Herr Piel, was hat Sie nach Bremen verschlagen?
Benjamin Piel: Ein traditionsreicher Zeitungstitel, eine starke Redaktion, ein spannendes Bundesland – das reizt mich beruflich. Und Bremen als Stadt fanden meine Familie und ich als Ort zum Leben eine richtig gute Idee. Kleiner Scherz am Rande: trotz der Schwächen des Bildungssystems.
Wie ist Ihr erster Eindruck von Land und Bewohnern?
Bei den ersten Wohnungsbesichtigungen haben wir gemerkt, dass die Bremer es lieber ruhig und nüchtern mögen, als wenn ihnen gleich jemand um den Hals fällt. Als gebürtiger Westfale mag ich diese Art. Was mir noch positiv aufgefallen ist: Die Menschen sind oft sehr freundlich und höflich. Meine Kinder haben gesagt, dass sie noch nie so freundlich ein Sandwich belegt bekommen haben. Was wir bisher an bremischem Wesen kennengelernt haben, war äußerst angenehm.
Sie sind bekennender Lokaljournalist. Warum?
Wenn ich Leuten erzähle, was ich beruflich mache, ist die Reaktion immer mal wieder, ob man denn nicht lieber zum „Spiegel“ wolle. Das habe ich nie so gesehen. Nichts ist so relevant, löst so viele Rückmeldungen aus und ist so emotional, wie das Leben vor der eigenen Haustür. Es geht nicht um etwas Abstraktes, sondern um das Leben von Menschen. Spannender geht es gar nicht.
Was treibt Sie an?
Eine fast schon penetrante Neugierde. Meiner Frau ist das gelegentlich peinlich, aber ich möchte am liebsten alles wissen, hinter die Fassaden schauen, Menschen verstehen, Abläufe hinterfragen, verstehen und andere daran teilhaben lassen.
Was macht eine gute Lokalzeitung aus und was einen guten Chefredakteur?
Je näher ein Lokalmedium an den Menschen ist, desto besser. Es muss das Leben in den Mittelpunkt rücken und bestenfalls fürs Stadtgespräch sorgen und relevante Debatten organisieren. Wie wollen wir leben? Das ist am Ende die entscheidende Frage, um die alles kreist. Ein guter Chefredakteur muss vor allem kommunizieren können. Mit der eigenen Redaktion, aber auch mit den Lesern und Nutzern. Wenn Menschen miteinander im Gespräch und im Kontakt sind, dann stärkt das das Miteinander, sowohl in einer Redaktion als auch in einer Stadt. Das ist gut und wichtig für alle. Und etwas, das wir als Gesellschaft dringend brauchen als Gegenpol zu Abschottung, Vereinzelung und Gegnerschaft. Gleichzeitig darf auch das Kritische nicht fehlen, denn Journalisten sind nun mal dafür da, Licht-, aber auch Schattenseiten zu zeigen und den Scheinwerfer auf Missstände zu richten.