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Millionenprojekt Was Naturschützer und Politiker mit der Wümme vorhaben

Mit mehreren Millionen Euro wollen Bremen, Niedersachsen und der Bund die Natur an der Unteren Wümme auf Vordermann bringen. Das könnte auch Folgen für die Fluss-Anrainer haben.
25.06.2024, 17:53 Uhr
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Was Naturschützer und Politiker mit der Wümme vorhaben
Von André Fesser

Mit einem dicken Batzen Geld wollen die Länder Niedersachsen und Bremen sowie der Bund die Wümme lebenswerter machen. Tiere und Pflanzen sollen durch das Projekt "Blaues Band Auenlandschaft Untere Wümme" bessere Bedingungen erhalten. Und eine intakte Natur steigere auch den Erholungswert für den Menschen, wie Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf am Dienstag bei der Vorstellung des Vorhabens am Kreuzdeich betonte. 7,7 Millionen Euro werden die Förderpartner in den kommenden Jahren in die Wümme fließen lassen. Nach Angaben von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zählt die länderübergreifende Kooperation zu den vier größten Auen-Renaturierungsprojekten im Bundesgebiet. Was an der Wümme passieren soll, sei aus Sicht des Grünen ganz klar "Champions League".

Was ist der Plan?

Hintergrund ist der Umstand, dass die Wümme infolge des Ausbaus der Unterweser einem starken Tidenhub ausgesetzt ist. Die Folge sind eine starke Strömung und extreme Wasserstandsschwankungen – der Fluss leide unter dem Weserausbau, wie eine Beteiligte sagte. Das Auf und Ab des Wassers führe dazu, dass Wasser- und Uferpflanzen in dem Fluss schlechte Bedingungen vorfinden, auch viele Tiere finden nicht den passenden Lebensraum. Unter Federführung der NWN gGmbh, einer Tochter der Stiftung Nordwest-Natur (NWN), sollen nun in den kommenden Jahren strömungsberuhigte Flachgewässer geschaffen werden, die dazu beitragen, die Pflanzen- und Tierwelt im Bereich der Schilfröhrichte zu erweitern. Nach Angaben von NWN-Geschäftsführerin Rebekka Lemb sollen die Eingriffe in den Fluss und seine Auen "so gering wie möglich" ausfallen. Man wolle aber Maßnahmen ergreifen, die dazu beitragen, dass vor allem die Randbereiche "zur Ruhe" kommen können und Orte entstehen, "wo das Wasser auch mal stehenbleibt". Denkbar sei beispielsweise die Schaffung von Schwellen oder Verschlüssen, die verhindern, dass die sogenannten Süßwasserwatten bei ablaufendem Wasser trockenfallen. Nach Angaben von Projektleiter Georg Musiol spiele man auch mit dem Gedanken, vereinzelt neue Gewässer zu schaffen. 4000 Quadratmeter Wasserfläche reichten schon aus, um einen Nutzen für die Natur zu erzielen.

Woher kommt das Geld?

Seit drei bis vier Jahren planen die beteiligten Projektpartner, darunter auch mehrere Naturschutzorganisationen aus der Region, an dem Vorhaben, berichtet Georg Musiol. Die Umsetzung möglich gemacht hat aber erst das Bundesamt für Naturschutz, das im Herbst vergangenen Jahres einen Betrag von 5,7 Millionen Euro aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz des Bundesumweltministeriums für das Projekt bewilligte. Mit knapp einer Million aus dem Bremer Landeshaushalt, knapp einer Viertelmillion aus Niedersachsen sowie Mitteln der NWN gGmbH, die von den Naturschutzorganisationen BUND und WWF gefördert wird, kommt man auf eine Projektsumme von 7,7 Millionen Euro. Bremen gibt mehr, weil die Baukosten auf Bremer Gebiet nach aktuellem Stand umfangreicher ausfallen werden als auf niedersächsischer Seite. Die Projektfläche in Niedersachsen ist nach Auskunft von Umweltminister Meyer 16 Hektar groß, in Bremen umfasst sie 62 Hektar.

Wen braucht es noch?

Zur Umsetzung der Vorhaben brauchen die Beteiligten vor allem die Zustimmung der Eigentümer, auf deren Grund die Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt werden sollen. Zwar werde man nicht so weit gehen müssen, auf einer Strecke von 18 Kilometern beiderseits des Flusses Land kaufen zu müssen, wie Georg Musiol unterstreicht, denn bauliche Veränderungen würden allenfalls punktuell geplant. Dennoch sei es denkbar, dass man mit Eigentümern über einen Ankauf oder die Nutzung ihrer Flächen sprechen werde. Nicht in jedem Fall allerdings müsse Geld fließen. Mit dem Deichverband beispielsweise habe man sich darauf geeinigt, dass die Projektträger dessen Flächen nutzen dürfen.

Wann kann man etwas sehen?

Derzeit befindet sich das Vorhaben in der ersten Projektphase. Das heißt, dass sich die Verantwortlichen die Lage an der Wümme zwischen Borgfeld und Wasserhorst genau ansehen und Pläne entwerfen, an welchen Stellen ein Eingriff sinnvoll sein könnte. Laut NWN-Geschäftsführerin Rebekka Lemb könnte es im kommenden Winter Probebauarbeiten geben, die helfen sollen zu bewerten, wie sich die Maßnahmen niederschlagen. Kurzfristig werden die Projektpartner aber keine großen Sprünge machen können. Denn zunächst müssten die Pläne konkretisiert, die dafür nötigen Flächen beschafft und die Genehmigungen eingeholt werden. Der Projektzeitraum von sieben Jahren dürfte somit ausgereizt werden.

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Und der Hochwasserschutz?

Seit dem sogenannten Weihnachtshochwasser an Wümme und Wörpe im Dezember und Januar mehren sich die Forderungen nach einem Ausbau der Wümme und einer Erhöhung der Abflussgeschwindigkeit, indem Bäume, Sträucher und Sandbänke entfernt werden. Damit soll die Entwässerung hochwasserbelasteter Flächen begünstigt werden, finden manche Landwirte, Anwohner, aber auch CDU-Politiker aus Borgfeld und dem übrigen Bremen. Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) sagte bei der Vorstellung des Auen-Projekts, dass es nicht im Widerspruch zum Hochwasserschutz stehe, sondern vielmehr "hochwasserneutral" geplant werde. "Wir wollen auf keinen Fall, dass sich Naturschutzmaßnahmen negativ auf den Hochwasserschutz auswirken", betonte Moosdorf und wurde von ihrem Partei- und Amtskollegen Christian Meyer unterstützt. Meyer zufolge müsse man den Flüssen aber generell mehr Raum geben. Die Analyse der jüngsten Hochwasser habe ergeben, dass kanalisierte Flussläufe diese Ereignisse stärker begünstigen als natürliche Gewässerverläufe. NWN-Geschäftsführerin Rebekka Lemb empfahl, nicht nur Hochwasserereignisse zum Maßstab zu nehmen, sondern sich auch mit dem Management von Niedrigwasser zu befassen. Man wolle Hochwasser aber "auf keinen Fall ankurbeln".

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