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Politik Nach AfD-Aussage: Meyer-Heder tritt als Bremer CDU-Chef zurück

Bremens CDU-Chef Carsten Meyer-Heder ist zurückgetreten. Zuvor hatte er im Gespräch mit Buten un Binnen bemerkenswerte Aussagen getätigt. Der Unternehmer schloss eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht aus.
29.09.2023, 13:20 Uhr
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Von Jan-Felix Jasch Joerg Helge Wagner

Carsten Meyer-Heder ist nicht länger Landesvorsitzender der Bremer CDU. Das teilte die stellvertretende Landesvorsitzende Yvonne Averwerser mit. Zuvor hatte der 62-jährige Unternehmer mit einer Aussage zur AfD aufhorchen lassen. Er habe in dem Interview Aussagen zur AfD gemacht, "die eine völlig andere Wirkung in der Öffentlichkeit erzeugen, als ich es beabsichtigt habe. Ich stand nie und stehe auch heute nicht im Verdacht, in der Nähe der AfD zu stehen. Insofern bedauere ich es sehr, dass meine Aussagen dahingehend verstanden wurden", teilte Carsten Meyer-Heder mit.

Averweser dankte Meyer-Heder "für die wichtigen Impulse seiner Arbeit während der letzten Jahre". Er habe "den Weg für eine paritätische Liste und mehr Diversität 2023 geöffnet und entscheidend daran mitgewirkt, dass wir unseren Weg zur modernen Großstadtpartei weitergehen", hieß es weiter. Bis zum Wahlparteitag im Mai kommenden Jahres werden die vier Stellvertreter Meyer-Heders die Partei führen.

In dem Gespräch mit dem Regionalmagazin Buten un Binnen wollte der ehemalige Landesvorsitzende der Christdemokraten eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht ausschließen. Es sei falsch, auf kommunaler Ebene nicht in Bereichen zu kooperieren, in denen sich die Parteien inhaltlich einig seien, so Meyer-Heder. "Es geht um die Inhalte und nichts anderes. Wenn wir Dinge bewegen wollen und wir sind einer Meinung mit der AfD: Warum nicht?"

Meyer-Heder distanzierte sich explizit von dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke. "Dass es da einen Höcke gibt – das ist ein Arschloch – das weiß auch jeder. Warum der immer noch in der AfD ist? Das macht natürlich die ganze AfD kaputt", sagte Meyer-Heder. Man könnte nicht so tun, als gäbe es Höcke nicht. Aber es seien ja nicht alles Rechtsradikale in der AfD, heißt es weiter. 

CDU hält Distanz zum Bündnis Deutschland

"Die Brandmauer nach rechts steht", betonte Fraktionschef Frank Imhoff am Vormittag auf einer Pressekonferenz, die eigentlich zu den Ergebnissen der Klausurtagung der CDU einberufen worden war. "Die AfD will einen anderen Staat", deshalb sei jegliche Zusammenarbeit mit ihr für die Bremer CDU tabu.  Averwerser ergänzte, dass der gesamte Vorstand schon kurz nach Bekanntwerden der Aussagen mit Meyer-Heder Kontakt aufgenommen habe.

Im Gegensatz zur außerparlamentarischen AfD ist rechts von der CDU das Bündnis Deutschland (BD), vormals Bürger in Wut, in der Bürgerschaft mit neun Abgeordneten vertreten. Imhoff sagte auf Nachfrage, die CDU könne diese Partei noch nicht genau einschätzen. Deshalb habe man sich bislang zu jedem ihrer Anträge der Stimme enthalten. "Wir werden sie erst einmal beobachten", sagte der CDU-Fraktionschef. "Sobald dort rechtsradikale oder antisemitische Äußerungen fallen, geht die Klappe runter."

