Eine Tour durch den Bremer Norden hat Gästeführer und Ex-Bauamtschef Christof Steuer zusammengestellt. Seine "Kultourrad" verbindet die schönsten Ziele in den drei Stadtteilen miteinander und lädt an manchen Orten auch zum Verweilen ein.
Bremen-Nord. Die Sonne scheint, an der Weser weht ein laues Lüftchen. Ein paar alte Männer halten ihre Angeln ins graue Wasser. Von der Treppe zum Restaurant "Zur gläsernen Werft" aus winkt ein Mann mit einer Broschüre. Christof Steuer verteilt Routenplaner seiner neuen Tour. In vielen öffentlichen Einrichtungen und Gaststätten sollen die kostenlosen Karten bald ausliegen.
Der Treffpunkt, das ehemalige Schaufenster Bootsbau, liefert gleich Gesprächsstoff. "Tourismus kostet erstmal Geld. Da muss man investieren", sagt Christof Steuer mit Blick auf den roten Aussichtsturm, der derzeit für Besucher gesperrt ist. Der 67-Jährige hat eine Menge zum Thema Tourismusförderung beizutragen. "Ich liebe halt den Norden", begründet er, warum er sich noch konsequent einmischt, wenn es um neue Konzepte geht.
Seitdem der Wahl-Lesumer vor zwei Jahren in Rente gegangen ist, führt er häufig Gäste durch Bremen-Nord. Rund 30 Führungen, oft durch Knoops Park, manchmal auf Schiffen seines Freundes Dieter Stratmann von der Reederei Hal Över, bietet Steuer an. Jetzt hat er erstmals eine Rad-Tour durch den Norden zusammengestellt. "Kultourrad" hat er sein Projekt überschrieben. Die Route verbinde die "kulturellen Highlights von Bremen-Nord", sagt er.
Das Fahrrad sei für die Tour das richtige Verkehrsmittel. "Die Strecke ist für einen Spaziergang zu lang und mit dem Auto sieht man nichts", erläutert Steuer auf dem Weg zur Straße Ulrichs Helgen. Und steigt gleich wieder ab. Die Anhöhe Richtung Fröbelstraße hat es in sich. Absteigen und Hinsehen sei auf der 25 Kilometer langen Rundfahrt aber sowieso ausdrücklich erwünscht, betont Steuer.
Gegenüber erstreckt sich eine saftig grüne Wiese. Die könnte heute schon ein Wanderweg sein. Zumindest sei hier in seiner Amtszeit ein solcher Weg im Bebauungsplan ausgewiesen worden. "Von dort aus hätte man einen tollen Ausblick auf das ehemalige Vulkan-Gelände", schwärmt Steuer. Doch zurzeit versperrt ein Maschendrahtzaun diesen Weg. "Da müsste der Beirat mal Dampf machen", stichelt der Amtschef im Ruhestand.
Die Steuer-Tour lässt sich in zwei Streckenabschnitte unterteilen: Der erste Abschnitt führt von Vegesack, Fähr-Lobbendorf über Blumenthal nach Hammersbeck, der zweite über Schönebeck, St. Magnus und Grohn nach Vegesack. An diesem Tag radelt Steuer Richtung Blumenthal – immer abseits der Hauptstraßen. Es geht über die Vulkan-Wiese. Rechts und links blüht der Löwenzahn.
Der Mann, der seine Nordbremer Karriere in den 1980er Jahre als Stadtplaner in der Vegesacker Behörde begonnen hat, gerät beim Anblick einiger Siedlungshäuser früherer Vulkan-Beschäftigter ins Schwärmen. Und auch für die alten Mauern von Wätjens Schloss kann er sich etwas später begeistern.
Wätjens Park mit seinem – nach historischem Vorbild angelegten – Rosengarten sei allein schon eine Tour Wert, betont Steuer während der Fahrt über neue Sandwege im Schatten uralter Baumkronen. Vermutlich würde er gern mal absteigen und durch den Park schlendern. Der Radweg führt mehr als einen Kilometer weiter zum BWK-Gelände, wo Steuer auf die Industrie-Architektur verweist und ein neues Kulturprojekt "Palast der Produktionen" bewirbt, das hier bald stattfinden soll. Der Mann ist eben durch und durch auch Gästeführer.
Kurze Zeit später folgt ein Insider-Tipp: "Achtung: Nase zuhalten!" Der schmale, dunkle Weg links vom alten Bahnhof an der Blumenthaler Aue führt unter der Bahn durch. Hier riecht es laut Steuer an manchen Tag recht streng. Dafür öffnet sich von hier ganz überraschend der Blick auf Haus Blomendal, die alte Ritterburg, die es schon um 1250 gegeben haben soll. "Oh, die Tür steht auf!", stellt Steuer erfreut fest. Wäre er allein, er würde einmal mehr absteigen und genauer hinsehen.
Zwei alternative Touren
Christof Steuers Wege sind nicht immer solche, die der Allgemeine-Deutsche-Fahrrad-Club seinen Mitglied vorschlägt. Einige wie die Straße Am Becketal, zwischen gepflegten Vorgärten und Maisfeldern, kennt er von Betriebsausflügen des Bauamts. Die Bediensteten früherer Zeiten haben sich ein Spaß daraus gemacht, neue Wege zu erkunden. Manchmal sei es die Deiche steil abwärts gegangen, deutet Steuer an. Steuers Weg verläuft immer fern ab der Autoabgase, verbindet nicht nur Bau- und Kulturdenkmäler, sondern zeigt auch den landschaftlichen Reiz des niedersächsischen Umlands auf.
Der Geruch nach Stall verrät den Pferdehof am Weg nördlich der Beeke, bevor er zu sehen ist. Neben der Gaststätte Waldschmiede flattern noch orange-rote Bänder eines Maibaums im Wind. Weiter geht’s zu den Angelteichen in Hammersbeck. Das Wasser glitzert an diesem späten Vormittag im Sonnenlicht. Steuer empfiehlt ein Fischbrötchen auf die Hand. Keine Frage, die Strecke lädt zum Pausieren ein. Nach anderthalb Stunden ist Tour A noch nicht bewältigt. Für Schloss Schönebeck fehlt die Zeit. Steuer lacht. "Macht nichts, morgen fahren wir Tour B" , schlägt er scherzhaft vor.