Die Sanierung und Modernisierung des Bürgerschaftsgebäudes am Marktplatz wird deutlich teurer als ursprünglich erwartet. Die Gesamtkosten für das Projekt, das nach der konstituierenden Sitzung der nächsten Bürgerschaft im Juni 2019 starten soll, werden sich voraussichtlich bei knapp zehn Millionen Euro einpendeln. Im Bremer Haushalt 2018/19 waren zunächst nur fünf Millionen Euro eingeplant.
Dass der Parlamentssitz technisch instand gesetzt werden muss, darüber besteht zwischen Politik und Bauverwaltung seit Langem Einvernehmen. Das Gebäude weist erhebliche Brandschutzmängel auf, auch fehlt eine Sicherheitsverglasung im Erdgeschossbereich. Die städtische Liegenschaftsverwaltung Immobilien Bremen (IB) hatte Ende 2016 eine erste Planung vorgelegt, die von einer Umbauzeit von rund sechs Monaten und einer Fertigstellung Ende 2017 ausging.

Der Chef der Bürgerschaftsverwaltung, Hans-Joachim von Wachter, stellt sich auf einen Umzug des Parlaments im Juni 2019 ein.
Über Details des Maßnahmenkatalogs gab es jedoch Unstimmigkeiten mit der Bürgerschaftsverwaltung. Sie sorgten dafür, dass das Vorhaben im vergangenen Jahr praktisch auf Eis lag. Erst unter Vermittlung von Finanzstaatsrat Dietmar Strehl kamen die Planungen zur Jahreswende wieder voran.
Als größter Kostentreiber haben sich zwischenzeitlich die Anforderungen der Digitalisierung erwiesen. „Um das Gebäude zukunftssicher zu machen“, so Bürgerschaftsdirektor Hans-Joachim von Wachter, müssten im gesamten Komplex horizontale und vertikale Kabelstränge verlegt werden. Hinzu kämen Erneuerungen von Teilen der Gebäudetechnik, etwa des Heizungssystems. Dieses zweite Sanierungspaket schlägt nach IB-Berechnungen mit rund 4,6 Millionen Euro zu Buche.
Vorbelastung des nächsten Haushalts
Auf einzelne Extrawünsche aus den Reihen der Abgeordneten wie etwa einen Durchbruch zum Skulpturengarten sei bereits verzichtet worden, um die Kosten nicht noch weiter in die Höhe zu treiben. Der Bürgerschaftsvorstand, dem die Spitzen der Fraktionen angehören, hat dem Maßnahmenpaket aus Brandschutz, Sicherheits- und Gebäudetechnik sowie Digitalisierung in der vergangenen Woche bereits zugestimmt. Die zusätzlichen Kosten werden nun voraussichtlich durch eine Vorbelastung des nächsten Haushalts – eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung – abgesichert. Der Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft wird sich hiermit am Freitag befassen.
Wie aber soll das Parlament während des Umbaus weiterarbeiten? Fest stand von Anfang an, dass eine Sanierung bei laufendem Betrieb nicht infrage kommt. Deshalb wurden verschiedene Ausweichquartiere auf ihre Tauglichkeit hin ausgelotet, unter anderem die benachbarte Baumwollbörse, die Handelskammer, die Bremer Landesbank und selbst die Bremen-Halle im Flughafen. Auch Termine in Bremerhaven galten als vorstellbar.
Verständigt hat man sich nun aber darauf, dass Landtag und Stadtbürgerschaft während der 16 Monate, über die sich das Bauvorhaben erstrecken soll, im Rathaus tagen wird. Also dort, wo das gesetzgebende Organ auch in der frühen Nachkriegszeit schon tagte. Über die Modalitäten dieser Gastrolle hat es zwischen der Bürgerschaftsverwaltung und dem Rathaus durchaus Reibereien gegeben, doch die seien nun ausgeräumt, versichert Hans-Joachim von Wachter.
Erleichtert ist der Bürgerschaftsdirektor darüber, dass auf eine zusätzliche Brandschutztrennwand zwischen Fest- und Plenarsaal des Parlaments verzichtet werden kann. Sie hätte einen erheblichen Eingriff in das innere Erscheinungsbild des Baudenkmals bedeutet. Vor der Sommerpause hatte die Bürgerschaft bei einer Evakuierungsübung durchgespielt, wie schnell größere Menschengruppen im Notfall aus dem Gebäude geschleust werden können. Der Ausgang dieser Übung sollte mit darüber entscheiden, ob ein solcher Eingriff und der Einbau zusätzlicher Sicherheitstüren notwendig werden. Inzwischen ist klar: Es geht auch ohne solche ergänzenden Maßnahmen.
Das Haus der Bremischen Bürgerschaft in seiner heutigen Form stammt aus dem Jahr 1966. Damals wurde das nach einem Entwurf des Architekten Wassili Luckhardt errichtete Gebäude eingeweiht, und zwar auf dem Gelände der „Neuen Börse“, die 1943 bei einem Bombenangriff zerstört worden war. Besonderer Beliebtheit erfreute sich der Luckhardt-Bau zunächst nicht. Seine moderne Formensprache schien so gar nicht zum Stil der historischen Gebäude zu passen, die den Marktplatz umgeben. Doch schon 1992 wurde das noch vergleichsweise junge Haus selbst unter Denkmalschutz gestellt. 2001 erweiterte sich die Bürgerschaft in den angrenzenden Börsenhof 1 hinein. Dort sind die Parlamentsverwaltung und die Bibliothek sowie Sitzungsräume für die Deputationen und Ausschüsse untergebracht.
+++ Zuletzt aktualisiert am 21. August um 21.17 +++