Der Streit um die geplante Bahnwerkstatt in Oslebshausen geht vor Gericht. Die Bürgerinitiative (BI) Oslebshausen und umzu hat Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht. Die Klage erfolgt demnach im Namen mehrerer Mitglieder, die durch den zu erwartenden Lärm besonders betroffen wären. Damit macht die BI ihre Ankündigung wahr, sich notfalls auch gerichtlich gegen die Werkstatt zur Wehr zu setzen, die der Zughersteller Alstom an der Reitbrake errichten will. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen bestätigte auf Nachfrage den Eingang der Klage, eine genaue Klagebegründung liegt einem Sprecher zufolge aber noch nicht vor.
Nach Angaben der BI zielt die Klage unter anderem auf eine fehlerhafte Bekanntmachung und "erhebliche Abwägungsmängel im Hinblick auf Lärm- und Gesundheitsrisiken" ab. Mit Blick auf die zu erwartende Lärmbelastung bemängelt die Initiative außerdem "rechtsbeugende Lärmgutachten" – ein von Alstom beauftragtes Gutachten wurde im Gröpelinger Beirat massiv kritisiert, nachdem ein Alternativgutachter dieser Untersuchung "eine Vielzahl von Mängeln und Fehlern" attestiert hatte. Außerdem ist die BI der Ansicht, dass Alternativstandorte für eine Bahnwerkstatt nicht ausreichend geprüft worden seien. Diesen Vorwurf haben die politisch Verantwortlichen in Fachdeputationen und Bürgerschaftsdebatten regelmäßig zurückgewiesen.
"Wir sind überzeugt, dass die Klage in unserem Sinne ausgehen wird. Der Planfeststellungsbeschluss ist intransparent, handwerklich mangelhaft und Ausdruck einer Verwaltung, die das Vertrauen der Menschen verloren hat", sagt Dieter Winge, Sprecher der BI. Die Politik habe "eine besondere Ignoranz an den Tag gelegt und sämtliche Argumente, die gegen diesen Standort sprechen, abgetan". Wie berichtet, hat der Senat Ende März nach vielen Diskussionen die Pläne für die Bahnwerkstatt beschlossen.
Gegen den Planfeststellungsbeschluss wehren sich nicht nur die Anwohner juristisch: Mehrere Betriebe, die im Industrie- sowie im Holz- und Fabrikenhafen ansässig sind, haben nach Angaben des OVG ebenfalls Klage eingereicht. Auch diese Klage kommt nicht gänzlich unerwartet, nachdem sich die Hafenwirtschaft zu Jahresbeginn dafür eingesetzt hatte, das Genehmigungsverfahren für die Bahnwerkstatt zu stoppen.
Die Betriebe befürchten eine Überlastung des Zugverkehrs: Die stellenweise einspurige Güterbahnstrecke in die Häfen und zum Arcelor-Mittal-Stahlwerk könnte zu einem "ernsthaften Engpass" werden, wenn dort künftig auch der Bahnverkehr zur Werkstatt entlang rollt, so die Kritik. Auch diese Befürchtung haben das Bremer Bau- und Verkehrsressort sowie die Deutsche Bahn wiederholt zurückgewiesen.
Die Oslebshauser Bürgerinitiative wiederum unterstützt ihre Klagepartner aus der Wirtschaft argumentativ. "Der Beschluss gefährdet nicht nur unsere Lebensqualität, sondern auch Hunderte Arbeitsplätze in den Hafenbetrieben und im Stahlwerk. Wer so fahrlässig plant, riskiert mehr als nur juristischen Widerspruch", sagt Rolf Vogelsang, Mitglied der BI und früherer Bürgerschaftsabgeordneter.
Nach Aussage des Gerichtssprechers muss nun die Beklagte, das Bremer Bau- und Verkehrsressort, mit einer Stellungnahme auf die Klage der Hafenbetriebe reagieren. Im Fall der betroffenen Anwohner seien zunächst die Kläger in der Pflicht, die konkrete Klagebegründung nachzureichen. Die BI lässt sich nach eigenen Angaben von der Kanzlei Baumann Rechtsanwälte mit Sitz in Leipzig und Würzburg vertreten, die auf Verwaltungsrecht spezialisiert ist.
In der umstrittenen Bahnwerkstatt will Alstom seine neuen Doppelstockzüge warten lassen. Die Lieferung der 34 Fahrzeuge, die für das Expresskreuz Bremen-Niedersachsen (EBN) eingeplant sind, hat sich mehrfach verzögert. Nach aktuellem Stand sollen die ersten Züge im März 2026 ausgeliefert werden. Das EBN umfasst den Regionalzugverkehr zwischen Osnabrück, Hannover und der Küste zu denen die Linien RE 1, RE 8 und RE 9 zählen. Es wird täglich von rund 40.000 Pendlern genutzt, die Regionalzug-Linien kreuzen sich in Bremen.