In Corona-Zeiten Bus und Bahn zu fahren, kann wegen der aktuellen Erkältungswelle für Fahrgäste in Bremen-Nord zur Belastung werden: Leserin Beate Brand (64) aus Aumund zum Beispiel stellt fest: „Ich bin zweimal gefahren und alles hat unter seinem Mundschutz gehustet und geschnieft, und es ist so voll, dass Abstände nicht eingehalten werden können.“ Sie sorgt sich um ihre und die Gesundheit anderer. Die Verkehrsunternehmen bestätigen die Beobachtungen, ändern ließe sich die Situation jedoch nicht.
Der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) weist auf die Mund-Nasenschutz-Verordnung hin, die sowohl in den Fahrzeugen als auch bei allen Fahrgastunterständen an Bus- und Straßenbahnhaltestellen sowie Bahnsteigen an Bahnhöfen gelte. „Der Mund-Nasenschutz schützt Reisende vor einer weiteren Verbreitung des Virus“, sagt VBN-Sprecher Eckhard Spliethoff. Seitdem konsequent das Nichttragen eines Mund-Nasenschutzes in Bussen und Bahnen geahndet werde, hätten Fahrgäste auch „wieder das Vertrauen in den ÖPNV zurückgewonnen“.
Spliethoff verweist zudem auf eine aktuelle Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI). Der Studie zufolge ist die Ansteckungswahrscheinlichkeit im ÖPNV deutlich geringer, als zum Beispiel in der Schule oder im privaten Umfeld. „Übertragungen im öffentlichen Bereich (in Verkehrsmitteln, Gaststätten, Hotels) kamen, sicher auch bedingt durch die massiven Gegenmaßnahmen, vergleichsweise deutlich seltener vor“, heißt es seitens des RKI.
Beate Brand findet es nicht richtig, dass unterschiedliche Regelungen gelten: „Man sperrt den Freimarkt.“ Die Leserin verweist zudem auf entsprechende Verordnungen der Gastronomie: „In jedem Café ist jeder zweiter Tisch freizuhalten.“ Gastronomen, die sich nicht daran hielten, müssten Strafe zahlen. Beate Brand fragt sich, warum das Abstandsgebot ausgerechnet für den öffentlichen Nahverkehr nicht gelte.
Nicht genügend Personal und Fahrzeuge
Der VBN könne die Kapazitäten nicht beliebig erhöhen, erläutert Eckhard Spliethoff: „Hierzu wären zusätzliches Fahrpersonal und zusätzliche Fahrzeuge erforderlich, die nicht vorhanden sind.“ Dass die Streckenkapazität im Eisenbahnbereich nicht beliebig erhöht werden kann, sagt Spliethoff ebenfalls.
Viele Fahrgäste, so der VBN-Sprecher, könnten den öffentlichen Nahverkehr gar nicht mehr nutzen, wenn etwa nur jeder zweite Sitzplatz freigegeben würde. Eckhard Spliethoff: „Dieses würde bedeuten, dass einige Personen nicht mehr befördert werden könnten, die aber auf den ÖPNV angewiesen sind. Die sogenannte 'Beförderungspflicht' der Verkehrsunternehmen stünde einer solchen Regelung außerdem im Wege.“
Die Nordwestbahn dürfe nicht einfach die Zahl der Fahrgäste reduzieren und womöglich Menschen am Bahnsteig stehen lassen: „Die Nordwestbahn kann und darf nicht eigenmächtig handeln“, meint auch Steffen Högemann, Sprecher der Nordwestbahn. Der Gesetzgeber habe sich bewusst für eine Mund-Nasen-Bedeckung, aber gegen eine Abstandsregelung entschieden: „Der Gesetzgeber sieht das als ausreichenden Schutz an.“
Würde man nur jeden zweiten Platz im Zug besetzen, müssten die Fahrgäste auf Alternativen umsteigen können. Und die Züge in Bremen seien bereits stark ausgelastet. Steffen Högemann: „Wir können in Bremen-Nord nicht mal einen Wagen dranhängen.“ Dies lasse die Infrastruktur schlicht nicht zu: Dafür seien die Bahnsteige zwischen Vegesack und Farge zu kurz. „Wir müssen in Vegesack immer erst einen Zug abkoppeln“, erläutert Högemann.
Nicht eingehaltene Mindestabstände
Bei der Nordwestbahn werden immer mal wieder Beschwerden über nicht eingehaltene Mindestabstände laut. „Es gibt Beschwerden, aber nicht viele“, sagt Högemann. Sollten Fahrgäste den Eindruck haben, dass der Zug zu voll ist, müssten sie deshalb eigenverantwortlich entscheiden, ob sie mitfahren wollten oder lieber nicht.
Wenn Beate Brand dieser Tage mit Bus und Bahn über den Vegesacker Bahnhof zu Ärzten in die Innenstadt fährt, dann versucht sie, sich besonders gut zu schützen, legt sogar doppelten Mundschutz an. Sie sorgt sich, ob das die Aerosole abhält, die Mischungen von flüssigen und festen Partikeln. Es geht ihr nicht nur darum, dass sie selbst angesteckt wird. Sie sagt, sie könne durch den mangelnden Abstand auch andere mit dem Virus infizieren: „Da fahren auch Ärzte regelmäßig mit, die im Krankenhaus arbeiten.“