Aus der Entfernung wirkt der Nelson-Mandela-Park direkt hinter dem Hauptbahnhof wie eine grüne Oase. Wer näher hinsieht, entdeckt rund um den zum Anti-Kolonialdenkmal umgewidmeten zehn Meter hohen, gemauerten Elefanten allerdings auch viel Unrat. Flaschen liegen verstreut im Gras. In den Büschen zeugen in zahlreichen Ecken Papiertücher davon, dass hier Menschen ihre Notdurft verrichten. Dazwischen in und um die reichlich vorhandenen Mülleimer herum immer wieder weggeworfene Essenspackungen und Lebensmittelreste.
Die Metallrohre an vielen Stellen auf dem Boden sind dagegen kein Abfall. Gelbe Aufkleber warnen vor ihrem vergifteten Inhalt und machen deutlich, dass es sich hier um "Schadnagerköder" handelt. Es ist der Versuch von Immobilien Bremen gemeinsam mit dem für den Park zuständigen Bremer Umweltbetrieb, das Rattenproblem an dieser Stelle in den Griff zu bekommen. Wieder mal, denn neu ist der Zustand nicht.
"Seit Jahren laufen uns die Ratten immer wieder durch die Vorgärten" berichtet etwa Kay Middendorf, der in der Blumenthalstraße unmittelbar neben dem Park wohnt. Und ja, wenn das Überhand nehme, würden auch regelmäßig Fallen ausgelegt. "Aber das bringt nichts, solange im Park die Essensreste die Tiere anlocken." Als CDU-Mitglied im Beirat Schwachhausen hat Middendorf das Thema schon viele Male auf die Tagesordnung gesetzt, jetzt hat er über die Partei-Kollegen eine Anfrage in der Stadtbürgerschaft angezettelt. Aktueller Anlass ist die derzeit wegen der Rattenbekämpfung gestoppte Essensausgabe der Bremer Suppenengel an die Wohnungslosen in dem Park.
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"Welche Ursachen sieht der Senat für die Rattenplage und wie beabsichtigt er die Rattenplage dauerhaft in den Griff zu bekommen? Unter welchen Bedingungen und Auflagen ist eine Wiederaufnahme der Essensausgabe im Nelson-Mandela-Park denkbar?", will die christdemokratische Fraktion daher jetzt wissen. „Wir müssen klären, ob die Maßnahmen gegen die Rattenplage seit 2020 nicht mehr ausreichen. Denn es geht auch um die Gesundheit derjenigen, die dort in der Schlange stehen müssen", erläutert Heiko Strohmann, CDU-Fraktionschef die Anfrage. Falls der Senat meine, dass der Umweltbetrieb die Lage nicht weiter verbessern könne, müsse man für die betroffene Essensausgaben bessere Standorte finden.
Rattenplage: Das Problem mit den Essensresten
Geht es nach Middendorf, wäre das ohnehin die Lösung. "Man müsste Essen und Trinken in dem gesamten Park komplett untersagen, wenn man das Problem wirklich mal lösen will", fordert er. Weil das Areal auch ganz ohne die Suppenengel aktuell ein gut frequentierter Anlaufpunkt für viele Wohnungslose ist, ist das ein bisschen versteckt die Forderung, diese Klientel hier insgesamt zu vertreiben. Dass das Problem damit allenfalls verlagert wird, weiß aber auch Middendorf. "Der Platz ist ja vor allem deshalb zum Treffpunkt geworden, weil unser Innensenator sich auf die Vorderseite des Bahnhofs konzentriert und die Obdachlosen von da verdrängt wurden." Der Senat habe bis heute kein schlüssiges, ressortübergreifendes Konzept für das gesamte Bahnhofsumfeld.
"Es ist Sommer, da ist in so einem Park eben viel los", kommentiert dagegen Peter Valtink, Geschäftsführer der Suppenengel, die Situation. Auch andere Besucher hinterließen Essensreste – wie zum Beispiel Pappschachteln von Imbissen aus dem Bahnhof. Seine Essensausgabe sieht er jedenfalls nicht als Ursache des Rattenproblems. "Wir räumen danach auf und nehmen unseren Müll mit." Dass bestätigt auch Middendorf, soweit es das unmittelbare Umfeld der Ausgabe betreffe. "Die Leute bekommen die Mahlzeiten aber auf Einweggeschirr, das sie danach im ganzen Park verteilen." Ordentliche Teller und ein Spülmobil des Technischen Hilfswerks sind aus seiner Sicht das Mindeste, wenn die Essensausgabe unbedingt im Park sein muss.
Dabei bestehen die Suppenengel laut Valtink nicht auf dem Standort, zumal sich bei dem Versuch des Ordnungsamtes, die Ausgabe zu untersagen, solange die Rattenköder im Park verteilt sind, herausgestellt hat, dass die Hilfsorganisation rein formal eine Sondernutzungserlaubnis für den Park benötigt, die sie bislang gar nicht hatte. Wegen der Betriebsferien der Suppenengel ist die Essensausgabe zurzeit aber sowieso eingestellt. In der kommenden Woche will man in Absprache mit dem Ordnungsamt dann auf der Fläche der ÖVB Arena in Sichtweite der bisherigen Essensausgaben neu starten, vorerst mindestens so lange, bis eine Entspannung der Rattenplage erreicht wird. Valtink kann sich das aber auch dauerhaft vorstellen.
Die fehlende Erlaubnis für den Park hat er beim zuständen Umweltressort trotzdem beantragt – vorsorglich, um eine Ausweichmöglichkeit zu haben, wenn der Platz auf der Bürgerweide etwa wegen des Freimarktes oder anderer Aktivitäten nicht frei ist.