Die Hundestaffel der Bremer Polizei ist größtenteils nicht mehr einsatzfähig. Grund dafür ist eine neue Bestimmung der Tierschutz-Hundeverordnung, die Anfang des Jahres bundesweit in Kraft getreten ist. Die Neuregelung verbietet den Einsatz von Stachelhalsbändern – dabei handelt es sich um sogenannte Korrekturhalsbänder, mit denen Hunden unerwünschtes Verhalten abgewöhnt werden soll. Diese Halsbänder wurden bislang auch von der Hundestaffel der Bremer Polizei genutzt und gelten dort als alternativlos. Seit Jahresbeginn haben die 13 Hunde kaum etwas zu tun.
Lüder Fasche, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bremen, fordert eine Ausnahmeregelung für Polizeihunde. Ähnliche Vorstöße gibt es bereits aus anderen Bundesländern. Niedersachsen will sich auf Bundesebene für eine Sonderregel einsetzen. "Aus anderen Landesbezirken haben wir erfahren, dass Bremen sich als einziges Bundesland in der zuständigen Kommission gegen eine Sonderregelung ausgesprochen haben soll. Wir haben Zweifel, ob die Interessen des Tierschutzes hier auch ausreichend gegen die unserer Kollegen abgewogen worden sind", so Fasche. Der Verzicht auf Hunde könne "in Zeiten höchster Einsatzbelastung" mit einer zunehmenden Gefährdung der Kollegen und Kolleginnen einhergehen.
Die Behörde von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) erteilt der GdP-Forderung eine klare Absage. In einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Mitteilung betont Mäurer die Bedeutung der Polizeihunde, lehnt aber eine Ausnahmeregelung ab. Er habe den Bremer Polizeipräsidenten Dirk Fasse und den Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, gebeten, "das Diensthundewesen im Lande Bremen zukünftig ohne den Einsatz von Stachelhalsbändern zu gewährleisten". Auch Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) sei gegen eine Sonderregel, heißt es weiter.
Mäurer sagt, die Rechtslage sei eindeutig. "Es ist Zeit, das System der Ausbildung von Polizeihunden grundlegend zu überarbeiten", so der Innensenator. Die Halsbänder selbst werden von der Innenbehörde eher indirekt als Problem genannt. So heißt es, der Einsatz von Stachelhalsbändern sei untrennbar mit der Praxis verbunden, Tiere auf dem freien Markt einzukaufen – diese seien häufig verhaltensauffällig. Ziel müsse es sein, Zucht und Aufzucht bei der Polizei selbst anzusiedeln. Mäurer versichert, die Polizei bei der Veränderung des Diensthundewesens umfänglich unterstützen zu wollen.
Bis dahin bleibt die Situation allerdings angespannt. Ohne die Halsbänder seien aktuell allenfalls die Spürhunde einsatzfähig, heißt es von der GdP. "Junge Hunde, die noch gar keine Spezialisierung haben, können eigentlich gar nicht mehr eingesetzt werden", sagt Fasche. Ihm zufolge verursachen die Halsbänder durch einen Zug an der Leine einen gewissen Schmerzreiz, jedoch keine Verletzung. Man müsse sich das wie einen kurzen Kniff in den Oberarm vorstellen. Bislang seien die Halsbänder in besonderen Einsatzsituationen genutzt worden. Fasche nennt polizeiliche Großlagen, also zum Beispiel Fußballspiele. "Aber was im Einsatz funktionieren soll, muss natürlich auch geübt werden", sagt der Gewerkschaftsvertreter. Der leichte Schmerz diene dazu, Verhaltensweisen zu lernen – beispielsweise einen stillstehenden Täter anzubellen, aber nicht zu beißen. Das Halsband sei auch nötig, um den Hund nach einem Angriff wieder vom Täter lösen zu können.
Frage der Verhältnismäßigkeit
Der Hundetrainer Andree Kastens findet eine Ausnahmeregel für die Polizei nach eigener Aussage sinnvoll. Kastens, der eine Hundeschule in Lilienthal betreibt und in Bremen als Gutachter für gefährliche Hunde tätig ist, mahnt zugleich Verhältnismäßigkeit an. Den Hunden dürften keine unnötigen Schmerzen zugefügt werden. Das Thema sei kontrovers: Grundsätzlich seien die Stachelhalsbänder in der privaten Haltung abzulehnen – einige Halter würden sich nicht vernünftig mit ihren Tieren beschäftigen und die Halsbänder als bequeme Lösung nutzen. Bei der Polizei hingegen, so Kastens, komme es darauf an, dass die Hunde im Ernstfall absolut zuverlässig und kontrollierbar blieben. Unter diesen Umständen sei ein umsichtiger Einsatz der Halsbänder gerechtfertigt.
Konkrete Alternativen fielen ihm keine ein, sagt Kastens. Auch die GdP nennt das Hilfsmittel "alternativlos". Fasche: "Aber selbst wenn ein neues Konzept für die Ausbildung gefunden würde, wären doch mehrere Jahre nötig, um die Hunde zu 'rekonditionieren'. Deshalb ist eine zumindest temporäre Ausnahmeregelung zwingend erforderlich."