Die umstrittenen Affenversuche an der Bremer Universität stehen erneut auf dem Prüfstand. Alle Fraktionen der rot-grün-roten Bremer Koalition haben sich gegen eine Fortsetzung ausgesprochen. Die CDU äußert sich ebenfalls kritisch. Anlass ist, dass der Neurobiologe Andreas Kreiter im Juli beantragt hat, seine Experimente fortzuführen. Er muss dafür alle drei Jahre eine Genehmigung einholen. Zuständig ist die Gesundheitsbehörde. Kreiter und die Universität betrachten das Verfahren als Routinevorgang. Danach sieht es jetzt nicht mehr aus.
„Der Antrag wird aktuell geprüft“, teilt die Behörde mit. Dabei seien sowohl die Regelungen des deutschen Tierversuchsrechts zu beachten als auch die Anforderungen des europäischen Rechts. „Deshalb handelt es sich um einen komplexeren Prozess“, erklärt Ressortsprecher Lukas Fuhrmann. Seit das Bundesverwaltungsgericht vor sieben Jahren die Affenversuche für rechtens erklärt hatte, galt die Genehmigung als Formsache. Die Universität feierte das Urteil damals als Sieg für die Forschungsfreiheit. An diesem Grundrecht hat sich in der Zwischenzeit zwar nichts verändert, wohl aber an den Tierversuchsregeln. Seit Mai dieses Jahres gelten strengere Auflagen, die sich an den EU-Richtlinien orientieren.
Gesundheitssenator Claudia Bernhard (Linke) hatte bereits früh keinen Hehl daraus gemacht, welchen Ausgang sie sich für den Antrag von Andreas Kreiter wünscht: „Ich stehe Tierversuchen durchaus kritisch gegenüber“, sagte sie. Ihre Behörde müsse die gültige Rechtslage einbeziehen und die zwinge zu einer differenzierten Betrachtung der Situation. Für die Universität gibt es dagegen keinen Grund, ihre Haltung zu überdenken: „Diese Arbeit wird selbstverständlich fortgeführt“, betonte eine Sprecherin. Mittlerweile handele es sich aber nicht mehr um einen Grundsatzstreit über die Forschungsfreiheit, der sei entschieden, sondern allein um das konkrete Projekt eines Wissenschaftlers.

Verantwortlich für die Affenversuche ist der Neurobiologe Andreas Kreiter.
„Wenn es nach uns geht, muss der neue Antrag auf Fortsetzung nicht verlängert werden“, erklärt Andreas Reißig, Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass ein höchstrichterliches Urteil die Versuche im Sinne der Wissenschaftsfreiheit zugelassen habe – allerdings 2014. „Wir fordern, die nun vorliegende Sachlage genau zu prüfen“, so Reißig.
Einen ähnlichen Tenor hat die Stellungnahme der Grünen: „Wir lehnen die Affenversuche an der Universität Bremen rigoros ab“, sagt Philipp Bruck, tierschutzpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Trotz jahrzehntelanger Experimente an fühlenden Lebewesen seien keine durchschlagenden medizinischen Erfolge erkennbar.
„Bisher waren uns rechtlich die Hände gebunden, diesem ethisch fragwürdigen Treiben ein Ende zu setzen“, beklagt Bruck. Dafür verantwortlich sei die Bundesregierung, die jahrelang das strengere Europarecht zu Tierversuchen nicht umgesetzt habe. „Wir erwarten vom zuständigen Gesundheitsressort, dies umfassend zu berücksichtigen und alle rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, den Versuchen ein Ende zu setzen“, fordert Bruck.
Die Linken werfen der Universität und Andreas Kreiter vor, mit den Affenversuchen moralisch „komplett falsch“ zu liegen. „Wir halten das für Tierquälerei“, sagt der Abgeordnete Olaf Zimmer. In wissenschaftlicher Hinsicht stelle sich die Frage nach dem Erkenntnisgewinn.
Ein gemischtes Bild ergibt sich auf Nachfrage bei den beiden Oppositionsparteien in der Bremischen Bürgerschaft. „Wir stehen den Versuchen unverändert kritisch gegenüber“, sagt Susanne Grobien (CDU), Fraktionssprecherin für Wissenschaft. Die Gesundheitssenatorin müsse klären, ob sie die Genehmigung verlängere, und sollte dabei vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung nicht nur juristisch prüfen, sondern auch inhaltlich. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung habe erst kürzlich seine Richtlinie zur Förderung von Alternativmethoden zum Tierversuch präzisiert. Standorte wie Tübingen oder Duisburg/Essen machten mit dieser Bundesförderung riesige Fortschritte, auch in der Grundlagenforschung zu Erkrankungen des menschlichen Gehirns.
Magnus Buhlert von der FDP weist auf die hohen ethischen Hürden bei Tierversuchen hin. Solange diese eingehalten würden und die Forschungsergebnisse nicht auf anderem Wege gewonnen werden könnten, gebe es im Sinne der Wissenschaftsfreiheit keinen Grund, die Affenversuche an der Bremer Universität abzubrechen.