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Diverse Lösungen Mehrwegpflicht für Gastronomen: Warum ein bremenweites System fehlt

Um ihrer seit Jahresbeginn geltenden Verpflichtung nachzukommen, beim Mitnahmegeschäft auch Mehrwegverpackungen anzubieten, setzen Gastronomen auf diverse Lösungen. Ein einheitliches System ist nicht in Sicht.
09.01.2023, 05:00 Uhr
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Mehrwegpflicht für Gastronomen: Warum ein bremenweites System fehlt
Von Timo Thalmann

Nach Florian Stromburgs Ansicht kommt die Mehrwegpflicht für Gastronomen viel zu spät. „Das hätte in der Zeit der Corona-Lockdowns eingeführt werden müssen, als alle im großen Stil ihre Sachen nur zum Mitnehmen verkauft haben.“ Da seien durch all die Pappbecher, Tüten und Alu- und Styroporboxen schließlich ungeheure Müllberge produziert worden.

Aber erst seit diesem Jahr gilt die im Mai 2021 beschlossene Mehrwegangebotspflicht. Restaurants und Imbisse müssen nun jedem Kunden, der das wünscht, Mahlzeiten und Getränke in einem Mehrweg- oder Pfandbehälter mitgeben. Ausnahmen gelten nur für kleinere Anbieter mit weniger als fünf Mitarbeitern oder weniger als 80 Quadratmetern Fläche. Diese Anbieter müssen dafür Gefäße akzeptieren und befüllen, die die Kunden mitbringen. Die Ausnahme von der Ausnahme: Wenn die Verkaufsstätte Teil eines Filial- oder Franchise-Unternehmens ist, das insgesamt über dieser Grenze liegt, greift wieder die Mehrwegangebotspflicht.

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Für Stromburg zu kompliziert. „Das sollte einfach für alle gleich gelten.“ Dabei ist er gar kein Umweltaktivist, sondern selbst Gastronom. Am Flughafen sowie in der Überseestadt betreibt er zweimal das Mayapapaya. Bowls, Wraps und Suppen sind sein vor allem zu Mittagszeiten gefragtes Angebot. „Ich glaube, für uns würde die Vorschrift gar nicht greifen“, sagt er, sieht sich aber trotzdem in der Pflicht, weil nahezu die Hälfte seiner Kundschaft ihr Essen mitnimmt. „Ich hab während Corona überall diese überquellenden Mülleimer gesehen, daran wollte ich mich nicht mehr beteiligen.“

Stromburg setzt bei seinen Mehrwegverpackungen auf Vytal, ein Kölner Anbieter, der bundesweit aktiv ist. Die Verpackung aus Bremen kann man also auch in München oder Berlin abgeben. In Bremen nutzen inzwischen mehr als 50 Gastronomen das System. Aus Kundensicht besonders praktisch: Vytal kostet kein Pfand. Dafür muss man es nach spätestens 14 Tagen abgeben, um keine Strafgebühr von zehn Euro zu bezahlen. Damit das kontrolliert werden kann, muss sich jeder Nutzer bei Vytal einmalig anmelden. Nimmt er das Mehrweggeschirr mit, wird das per QR-Code auf den Boxen registriert. „Das funktioniert im Grunde wie eine Leihbücherei“, sagt Stromburg, inklusive Gebühr bei verspäteter Rückgabe. Für ihn als Gastronom rechne sich das System wiederum, weil er pro Ausleihe zwar jedes Mal einen Cent-Betrag bezahle, der aber unter den Kosten für eine Einwegverpackung liege. „Eigentlich spricht überhaupt nichts gegen so eine Lösung“, findet Stromburg.

„Das Ganze ist mir zu erklärungsbedürftig“, sagt dagegen Oliver Trey, Vorsitzender der Bremer Gastro Gemeinschaft. Und der Kunde muss sich wieder irgendwo per Smartphone registrieren, was ja auch nicht jeder wolle oder könne. Trey hält darum die klassische Pfandlösung für die beste Variante. „Das kennt man von Bierflaschen, inzwischen auch von Bechern und Gläsern auf vielen Veranstaltungen und niemand muss sich irgendwo registrieren.“ Für seinen eigenen Laden Little Butcher in Findorff hat er darum jetzt einfach Mehrwegverpackungen gekauft. „Allerdings hat der Außer-Haus-Verkauf bei uns auch kaum Bedeutung“, sagt er. Das gelte überhaupt für die meiste Gastronomie, vor allem am Abend. „Die Leute kommen ja extra zu uns, um nicht zu Hause zu essen.“

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Frank Hergemröther setzt als Betriebsleiter des Woyton in der Innenstadt ebenfalls auf das klassische Pfandmodell. Das kenne man, das funktioniere. Die fünf Euro für seine Dosen würden klaglos akzeptiert. Allerdings sei das System lange vor der Einwegpflicht etabliert worden, sodass Kunden und Woyton sämtliche Lernkurven schon genommen haben. Außerdem schätzt er seinen Stammkundenanteil auf bis zu 70 Prozent. „Die Leute geben ihre Dose inzwischen einfach wieder ab und gehen mit einer neuen raus, ohne dass jedes Mal Geld hin- und herwandert.“ Schwierig werde der Pfandbetrag ja immer dann, wenn die Leute nur gelegentlich kommen oder auf der Durchreise sind. Ein übergreifendes System, bei dem man die Dosen an vielen Stellen abgeben kann, wäre hilfreich.

Zumindest als bremenweite Lösung wird daran gearbeitet. Unter dem Dach der Umweltsenatorin hat sich ein „Bündnis für Mehrweg“ zusammengefunden, das ein solches System realisieren will. Allerdings sei man noch nicht so weit, sagt Martin Schulze von der Geschäftsstelle. „Wir versuchen gerade, ein Mengengerüst zu entwickeln“, erzählt er, also herauszufinden, wie viele Einwegverpackungen eigentlich bremenweit gebraucht würden. Vielleicht ab März könne man auf dieser Basis eine Lösung konzipieren, die dann aber noch Zeit braucht, um tatsächlich Wirklichkeit zu werden. Bis dahin müssen die Gastronomen entweder eigene Pfandgefäße etablieren oder sich an Lösungen wie Vytal hängen.

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