgemeinde Bremen 850 bis 950 Frauen und Männer im Sexgewerbe tätig sind. Das Prostituiertenschutzgesetz ist Anfang Juli 2017 in Kraft getreten, Bremen hatte bei der Umsetzung lange hinterher gehinkt.
Erst seit Oktober vergangenen Jahres können die verpflichtenden Anmeldungen erteilt sowie die ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Sozial-, Informations- und Gesundheitsberatungen angeboten werden. Die Behörde des damaligen Wirtschaftssenators Martin Günthner (SPD) hatte Personalprobleme für die Verzögerung bei der Umsetzung des Gesetzes verantwortlich gemacht. Für die Beratungsgespräche sind die Gesundheits- und Sozialbehörde zuständig.
Das Bundesgesetz soll die Situation von Frauen und Männern in der Prostitution verbessern und mehr Schutz vor Zwangsprostitution bieten. Deshalb sind auch die Betreiber von Prostitutionsstätten dazu verpflichtet, einen Erlaubnisantrag zu stellen. Mehr als 300 solcher Stätten soll es in der Stadtgemeinde Bremen geben. „Für die Stadt Bremen liegen 56 Anträge von Prostitutionsgewerben vor“, heißt es in der Senatsantwort. Bis zum 22. Juli dieses Jahres seien zehn Erlaubnisse erteilt worden. Die Betreiber müssen unter anderem ein Betriebskonzept vorlegen.
„Bisher wurden noch keine Erlaubnisse versagt“, gibt der Senat in der Antwort Auskunft. In der Stadt Bremen seien allerdings sechs Anträge nach Beratung und Hinweis auf fehlende Voraussetzungen und Zuverlässigkeit für die Erlaubniserteilung zurückgezogen worden. Die Bearbeitung sei aufgrund einer Vielzahl von gesetzlichen Vorgaben und der Überprüfung der Betriebskonzepte sowie deren Umsetzung vor Ort sehr umfangreich und zeitintensiv; für neue Erlaubnisanträge liege die Bearbeitungsdauer daher zwischen drei und sechs Monaten, bei „Altfällen“ sei sie länger.
Gesetzlich verpflichtende Kontrollen ab diesem Quartal vorgesehen
Kontrollen durch die Ordnungsbehörden zur Überwachung der Betriebe, wie sie das Gesetz ebenfalls zwingend vorschreibt, hat es nach Auskunft des Senats in Bremen noch nicht gegeben. Lediglich im Rahmen der Erlaubniserteilung seien 22 Überprüfungen erfolgt. Die gesetzlich verpflichtenden Kontrollen seien aber ab diesem Quartal vorgesehen. Bei solchen Kontrollen vor Ort soll dem Gesetz nach unter anderem überprüft werden, ob es Hygienekonzepte und ein Notrufsystem in den Etablissements gibt.
Laut der Antwort kommen die meisten Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die eine Anmeldebescheinigung erhalten haben, aus Rumänien (100), Deutschland (66), Bulgarien (58), Tschechien (27), Litauen (25) und Thailand (24). Eine statistische Erfassung nach Geschlecht, Alter, Bundesland des Wohnorts oder der Zustellanschrift sei nach wie vor nicht vorgesehen. Vor einem Jahr hatte sich die Grünen-Fraktion unter anderem danach erkundigt und damals massiv kritisiert, dass eine solche Erfassung nicht vorgesehen sei: Das ziele komplett am Sinn des Gesetzes vorbei. „Durch eine statistische Erfassung etwa der Staatsangehörigkeit könnten Trends abgelesen werden. Wenn es einen Zuzug aus bestimmten Ländern und Regionen gibt, könnten das potenzielle Anzeichen für eine Zwangsprostitution sein“, sagte der heutige Grünen-Fraktionschef Björn Fecker dem WESER-KURIER.
Eine Antwort, welche Betriebe ab diesem Quartal kontrolliert werden sollen, bleibt die aktuelle Senatsantwort schuldig: Auch dazu hatte es im Rahmen der Anfrage vor einem Jahr deutliche Kritik vom grünen Regierungspartner gegeben. Die zuständige SPD-Wirtschaftsbehörde hatte angekündigt, dass vorwiegend Etablissements kontrolliert werden sollten, über die Erkenntnisse vorlägen und für die kein oder noch kein Erlaubnisantrag gestellt worden sei. Fecker damals: „Das wundert mich ernsthaft. Es muss auch anlasslose Kontrollen von angemeldeten Betrieben geben.“