In Bremen ist die Versorgung mit schnellem Internet im Vergleich zum Bundesgebiet überdurchschnittlich hoch. Deutlich schlechter sieht es dagegen im unmittelbaren Umland aus. Laut Bundesverkehrsministerium ist mit Stand Mitte 2020 im Land Bremen für 95,5 Prozent aller Haushalte der Zugang zu einer Übertragungsrate von mindestens 1000 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) möglich, das sogenannte Gigabit-Netz. Damit lassen sich theoretisch pro Sekunde 125 Megabyte Daten herunterladen.
In Niedersachsen ist eine solche Breitbandversorgung für 53,9 Prozent der Haushalte realisiert. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 55,9 Prozent. Im Stadtstaat Hamburg ist das für 95,8 Prozent, in Berlin für 92,1 Prozent der Haushalte machbar.
Das jüngst beschlossene Telekommunikationsgesetz räumt jedem Bürger ein Recht auf schnelles Internet ein. Dafür soll das Verkehrsministerium künftig jährlich die Mindestbedingungen festlegen. Dabei soll laut Gesetz die „von mindestens 80 Prozent der Verbraucher im Bundesgebiet genutzte Mindestbandbreite, Uploadrate und Latenz“ berücksichtigt werden. Aktuell wird in der Gesetzesbegründung eine Übertragungsrate von 30 MBit pro Sekunde als untere Geschwindigkeitsgrenze erwähnt. Das soll laut Koalition für Videokonferenz-Anwendungen ausreichen.
Eine Auswertung des Breitbandzentrums Niedersachsen-Bremen in Osterholz-Scharmbeck vom Januar dieses Jahres zeigt, dass die Versorgung in der Region im Detail unterschiedlich aussieht. Betrachtet werden dabei nicht die Haushalte, sondern die Gebäudeanschlüsse.
So ist beispielsweise für rund 1,6 Prozent der Gebäude in Walle derzeit weniger als 30 Mbit/s verfügbar, in der Vahr hingegen haben bereits 100 Prozent Zugriff auf diese Mindest-Bandbreite. Größere Versorgungslücken gemessen an den Hausanschlüssen gibt es demnach vor allem in den weniger dicht besiedelten Randbereichen. Das betrifft das Blockland (91 Prozent), Strom (92 Prozent) sowie Seehausen (97 Prozent). Die größte Lücke findet sich in den Häfen mit vornehmlich gewerblicher Bebauung. Knapp 30 Prozent der Gebäude sind hier mit weniger als 30 MBit/s versorgt.
Bei höheren Übertragungsraten werden die Unterschiede deutlicher. Wenigstens 100 Mbit/s sind in Strom für nur noch 35 Prozent verfügbar, in Seehausen für 60 Prozent und im Blockland für lediglich 17 Prozent. Aber auch in Borgfeld ist für rund sieben Prozent der Bebauung ein solcher Anschluss aktuell nicht möglich. Die Lücken im Gigabitnetz finden sich hingegen nicht nur am Stadtrand. Ein solcher Hausanschluss ist etwa in Mitte für über 13 Prozent der Gebäude nicht machbar, in der Neustadt gilt das für acht Prozent. Versorgungsgrade über 95 Prozent finden sich allein in Findorff, Schwachhausen und der Östlichen Vorstadt.
Deutlich mehr schnelle Anschlüsse fehlen im Bremer Umland. Die meisten Gebäude mit Zugang zu einer Gigabitleitung finden sich mit einem Anteil von rund 88 Prozent in Delmenhorst. Der geringste Ausbaugrad des Netzes liegt mit gut 50 Prozent Anschlussmöglichkeit in Schwanewede. In den Landkreisen Verden, Osterholz und Wesermarsch müssen jeweils rund 30 Prozent der Gebäude sogar mit weniger als 100 Mbit/s auskommen, im Landkreis Diepholz sind es 40 Prozent. Auch in allen größeren Orten fällt der Versorgungsgrad im Vergleich zu Bremen durchgehend niedriger aus. Die höchste Versorgungsquote mit 100 Mbit/s haben Delmenhorst und Oyten mit 94 und 87 Prozent, die niedrigste Schwanewede mit etwas über 68 Prozent.
100 ist das neue 30
Die Übertragungsrate von 100 Mbit/s ist seit Ende April zugleich die neue Grenze für die Möglichkeit von Kommunen, den Ausbau mit Glasfasern durch Fördermittel des Bundes voranzutreiben. Bislang lag diese sogenannte Aufgreifschwelle bei den nun als Mindestrecht eingeräumten 30 Mbit/s. Die Förderung ist möglich, wenn kein privater Netzanbieter ein Gebiet in den kommenden drei Jahren erschließen will. "Die neue Grenze passt in eine Zeit der intensiven Nutzung von datenhungrigen Anwendungen wie hochauflösender Videokonferenzen", sagt Peer Beyersdorff, Geschäftsführer des Breitbandzentrums Niedersachsen Bremen.
Er weist darauf hin, dass der Bund schon jetzt eine Fördergrenze von 1000 Mbit/s ab 2023 angekündigt hat. Die Kommunen müssten für künftige Vorhaben daher schon jetzt ihre Ausbaukonzepte abwägen. "Es macht aus meiner Sicht zum Beispiel keinen Sinn, heute in Gebieten den 100 Mbit-Ausbau zu fördern, in denen nur vereinzelt Gebäudeanschlüsse fehlen", sagt der Experte. In anderthalb Jahren wären in solchen Bereichen flächendeckende Förderungen für ein Gigabit-Netz möglich. Der Nachteil: Die jetzt mit weniger als 100 Mbit/s versorgten Adressen müssten länger auf schnelleres Internet warten.