Erst vor knapp sechs Jahren hat Bremen die Kita-Gebühren abgeschafft – seit August 2019 müssen Eltern für die Betreuung von Kindern über drei Jahre nichts mehr zahlen. Doch nun stellt Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) die Beitragsfreiheit infrage. Drohe eine Qualitätseinbuße, müsse man über sozial gestaffelte Kita-Beiträge und Beitragsfreiheit nur für eine bestimmte Betreuungsdauer reden, sagte die Senatorin gegenüber dem „Weser-Report“. In den eigenen Reihen und den beiden anderen Regierungsfraktionen der Grünen und Linken stößt Aulepps Vorschlag auf wenig Gegenliebe. Auch die Opposition kann Kita-Gebühren nichts abgewinnen.
In den vergangenen Wochen habe man in der Fraktion zwar über Kita-Beiträge gesprochen, sagt die Sprecherin für Kinder, Heike Kretschmann. „Als SPD-Fraktion lehnen wir aber die Wiedereinführung von Kita-Gebühren ab.“ Die Beitragsfreiheit wertet sie als „Baustein, um Chancengleichheit zu ermöglichen“. Spielraum für Kita-Gebühren sieht Kretschmann nur bei Betreuungszeiten über acht Stunden. „Das müsste man genau betrachten und prüfen“, sagt sie mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag. Darin kündigt der Senat einen sozial gestaffelten Zuzahlungsbeitrag bei mehr als acht Betreuungsstunden an. Der Wortlaut: „Wer wenig verdient, zahlt nichts oder wenig, wer viel verdient, zahlt mehr.“
Ähnlich positioniert sich der grüne Koalitionspartner. „Bei längeren Betreuungszeiten kann man über gewisse Gebühren für diejenigen Menschen nachdenken, die es sich leisten können“, sagt die kinderpolitische Sprecherin Franziska Tell. Wenn im Gegenzug die Qualität frühkindlicher Bildung sichergestellt werden könne, sei Aulepps Vorstoß „durchaus sinnvoll“ – gerade angesichts der Suche nach Einsparpotenzial bei den nahenden Haushaltsberatungen. Grundsätzlich gegen jede Wiedereinführung von Kita-Gebühren stellen sich die Linken. „Frühkindliche Betreuung darf kein Luxusgut sein“, sagt die kinderpolitische Sprecherin Miriam Strunge. „Wir haben ja schließlich auch keine Schulgebühren.“
Scharfer Gegenwind bläst Aulepp von der CDU ins Gesicht. Die Sprecherin für Kinder und Familie, Sandra Ahrens, wirft dem rot-grün-roten Senat eine Haushaltspolitik ohne roten Faden vor. „Eltern sollen jedes Mal die Fehler von Rot-Grün-Rot ausbügeln“, sagt sie. „Die Idee dahinter ist: Wer arbeitet, muss zahlen.“ Kita-Gebühren kommen für Ahrens auch wegen der Konkurrenz mit Niedersachsen nicht in Betracht, wo bereits seit 2018 keine Kita-Beiträge mehr erhoben werden. Eine Veränderung dieser Position sei nicht erkennbar. „Wir brauchen aber einen Gleichklang mit Niedersachsen, wenn wir junge Familien in Bremen halten wollen.“
Den Standortfaktor führt auch die FDP ins Feld. „Gegenüber Niedersachsen müssen wir jeden Vorteil behalten, den wir haben“, sagt der kinderpolitische Sprecher Fynn Voigt. Kita-Gebühren könnten aus seiner Sicht allenfalls das letzte Mittel sein. „Solange sich anderes Einsparpotenzial im Haushalt findet, darf es keine Kita-Gebühren geben“, sagt Voigt. „Das Bildungsressort kommt mit seinem Geld nicht klar.“ Aulepp suche Auswege – wie zuletzt bei der Schließung der kirchlichen Kita-Küchen. Gegen Kita-Gebühren in jeder Form spricht sich das Bündnis Deutschland aus. „Dadurch würden die fleißigsten Leute, die am meisten Steuern zahlen, am meisten bestraft werden“, sagt der bildungspolitische Sprecher Holger Fricke.
Unterdessen rückt Aulepp davon ab, ungelerntes Personal in Kitas einzusetzen, um den Fachkräftemangel aufzufangen. Zuerst hatte „buten un binnen“ darüber berichtet. Eine leichte Absenkung der Anforderungen ist im neuen Gesetzesentwurf für eine Übergangszeit bis 2030 geplant: In den Randzeiten sollen pädagogische Fachkräfte eine Gruppe zu zweit betreuen dürfen. Im Notfall sollen nach einer vierwöchigen Fortbildung auch Assistenzen oder Kindertagespflegepersonen die Betreuung übernehmen dürfen.
„Aufgrund des Fachkräftemangels kommen wir nicht drumherum, es sollte aber zeitlich begrenzt sein“, sagt Melanie Krause, Vorsitzende des Kita-Fachkräfteverbands Niedersachsen-Bremen. „Die Absenkung der Standards hätten wir gerne vermieden, wir sind aber nicht realitätsfern. Wichtig ist, dass man nun mit einer Ausbildungsoffensive vorangeht“, sagt Juliane Klug, Sprecherin der Elterninitiative „Kitastrophe“. Im Jahr 2024 konnten 900 Kitaplätze aufgrund von Fachkräftemangel nicht bespielt werden.