Drei Stationen für die Geschirrrückgabe gibt es beim Summersounds-Festival, das nach zwei kleineren dezentralen Auflagen wieder in die Neustadtswallanlagen zurückgekehrt ist. Mit dem Thema Nachhaltigkeit ist Festival-Leiterin Astrid-Verena Dietze gut vertraut, sie sieht das Neustädter Musik- und Kulturfestival in einer Vorreiterrolle. Als Nachhaltigkeitslabor habe Summersounds bereits 2019 auf Mehrweg gesetzt und gleichzeitig Plastik verbannt. "Nachhaltigkeit ist fest in der DNA des Festivals verankert", sagt die Neustädter Stadtteilmanagerin.
Eine große Rolle spielt Geschirr auf Pfand. Das Prinzip ist einfach: "Man gibt sein Geschirr ab und kriegt dafür einen Euro zurück." Wobei das Summersounds-Geschirr nicht nur für den Eigenbedarf da ist, man verleiht es auch an andere Festivals wie die Breminale – das Geschirr zirkuliert statt zu verstauben. "Wir sind da ganz unkompliziert, es gibt eine große Solidarität unter den Bremer Festivals." Eigentlich war auch eine Spülstraße geplant, doch die ist nur teilweise angekommen. Nun wird das Geschirr in der umliegenden Gastronomie gesäubert.
Dass bei der Breminale eine riesige Solaranlage zum Einsatz kam, ist den Summersounds-Machern natürlich nicht entgangen. Doch nacheifern will man dem Beispiel nicht. "Wenn man Ökostrom von swb bekommt, braucht man kein Solar", sagt Pressesprecherin Judith Remke. Lieber probiert man sich im Servicebereich aus. "In diesem Jahr wollen wir auch mal Besteck auf Pfand testen", so Dietze.
Nachhaltigkeit versteht Dietze indessen nicht nur ökologisch. "Es gibt auch eine soziale Dimension." Als nachhaltig sieht die Festival-Leiterin ebenso Vielfältigkeit und Diversität an. Beides werde in den Planungen berücksichtigt. "Sozialer Kontakt ist der Schlüssel zur Verbreitung nachhaltiger Lebensweise", heißt es dazu auf der Summersounds-Website. Menschen zusammenbringen, aktuelle Probleme diskutieren – für Dietze ist das gleichermaßen nachhaltig und partizipativ. Deshalb auch die Talkrunde mit der Bundestagsabgeordneten Sarah Ryglewski (SPD) und dem neuen Neustädter Ortsamtsleiter Uwe Martin am Sonnabendnachmittag. "Wir sind eben weit mehr als nur ein Musikfestival, wir sind ein sehr partizipatives Festival." Ein Festival mit Ambitionen. "Wir wollen wie ein Labor für die Stadt sein."
Als wichtiges Element wertet Dietze den kostenlosen Eintritt. "Das hat auch etwas mit Teilhabe zu tun", sagt sie. Genauso wie der Summer Brunch an diesem Sonntag ab 11 Uhr. Erstmals will sie damit im wahrsten Sinne des Wortes Menschen aus der Neustadt und Neustadt-Fans an einen Tisch holen. Und zwar nicht nur, um nett zu essen und zu plaudern. "Die meisten sind zwar glücklich, dass wir wieder hier sind", sagt sie. Doch es gebe auch kritische Stimmen: Anwohner, die sich belästigt fühlten und sich das kleine Festival aus den Anfangsjahren mit nur einer Bühne zurückwünschten. Mit denen wolle man mithilfe eines "coolen Moderators" und Musikbegleitung beim Summer Brunch ins Gespräch kommen. Dietze: "Ich bin gespannt, ob wir da mit 20 oder 200 Leuten sitzen werden." Ihre Botschaft: "Wir sind nur einmal im Jahr für drei Tage hier und wollen nicht auf 14 Tage verlängern."
Wegen der Pandemie fand das Summersounds-Festival in den vergangenen beiden Jahren an verschiedenen Standorten und nur unter Auflagen statt. Anders als gewohnt war es auch nicht frei zugänglich, man musste Eintritt zahlen. Doch im dritten Corona-Jahr ist das Festival wieder auf Kurs – mit insgesamt 41 Acts auf vier Bühnen, mehr als 20 Anlaufstationen für Essen und Trinken sowie etlichen Non-Food-Ständen mit einem umfangreichen Rahmenprogramm.
Um die Gestaltung des Musikprogramms mussten sich die Veranstalter keine Sorgen machen. "Wir haben ganz viele Bewerbungen bekommen", sagt Dietze. Die Auswahl sei gemeinsam mit dem Kooperationspartner Radio Bremen vorgenommen worden – "auf Augenhöhe", wie sie betont. Als besonders guter Fang kann die Berliner Elektropop-Band Grossstadtgeflüster gelten, die am Sonnabend spielte. "Das ist ein Wunsch von uns gewesen", sagt Dietze.
Den Auftakt am Freitagabend mit der Songwriterin Antje Schomaker und der Mannheimer Band ClockClock hat Dietze als "fulminanten Start" erlebt. Nach ihrer Schätzung fanden sich bis zu 14.000 Menschen in den Wallanlagen ein. "Viele glückliche Leute jeden Alters und aller Couleur." Der Anblick sei faszinierend gewesen, sagt Remke. "Ein Strom von Menschen, wie magnetisch angezogen von der Hügel-Bühne." Dazu die Illumination der Bäume, erstmals mit großen Ballons. "Das schafft eine tolle, chillige Wohlfühl-Atmosphäre."
Die 17. Auflage des Summersounds-Festivals war kein reiner Selbstläufer. Die Corona-Jahre und der Ukraine-Krieg haben ihre Spuren hinterlassen. "Die ganze Situation hat sich stark verändert", sagt Dietze. Gemeint sind damit vor allem die finanziellen Rahmenbedingungen. Die Kosten für die Infrastruktur seien exorbitant gestiegen, die Musikergagen hätten sich verdreifacht.
Dennoch bangt Dietze nicht um die Zukunft des Festivals. Dabei baut sie auf die Unterstützung durch bewährte Sponsoren und neue Kooperationspartner. Seit der ersten Veranstaltung 2005 hat Summersounds einen langen Weg zurückgelegt. Früher habe es sich um ein reines Stadtteilfestival gehandelt, sagt Dietze. Bei ihrem Einstieg 2015 hätten sich rund 1500 Menschen eingefunden. Davon kann schon längst keine Rede mehr sein, inzwischen liegt die Besucherzahl bei zuletzt 30.000. Den lokalen Rahmen hat das Festival längst gesprengt. "Aus ganz Deutschland kommen Leute", sagt Dietze.
Stark zugenommen hat auch die Anzahl der Kooperationspartner, darunter der WESER-KURIER. Vor allem von den Einrichtungen und Institutionen aus dem Neustädter Umfeld sind laut Dietze immer mehr dazugekommen, unter anderem die Hochschule und das Südbad. Und potenziell ist kein Ende absehbar. Sieht doch Dietze ihre Aufgabe darin, Kooperationspartner und Menschen zusammenzubringen.