Häufiger als derzeit werden Busse und Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) in diesem oder den nächsten Monaten nicht fahren können. Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) wird nach Informationen des WESER-KURIER mit dem Winterfahrplan zwar die Linien 4 und 63 verstärken, mehr als der Regelbetrieb ist darüber hinaus auf anderen Strecken nicht möglich. Dafür fehlt es nach BSAG-Angaben an Fahrzeugen und Personal. Zu den Hauptverkehrszeiten ist dann, wie Fahrgäste bemängeln, der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht immer einzuhalten.
„Wer in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs gewesen ist, wird die Erfahrung gemacht haben, dass die Menschen dort nicht immer den Abstand einhalten können“, sagte CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp in der Sondersitzung zum Teil-Lockdown in der Bremischen Bürgerschaft am Sonnabend. Man müsse darüber nachdenken, ob die öffentlichen Verkehrsbetriebe nicht einen Corona-Fahrplan auflegen müssten – mit dichteren Takten auf den Hauptstrecken, um überfüllte Busse und Bahnen zu vermeiden. Allerdings sind die Fahrgastzahlen im ÖPNV noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau: Laut BSAG-Sprecher Jens-Christian Meyer liegt die Auslastung derzeit bei etwa 75 Prozent.
„Weil das öffentliche Leben jetzt runtergefahren wird und vermehrt Leute im Homeoffice arbeiten, gehen wir nicht davon aus, dass die Zahlen im November stark ansteigen“, sagt Meyer weiter. Hinzu komme, dass viele Fahrgäste den ÖPNV in der Corona-Krise mieden. Auf eine hundertprozentige Auslastung werde die BSAG in Pandemie-Zeiten nicht kommen. Dennoch fahre das Verkehrsunternehmen seit den Sommerferien wieder im Normalzustand, also mit einem nahezu normalen Fahrplan. „Wir lassen fast 100 Prozent des verfügbaren Materials rollen“, sagt Meyer.
Die BSAG sei daher nicht in der Lage, die Taktung über den Regelbetrieb hinaus zu erhöhen. „Dafür bräuchten wir riesige Personal- und Fahrzeugreserven“, so Meyer. Auf den angepassten Fahrplan weist auch Jens Tittmann hin, Sprecher der Verkehrsbehörde. Man habe einzelne Linien ausgedünnt, andere verstärkt. „Wir versuchen gegenzusteuern, stoßen aber auch an Grenzen.“
Niedrigere Temperaturen - höhere Taktung
Ähnlich sieht es bei den Kontrollen von Abstandsregeln in den BSAG-Fahrzeugen aus. Mit Durchsagen und Schildern wird immer wieder auf geltenden Regelungen hingewiesen. Die Bremer Straßenbahn AG setzt außerdem auf die grundsätzliche Maskenpflicht, auf das Lüftungssystem und das Öffnen aller Türen an den Haltestellen, um die Luft zirkulieren zu lassen. Das soll auch bei Minusgraden der Fall sein.
Weil man auf der Straßenbahnlinie 4 ein erhöhtes Passagieraufkommen registriert habe, erhöhe man dort zum Start des Winterfahrplans vom 9. November an die Taktung. Zudem wird es acht zusätzliche Fahrten am Tag für die Buslinie 63 vom Hauptbahnhof zum Güterverkehrszentrum (GVZ) geben. Dort waren zu den Stoßzeiten in den vergangenen Monaten die Busse besonders häufig überfüllt.
Im GVZ sind viele Logistikfirmen ansässig, die durch den Zuwachs der Online-Einkäufe während der Pandemie mehr Pakete verschicken und deren Arbeitsaufkommen entsprechend gestiegen ist. „Wir wären froh, wenn die Unternehmen im GVZ die Arbeitszeiten etwas verschieben, damit nicht alle Menschen gleichzeitig im Bus sitzen“, so BSAG-Sprecher Meyer. Das Gleiche gelte für den Beginn der Schulzeiten, um die Schülerzahlen in den Fahrzeugen zu entzerren.
„Es freut uns, dass die Buslinie verstärkt wird. Darauf haben wir in zahlreichen Gesprächen hingewiesen“, sagt Ralph Sandstedt, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft des Güterverkehrszentrums. Man habe mit den großen Firmen versucht, Abläufe zu harmonisieren. „Bei 150 Unternehmen mit zusammen 8000 Mitarbeitern ist es aber aussichtslos, ganz neue Anfangszeiten zu koordinieren“, sagt Sandstedt.
Gestopft werden muss ein großes Finanzloch bei der BSAG. Das kommunale Verkehrsunternehmen verzeichnet Einnahmeverlust durch die Corona-Krise von gut 29 Millionen Euro. Das geht aus einer Senatsvorlage für die Sitzung an diesem Dienstag hervor. Die entgangenen Fahrgeld- und sonstige Einnahmen sollen durch Mittel des Bundes und aus dem Bremen-Fonds ausgeglichen werden. Für Busse und Bahnen will der Senat noch in diesem Jahr 6,8 Millionen Euro vom Bund und 22,1 Millionen im Jahr 2021 aus dem Bremen-Fonds freigeben.