Zehntausende Gartenbesitzer in Bremen und Bremerhaven müssen sich auf neue Schutzbestimmungen für ihr privates Grün einstellen. Die Umweltbehörde will die bestehende, rund 20 Jahre alte Baumschutzverordnung deutlich nachschärfen. Das geht aus einem Entwurf hervor, der dem WESER-KURIER vorliegt. Die geplanten Veränderungen sollen ab dem Herbst greifen. Die Politik hat allerdings ein Wort mitzureden, es braucht ein entsprechendes Votum der Umweltdeputation. Auch sie wird nach der Wahl am 14. Mai neu zusammengesetzt.
Was sagt die bestehende Verordnung aus?
Die gültige Baumschutzverordnung aus dem Jahr 2002 nennt als ihren Zweck „die Pflege und Erhaltung des Baumbestandes im Lande Bremen zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen auf das Stadtklima sowie zur Belebung, Gliederung und Pflege des Orts-und Landschaftsbildes“. Geregelt ist in der Vorschrift beispielsweise, dass Laubbäume mit einem Stammumfang von mindestens 120 Zentimetern nicht gefällt werden dürfen, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Geschützt sind außerdem Obstbäume mit einem Umfang von wenigstens 80 Zentimetern und Nadelbäume, wenn sie einen Stammumfang von 300 Zentimetern und mehr erreichen.
Was soll sich ändern?
Der Entwurf der Behörde macht keinen Unterschied mehr zwischen verschiedenen Baumarten. Alle Bäume sollen künftig ab einem Stammumfang von 80 Zentimetern geschützt sein, mit Ausnahme von Pappeln und Fichten. Für Alleebäume sollen 30 Zentimeter gelten, wobei es hier in erster Linie um den öffentlichen Raum geht. Erstmals tauchen auch Hecken in der Schutzverordnung auf. Sie sollen ab einer Länge von fünf Metern und einer Höhe von drei Metern unangetastet bleiben. Änderungen kommen auch auf Kleingartengebiete zu. Dort galten bisher Ausnahmen von der Baumschutzverordnung. In ihrer Neufassung soll sie Vorrang vor den einzelnen Gartenordnungen der Vereine haben. Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) bekennt sich ausdrücklich zu der Novelle. Sie werde „der immer weiter steigenden Bedeutung von Bäumen und Hecken besser gerecht, ohne dabei unverhältnismäßig in das Privateigentum einzugreifen“.
Sind Ausnahmen möglich?
Wie jetzt schon soll die Behörde in bestimmten Fällen Befreiungen von der Schutzverordnung aussprechen können, etwa wenn ein Baum die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. In der Regel würde dann eine Verpflichtung zu Ersatzpflanzungen bestehen.
Was ist neu?
Neu sind die Dokumentationspflichten. „Die Vornahme der Ersatzpflanzung ist der unteren Naturschutzbehörde durch einen Bildnachweis und eine Standortbestimmung anzuzeigen“, heißt es im Entwurf. Und: „Der Anwachserfolg ist nach Ablauf von fünf Jahren als Fotodokumentation nachzuweisen.“
Welche Reaktionen liegen vor?
Die Umweltbehörde hatte einige Umweltverbände um Stellungnahme gebeten, nicht aber beispielsweise den Eigentümerverband Haus und Grund. Von BUND und Naturschutzbund Nabu war am Mittwoch keine Stellungnahme zu erhalten. Haus-und-Grund-Geschäftsführer Ingmar Vergau lehnt die geplante Neuregelung ab. Er sieht in ihr „einen gravierenden Eingriff in die Eigentumsrechte“. Grundstücksbesitzer würden sich künftig genau überlegen, was sie pflanzen könnten, um nicht mit der novellierten Baumschutzsatzung in Konflikt zu geraten. Insofern werde sich das Projekt „eher kontraproduktiv“ auswirken. Die Vorsitzende des Landesverbandes der Gartenfreunde, Viola Falkenberg, wurde nach eigenen Angaben ebenfalls nicht von der Umweltbehörde konsultiert. Sie sei nicht grundsätzlich gegen mehr Baumschutz. Wenn aber die neue Verordnung die Gartenordnungen der Kleingartenvereine verdränge, „dann stößt das schon auf“, so Falkenberg. Es gebe Klärungsbedarf.
Was sagen Experten?
Andreas Roloff ist Professor an der TU Dresden und Leiter des Deutschen Baum-Instituts. Er hält die geplanten Veränderungen an der Rechtslage für „sinnvoll und nachvollziehbar“. Was ihre Strenge angehe, liege die überarbeitete Bremer Baumschutzverordnung „etwas über dem Durchschnitt“ der einschlägigen Vorschriften in deutschen Kommunen. Zu erwarten sei nun allerdings, dass manche Grundbesitzer in Erwartung der neuen Bestimmungen zur Säge greifen, um Fakten zu schaffen. „Das kommt häufig vor, wenn Baumschutzsatzungen neu eingeführt oder verändert werden“, weiß Roloff, „aber damit muss man leben.“