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Breminale 2022 Neues Mehrweg-Konzept stößt auf geteiltes Echo

In Sachen Nachhaltigkeit wird die diesjährige Breminale zu einem Experiment. Das neue Mehrweg-System ist Teil einer wissenschaftlichen Studie. Bei den Gastronomen stößt das nicht überall auf Begeisterung.
15.07.2022, 20:01 Uhr
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Neues Mehrweg-Konzept stößt auf geteiltes Echo
Von Fabian Dombrowski

Auf den ersten Blick sieht man nicht, welch Besonderheit die Breminale-Bühne an der Altmannshöhe birgt. Denn das, was Licht und Ton überhaupt erst zum Leben erweckt, das Herz der Bühne gewissermaßen, ist noch einige Meter entfernt, weiter in Richtung Tiefer, versteckt hinter Gestrüpp: die 90 Quadratmeter große Solaranlage, bestehend aus 48 Modulen. Sie allein versorgt die Parkbühne an der Altmannshöhe mit Strom. Laut Holger Laudeley ist das ziemlich einzigartig in Deutschland, die Breminale sei da Vorreiterin. Laudeley muss es wissen, er ist Experte in Sachen Energie, sein Spitzname: Mr. Energiewende.

Für die braucht es bekanntermaßen Licht, doch die Sonne lässt sich an diesem Freitagvormittag nur mal kurz blicken, dann regnet es wieder wie aus Kübeln. Ein Problem für die Bühne? "Nein", sagt Laudeley. "Dafür muss nicht permanent die Sonne scheinen." Selbst bei grauen Wolken und Regen könnten die Panels noch 600 bis 700 Watt nachladen.

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Zunächst aber musste in den Vorbereitungen erst einmal ein geeigneter Platz für die Panels gefunden werden. Solch eine Anlage nimmt dann doch etwas mehr Fläche in Anspruch als ein klassischer Stromgenerator. Fündig wurden sie dann eben am Hang in Richtung Weser. "Die schräge Fläche ist ideal", schwärmt Laudeley. Der Nachteil: Die Kabel müssen große Distanzen überwinden, mit der Folge, dass die zentrale Technik nicht wie sonst direkt an der Bühne aufgebaut ist, sondern am hinteren Ende des Zuschauerraums. "Darauf mussten sich auch die Techniker erst mal einstellen", sagt Laudeley. 

Ob die innovative Bühne den Praxistest bisher bestanden hat? "Die Wirklichkeit sieht ja immer etwas anders aus als die Theorie", gibt der Energieexperte zu. Am Donnerstag habe es dann doch mal einen kleinen Ausfall gegeben, drei Minuten, bevor der erste Gig startete. Da musste der reguläre Netzstrom noch einmal herhalten – sicher ist sicher.

Nachts gespült und morgens verteilt

Doch nicht nur, was die Solar-Bühne angeht, ist die Breminale in diesem Jahr ein Experiment. Auch bei einem anderen Nachhaltigkeitsthema wird noch Feldforschung betrieben: dem Geschirr-System. Zum ersten Mal setzt die Breminale bei Speisen und Getränken auf Mehrweg-Geschirr. Fragt man Breminale-Mitorganisator Jonas Gudegast danach, beginnt er zu referieren über Spülstraßen auf Festivals und aufgestellte Pfandstationen und darüber, dass beides für die Breminale nicht praktikabel sei. Zu lang das Gelände, zu wenig Platz. Dann seien auch noch behördliche Vorgaben hinzugekommen, etwa, dass das genutzte Geschirr aus Hygiene-Gründen nicht zurück in die Buden dürfe.

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Die Lösung: Die Besucher bekommen bei der Essensausgabe zusätzlich eine Pfandmarke im Wert von einem Euro. Bringen sie das Geschirr zurück, kriegen sie den Euro wieder. Das gebrauchte Geschirr stellen sie in dafür vorgesehene Kisten. Das Geschirr können sie an jedem Stand abgeben, der an dem Mehrweg-System teilnimmt. Nachts wird das Geschirr eingesammelt, gespült und morgens wieder ausgeteilt. Die Breminale-Macher kooperieren dafür mit einer Firma aus Hannover.

Klingt also ganz nach einer Wissenschaft für sich, und in deren Dienste steht das Ganze auch. Die Breminale-Organisatoren wollen gemeinsam mit der Hochschule Bremen herausfinden: Welches Geschirrsystem ist unter welchen Bedingungen das ökologischste? Dafür würden jeden Abend, so erklärt es Gudegast, Studierende die Gastronomen auf der Breminale befragen, wie viel Geschirr sie eigentlich rausgegeben haben, wie viele Becher, wie viele Servietten und so weiter. Noch zwei weitere Festivals im Norden beteiligen sich daran. Die Daten werden in den kommenden Wochen ausgewertet. Was Gudegast jetzt schon sagen kann: "Gefühlt liegt hier überall deutlich weniger Müll herum".

Gastronomen sehen Konzept kritisch

Hört man sich unter den teilnehmenden Gastronomen um, stößt das Mehrweg-Konzept jedoch auf ein geteiltes Echo. Einige finden es grundsätzlich positiv und begrüßen es, dass ihnen der Abwasch abgenommen wird. Doch bei anderen hakt es noch an unterschiedlichen Stellen. Für Martina Geffken vom Burgerhaus ist das Konzept schlecht umgesetzt. Die Pfandrückgabe würde den täglichen Ablauf stören, gerade in den Rush-Hours. Um das zu vermeiden, schlägt sie vor, zentrale Pfandsammelpunkte auf dem Gelände aufzustellen. Auch wäre es ihrer Ansicht nach fairer und sicherer gewesen, wenn auf den Geschirrkisten der entsprechende Stand vermerkt wäre, damit jeder am Ende das wiederbekommt, was er rausgibt.

Ayub Shehid vom Thai Wok merkt an: "Eigentlich nutze ich auf solchen Festivals immer biologisch abbaubare Boxen." In denen würde das Essen auch besser warm gehalten. Und Michael De Vries vom Wurst-Stand kritisiert, dass man immer viele Euro-Stücke parat haben müsse. Ansonsten funktioniere das System für ihn aber gut.

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Zur Sache

Das wird am Samstag wichtig:

Im Erste-Hilfe-Schnupperkurs der AOK können Kinder tagsüber erste Handgriffe in Sachen Erste Hilfe lernen. Der australische Soul-Pop-Künstler Joel Sarakula führt auf der Pappinale-Bühne musikalisch in den vierten Festivalabend. Das Liedermacher-Duo Svarne vom Dach spielt ab 20.30 Uhr auf der Parkbühne. Malik Harris, der in diesem Jahr für Deutschland beim Eurovision Song Contest antrat, steht um 22.00 Uhr als Hauptact auf der Radio-Bremen-Bühne.

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