Während Kinder in der Winterzeit zumeist mit heller Kleidung und Reflektoren zur Schule gehen, sind viele Jugendliche kaum zu sehen. Sie radeln häufig ohne Licht und tragen dunkle Kleidung. Manche haben sogar Kopfhörer im Ohr oder hantieren während der Fahrt mit ihrem Handy. Bußgelder und Ermahnungen scheinen nicht zu fruchten.
Vor allem jugendliche Radfahrer riskieren Unfälle, weil sie oft ohne Licht unterwegs sind. Mancher befasst sich während der Fahrt noch mit dem Handy oder hört über Kopfhörer laute Musik. „Eltern sollten diese Kinder mal im Auto mitnehmen, damit sie begreifen, wie schlecht unbeleuchtete Radfahrer zu sehen sind“, rät Jürgen Bösche, zweiter Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Bremen-Nord. „Das Problem ist wirklich katastrophal – beispielsweise am Deich in Lemwerder. Da gibt es viele Bögen und trotzdem sind die Jugendlichen bei Dunkelheit ohne Licht und schwarz gekleidet unterwegs.“ Bösche: „Die sieht man erst im letzten Moment.“ Oft habe er schon die Scheibe runtergefahren und gerufen „Mensch, mach doch mal das Licht an“, aber er habe nur abfällige Bemerkungen geerntet.
Der ADFC könne nur dringend an die Radfahrer appellieren, mit Licht zu fahren, so Bösche, aber leider habe die Ignoranz der Jugendlichen diesbezüglich zugenommen. „Vielleicht werden Polizisten auch nicht mehr als Respektspersonen betrachtet“, vermutet der 63-Jährige. Diese Meinung teilt Christian Ostner vom Fahrradhaus A.O. Meyer in Blumenthal. „Die Einsicht ist nicht sehr groß – vielleicht sollte das Bußgeld erhöht werden.“ Derzeit zahlen Radfahrer 20 Euro, wenn sie ohne Beleuchtung unterwegs sind.
„Dass Leute – übrigens nicht nur Jugendliche – ohne Licht fahren, ist schlimmer geworden“, so der Zweiradmechaniker. Ein Grund sei wohl auch der Vandalismus. Reparieren müsse er oft Fahrräder, deren Leuchten offenkundig mit Absicht abgetreten worden sind. „Das kommt an Schulen oft vor, und die Jugendlichen fahren dann einfach so weiter“, bedauert Ostner. Über die Reparaturkosten gebe es in der Werkstatt gelegentlich Streit zwischen Eltern und Kindern. Ostner: „Teils zahlen die Eltern, teils geht das vom Taschengeld ab.“
Derzeit kämen täglich Kunden mit defekten Lichtanlagen. Mancher entscheide sich auch für LED-Leuchten, die mit Haltern am Lenker, an der Sattelstütze oder am Gepäckträger befestigt werden. Zugelassen sind die Ansteckleuchten mit Akkus oder Batterien seit August.„Die muss man aber immer abnehmen, sonst werden sie geklaut“, weiß Christian Ostner. „Und wenn die Akkus leer sind, steht man auch im Dunkeln.“
Eltern sind in der Pflicht
Aber nicht nur dann. Die 16-jährige Carolin aus Ihlpohl ist mit einem Hollandrad ohne Beleuchtung unterwegs. Die Vorderlampe ist völlig verrostet, und auch das Rücklicht ist defekt. „Ich habe stattdessen Klicklichter, so Carolin, „aber die habe ich heute nicht mit“. Die Akkulampen seien lästig, „weil man die immer abmachen muss“. Also ist Carolin, die das Schulzentrum an der Bördestraße besucht, zuweilen ohne Beleuchtung unterwegs. „Ich fahre dann manchmal kurz auf dem Fußweg, damit mich die Autos nicht erwischen“, gibt sie zu. Schließlich sei ihre Winterjacke dunkel „und Reflektorstreifen würde ich nicht tragen“. Musik höre sie eh nur mit einem Kopfhörer, „damit ich noch mitkriege, was um mich herum passiert“.
Freddy, Bob und Florian sind zu dritt auf zwei Fahrrädern ohne Beleuchtung unterwegs – auf dem Fußweg. „Wir haben damit Erfahrung, uns passiert nichts“, behauptet der 15-jährige Florian. Der gleichaltrige Freddy aus Lesum hat statt einer Rückleuchte eine Plastik-Palme am Schutzblech. Auch die Vorderlampe ist defekt. „Zwischendurch ging das Licht mal“, erzählt der Schüler der Oberschule Lesum. „Ich repariere das heute oder morgen“, versichert er grinsend. Zwar besitze er Klickleuchten, „aber der Halter am Gepäckträger ist kaputt, der muss erst wieder angeschweißt werden.“Und wenn die Polizei kommt? „Dann winke ich denen freundlich zu und bin dann einfach weg.“„Wir machen deshalb Schwerpunktkontrollen vor den Schulen“, betont Franka Haedke, Pressesprecherin der Polizei Bremen. Unter dem Motto „Wir wollen uns sichtbar machen“ führen Beamte Gespräche mit den Schülern und animieren sie, Warnwesten oder Reflektorkragen zu tragen. „Jugendliche finden das natürlich genauso uncool wie Helme“, weiß Haedke. Hier seien die Eltern in der Pflicht. „Es sollte ihnen schon ein Anliegen sein, dass ihre Kinder eine ordnungsgemäße Beleuchtung am Rad haben und als schwächere Verkehrsteilnehmer gut zu sehen sind.“