Mit jedem Tag steigt die Corona-Inzidenz in der Stadt Bremen derzeit auf neue Rekordwerte. Am Mittwoch wurden erstmals mehr als 1000 Neuinfektionen an einem einzigen Tag gezählt. Die Inzidenz kletterte um 140 auf jetzt 761 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den zurückliegenden sieben Tagen. Das Gesundheitsressort rechnet mit weiter steigenden Werten. Die hochansteckende Omikron-Variante des Virus sorgt dabei in Bremen bereits nach kurzer Zeit für die Mehrzahl dieser Neuinfektionen.
Wo gibt es die meisten Ansteckungen?
Einen dominierenden Übertragungsweg gibt es nach Aussage von Lukas Fuhrmann nicht. Der Sprecher des Gesundheitsressorts nennt es mit dem Fachbegriff der Epidemiologen „Community-Transmission.“ Das bedeutet, die jeweiligen Ansteckungswege der Betroffenen sind nicht mehr eindeutig nachvollziehbar, weil das Virus faktisch überall verbreitet ist. „Die Menschen stecken sich damit auch überall an, wo sie eben zusammenkommen“, sagt Fuhrmann. Es sei dabei ohne Bedeutung, ob es sich um private Zusammenkünfte oder Treffen an öffentlichen Orten handelt. Der Arbeitsplatz spiele ebenso eine Rolle wie der Nahverkehr, die Gastronomie, Sportstätten, Kulturveranstaltungen oder Familienfeiern. Direkte persönliche Kontakte zu reduzieren und zu vermeiden sei der einzige Weg, auch den Kontakt mit dem Virus zu vermeiden.
Trifft es Geimpfte und Ungeimpfte in gleicher Weise?
Hinsichtlich des möglichen Ansteckungswegs macht die Impfung keinen Unterschied. Hinsichtlich der Folgen einer Infektion offenbar ganz eindeutig. „In der Altersgruppe 60-plus haben wir mit fast 70 Prozent die höchste Rate von Booster-Impfungen und aktuell zugleich die niedrigsten Inzidenzen“, sagt Fuhrmann. Allerdings dürfte die dritte Impfung einer von mehreren Faktoren dafür sein. Die älteren Semester sind zugleich weniger mobil und haben im Schnitt weniger soziale Kontakte als Jüngere.
Welche Altersgruppen sind besonders betroffen?
Der frühere Befund, dass Corona in Bremen eine Pandemie der eher jüngeren Einwohner ist, trifft auch bei dieser fünften Welle zu. In der Gruppe der 20- bis 24-Jährigen lag die Inzidenz in der letzten Dezemberwoche bereits bei über 1000 und hatte sich damit gegenüber der Vorwoche mehr als verdoppelt. Auch bei den Jüngeren ab zehn Jahren sowie in der Altersklasse bis 34 Jahren sind die Ansteckungsraten mit Inzidenzen jenseits der 800 derzeit am Höchsten. Das gilt für den gesamten Pandemieverlauf seit März 2020. Während von den Bremerinnen und Bremern zwischen fünf und 34 Jahren seitdem rund zehn Prozent eine Corona-Infektion durchgemacht haben, sind es in der Altersgruppe ab 60 Jahren etwas über vier Prozent. Allerdings zeigen die Zahlen des Robert-Koch-Instituts keinen einzigen Todesfall bei den Jüngeren, gegenüber 435 an oder mit Corona Verstorbenen bei den Älteren.
Gibt es örtliche oder zeitliche Cluster mit gehäuften Infektionen?
In dem Sinne, dass sie entscheidende Treiber des Infektionsgeschehens sind, gibt es solche Cluster laut Gesundheitsressort aktuell nicht. „Mit den hohen Ansteckungszahlen beobachten wir allerdings auch wieder vermehrt Infektionen in Gemeinschaftseinrichtungen“, sagt Fuhrmann. Aktuell gibt es beispielsweise Coronafälle in 26 Bremer Pflegeeinrichtungen. In der Mehrzahl handele es sich dabei jeweils um wenige Einzelfälle, in einigen Häusern sind aber auch wieder zehn und mehr Betroffene festzustellen. „Bei hohen allgemeinen Infektionszahlen ist das Virus nahezu zwangsläufig auch wieder in Pflegeeinrichtungen präsent“, sagt Fuhrmann. Das könne man nur verhindern, wenn man die Einrichtungen komplett abschotte, was niemand wolle. „Umso wichtiger ist daher die Booster-Impfung, die schwere Verläufe verhindert.“
Wieso ist Bremen besonders von steigenden Infektionszahlen betroffen?
Das Gesundheitsressort sieht hier keine Ausnahme-Entwicklung, sondern geht davon aus, dass die Omikron-Welle aufgrund der Nähe zu stark betroffenen Ländern wie die Niederlande und Dänemark ganz Nordwest-Deutschland als erstes trifft. "Wir haben im Vergleich zu anderen Landkreisen aber keinen Meldeverzug in unseren Zahlen, das heißt die Werte spiegeln das Infektionsgeschehen so gut und aktuell wider, wie bislang auch", nennt Fuhrmann eine mögliche Ursache für den sichtbaren Anstieg. Ein weiterer möglicher Grund: Weil die Bremer Infektionszahlen bis Mitte Dezember viel niedriger waren als im Bund, wird der Omikron-Anstieg früher sichtbarer als in Landkreisen mit zuvor schon hoher Inzidenz.
Wie kann man gegensteuern?
"Impfen, Kontakte reduzieren und bei jeder Begegnung die Hygieneregeln beachten", lautet die Empfehlung von Fuhrmann. In Sachen Kontaktnachverfolgung ist das Gesundheitsamt angesichts der Vielzahl der Fälle nicht mehr zu vertiefter Recherche in der Lage. "Das konzentriert sich derzeit auf die jeweiligen Haushaltsmitglieder", sagt er. Wie weit die an diesem Donnerstag geplanten Senatsbeschlüsse zur Anwendung von 2G-plus-Regelungen reichen, ist derzeit noch offen. Laut Gesundheitsressort ist eine Ausweitung prinzipiell auf alle Bereiche über die Gastronomie hinaus denkbar, in denen bislang 2G gilt.