Huchting. Wenn Geflüchtete aus dem Übergangswohnheim in eine eigene Wohnung ziehen, verbinden sie damit häufig große Hoffnungen. Weg vom Wohnheim mit seinen engen Zimmern, den dünnen Wänden und den Gemeinschaftsduschen. Hin zu einem selbstbestimmten Leben und der Ruhe für einen Neuanfang in Bremen nach der Flucht und dem bangen Warten auf eine Aufenthaltsgenehmigung.
„Leider fallen viele Menschen nach ihrem Umzug und der ersten Euphorie in ein Loch“, weiß Georg Henschel. Der junge Mann ist einer von insgesamt acht geplanten Vermittlern, die die Sozialbehörde für das Integrations-Projekt „Ankommen im Quartier“ einstellen will. Seine Aufgabe ist es, die Geflüchteten in eben jener Situation aufzufangen und ihnen den Start in dem unbekannten Wohnumfeld zu erleichtern. Schon bald sollen auch in Huckelriede und Kattenturm zwei weitere Vermittler ihre Arbeit aufnehmen, so der Plan der Sozialbehörde.
„Zunächst brechen durch den Umzug fast alle Kontakte weg“, erklärt Henschel die Schattenseiten der neu gewonnenen Selbstständigkeit der Menschen, denen er helfen will. Sprachkurse, ehrenamtlich organisierte Kinderbetreuung und die Unterstützung bei Ämtergängen – zu all dem und weiteren Hilfsangeboten haben die Ausgezogenen zunächst keinen Zugang mehr.
Auch in der Flüchtlingsunterkunft in Woltmershausen, in der Henschel zuvor gearbeitet hat, seien häufig Männer und Frauen zu Besuch gekommen, die sich auf ihrer Suche nach Unterstützung wieder an die Mitarbeiter des Wohnheimes gewandt haben, aus dem sie ausgezogen sind. „Das kann aber keine Heimleitung zusätzlich zu den eigentlichen Bewohnern leisten“, kennt der ehemalige Projektkoordinator das Problem.
In den acht als sozial benachteiligt geltenden Quartieren Bremens, in denen auch das Förderprogramm „Wohnen in Nachbarschaften“ läuft, setzt die Sozialbehörde daher nun auf direkte Hilfe in der neuen Umgebung durch Ansprechpartner, die gewissermaßen eine „Kompass-Funktion“ erfüllen: Sie geben Orientierung und stellen – zunächst befristet bis Ende 2017 – den Kontakt zu dem sozialen Netz vor der Haustür her. „Denn es existieren bereits viele Veranstaltungen und Projekte, die das Ankommen im Stadtteil erleichtern“, findet Quartiersmanagerin Inga Neumann. Der Familiennachmittag auf der Stadtteilfarm, die Familienzeit im Mütterzentrum – auf diese und weitere Angebote kann Henschel verweisen.
Doch wie lernt Henschel die Neu-Huchtinger kennen, die seine Unterstützung brauchen? „Wir setzen auf Mundpropaganda und ich mache mich zur Zeit überall im Stadtteil bekannt“, sagt der 28-Jährige. In seinem Büro im Bürger- und Sozialzentrum direkt neben der Quartiersmanagerin ist er daher eher selten anzutreffen. Seine wöchentliche Sprechstunde findet im erst kürzlich eröffneten „Café Carl“ im Quartier Robinsbalje statt. „Genau dort leben viele Flüchtlinge und es gibt dort noch nicht viele Hilfsangebote“, erklärt Neumann.
Wiederkehrende Probleme der Familien im neuen Wohnumfeld seien die Sorgen um Kitaplätze, aber auch um Plätze in Sprachkursen mit gleichzeitiger Kinderbetreuung. Komplizierte Anmeldeverfahren und Formulare seien irritierend und häufig ein Hindernis, so seine Beobachtung. „Außerdem spreche ich im darauf folgenden Schritt viel über die Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche“, nennt er ein weiteres Themenfeld, in dem er versucht, zu unterstützen und zu begleiten.
Sein Ziel ist es, möglichst bei allen Neuankömmlingen in Huchting bekannt zu sein. Daher spricht er auch viel mit Leitern von Vorkursen an Schulen, mit Hauswarten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewoba, mit Leitern von Flüchtlingsheimen und allen sozialen Einrichtungen, die mit Geflüchteten arbeiten. Außerdem ist Henschel die enge Kooperation mit der Quartiersmanagerin wichtig. „Im Idealfall erkenne ich Probleme und Bedürfnisse der Geflüchteten, die in der Stadtteilgruppe aufgenommen werden und in neue Projekte umgesetzt werden können“, formuliert er seine Vorstellung. Immer mit dem Ziel vor Augen, dass seine Hilfe für die Neuankömmlinge eines Tages nicht mehr nötig sein wird, weil sie sich ohne fremde Hilfe im Stadtteil zurechtfinden.