SPD-Fraktionschef Güngör zieht Nazi-Vergleich

In der regierenden SPD ist gleichwohl von einem "Rechtsruck der Bremer CDU" die Rede. „Der Rücktritt von Meyer-Heder ist richtig, aber die CDU muss auch in Bremen ihr Verhältnis zur AfD und auch zu Bündnis Deutschland in Ordnung bringen“, fordert der Landesvorsitzende Reinhold Wetjen. "Das Kokettieren mit gemeinsamen Mehrheiten rechts der CDU ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer!", heißt es in einer Stellungnahme des SPD-Landesverbands. Wer konstruktive Vorschläge mache, brauche keine rechtsextremen Mehrheitsbeschaffer. 

Kurz vor Meyer-Heders Rücktritt zog SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör noch einen direkten Vergleich zum Aufstieg der Nationalsozialisten: „Die Idee der Konservativen, man könne sich über Faschisten im Parlament Mehrheiten organisieren, endete schon einmal in Konzentrationslagern, Millionen von Kriegstoten und zerbombten Städten. Wer so fahrlässig meint, das ein zweites Mal versuchen zu können, der schließt einen Pakt mit dem Teufel.“

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"Auch wenn der Landesvorsitzende nun seinen Rücktritt erklärt hat, bleibt das Gesagte im Raum", heißt es aus der Fraktion der in Bremen mitregierenden Linken. "Seit der Wahl der neuen Landesregierung fällt die CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft zudem mit zunehmenden Positionierungen in der Nähe der AfD auf", konstatieren die beiden Fraktionsvorsitzenden Sofia Leonidakis und Nelson Janßen. So habe die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wiebke Winter erst kürzlich in einer Anfrage von staatlich finanzierter Drogenkriminalität im Zusammenhang mit Geflüchteten gesprochen. "Es wird immer deutlicher erkennbar, dass auch das rechtspopulistische „Bündnis Deutschland“ von der CDU offensichtlich als Kooperationspartner anerkannt wird."

“Es ist konsequent, dass Carsten Meyer-Heder nach dem versuchten Schulterschluss mit der AfD zurücktritt", sagte für den grünen Koalitionspartner Landesvorstandssprecherin Alexandra Werwath. "Der Schaden ist allerdings angerichtet und zeigt, dass es Kräfte in der CDU gibt, die eine Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Kräften vorbereiten und normalisieren wollen." Die CDU in Bremen und im Bund müsse klären, wie sie im Verbund mit allen Demokraten eine weitere Radikalisierung in Deutschland verhindern wolle.

Carsten Meyer-Heder wollte Landesvorsitz im Frühjahr 2024 aufgeben

Meyer-Heder hatte Anfang September bekannt gegeben, sich auf dem Landesparteitag im Frühjahr 2024 nicht erneut um den Vorsitz zu bewerben. Das hatte der 62-Jährige damals in einem Brief an die Mitglieder angekündigt. "Nach fünf intensiven und erfolgreichen Jahren werde ich mich ab Mai 2024 vollständig auf die Arbeit für mein Unternehmen konzentrieren und nicht erneut als Landesvorsitzender kandidieren", hieß es in dem Schreiben. Er werde die "Findungsphase" für eine Neuaufstellung der Parteispitze moderieren, kündigt Meyer-Heder an. Die Partei habe "jetzt die nötige Zeit, um sich über die weitere Zukunft Gedanken zu machen". Meyer-Heder war seit Juni 2019 der Landesvorsitzende der Bremer CDU. Als Spitzenkandidat hatte er zuvor die CDU bei der Bürgerschaftswahl 2019 zum Wahlsieg geführt. Mit 26,7 Prozent der Stimmen wurde die CDU erstmals stärkste Fraktion im Landtag.

Wer Meyer-Heder als Landesvorsitzender nachfolgt, ist offen. Interesse wird unter anderem dem stellvertretenden Landesvorsitzenden und Finanzpolitiker Jens Eckhoff nachgesagt. Denkbar wäre aber auch eine Kandidatur des Fraktionsvorsitzenden Frank Imhoff. 

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