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Bremen-Fonds Der Corona-Kredit ist verbraucht – und was kommt jetzt?

Mit Sonderkrediten von 1,2 Milliarden Euro stemmte sich Bremen vor zwei Jahren gegen die Folgen der Corona-Pandemie. Das Geld ist nun so gut wie ausgegeben. Was hat es gebracht – und wie geht es weiter?
19.03.2022, 11:29 Uhr
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Der Corona-Kredit ist verbraucht – und was kommt jetzt?
Von Jürgen Theiner

1,2 Milliarden Euro auf Pump: Diesen Kreditrahmen bewilligte sich die Bürgerschaft im Sommer 2020, um die Folgen der Corona-Pandemie für den Stadtstaat abzufedern. Es ging um nicht weniger als die Stabilisierung des Gemeinwesens im Angesicht einer Krise, deren Dauer und Heftigkeit zu diesem Zeitpunkt niemand abschätzen konnte. Der Finanztopf bekam einen Namen: Bremen-Fonds. Seither ist aus den 1,2 Milliarden Euro an Notkrediten eine breite Palette von Maßnahmen bezahlt worden. Nach zwei Jahren Pandemie geht das Geld nun allerdings zur Neige. Die Mittel sind entweder ausgegeben oder verplant – Zeit für eine vorläufige Bilanz und einen Ausblick.

Wofür wurde das Geld aus dem Bremen-Fonds ausgegeben?

Um dem Bremen-Fonds Struktur zu geben, wurde er in vier Ausgabenbereiche unterteilt. In einem ersten Block stecken die  Maßnahmen zur unmittelbaren Krisenbekämpfung – also etwa Unterstützungsprogramme für Gewerbetreibende, die der Lockdown sonst geradewegs in die Pleite geführt hätte.

Zweiter Schwerpunkt ist die „Verhinderung struktureller Einbrüche in Wirtschaft und Gesellschaft“. Dabei geht es vor allem um Rettungsschirme für öffentliche Unternehmen. Die BSAG zum Beispiel wäre angesichts massiver Einbrüche bei den Fahrgastzahlen während der Lockdown-Phasen kaum ohne Millionenzuschüsse aus dem Bremen-Fonds klargekommen.

In einem dritten Block stecken Ausgaben, mit denen "soziale Verwerfungen" abgewendet werden sollen. Gedacht war hier in erster Linie an Schulen und Kitas sowie diejenigen städtischen Quartiere, die auch vor der Krise schon instabil waren.

Die politischen Architekten des Bremen-Fonds dachten aber auch über das unmittelbare Krisenmanagement hinaus. Deshalb gab es einen vierten Ausgabenblock mit gezielten Investitionen in Digitalisierung, Technologie- und Innovationsförderung. Bremen, so formulierte es Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) immer wieder, sollte "gestärkt aus der Krise hervorgehen"

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Wie ist der aktuelle Stand?

Die 1,2 Milliarden Euro sind entweder ausgegeben oder verplant, das Gesamtvolumen ist durch Projektanmeldungen der Senatsressorts inzwischen sogar um rund 90 Millionen Euro überzeichnet – das eine oder andere Vorhaben wird also verschoben und außerhalb des Bremen-Fonds aus dem normalen Haushalt bezahlt werden müssen.

2022/23 kann sich der Senat ein letztes Mal aus dem Fonds bedienen. Mit rund 134 Millionen Euro sind dabei die Krankenhäuser und der sonstige öffentliche Gesundheitsdienst einer der größten Posten. Diese Bereiche sollen so aufgestellt werden, dass sie möglichen künftigen Pandemien gewachsen sind.

Welche Kritik gibt es?

Ein Problem bestand von Anfang an darin, den Pandemiebezug der jeweiligen Ausgaben überzeugend darzulegen. Denn der gesamte Bremen-Fonds stellt auf eine außerordentliche staatliche Notsituation ab, die ohne Kredite nicht gemeistert werden kann. Ausgaben auf Pump verbietet nämlich normalerweise die sogenannte Schuldenbremse in der Landesverfassung. Also muss jeweils nachvollziehbar begründet werden, warum eine Investition etwas mit der Überwindung der Pandemie zu tun hat.

Das gelingt mal besser, mal schlechter. Beispiel: Erst in dieser Woche beschloss der Senat eine weitere Tranche von rund 150 Millionen Euro für den Schul- und Kitabereich. So soll etwa in Huchting der "Bildungscampus Sodenmatt" mit einer dreizügigen Grundschule samt Sporthalle entstehen, ergänzt durch einen Kita-Neubau an der Amersfoorter Straße.

Ähnliche Projekte gibt es im gesamten Stadtgebiet. Allerdings existieren diese Bedarfe angesichts steigender Schülerzahlen auch völlig unabhängig von Corona. Dennoch wird in den entsprechenden Beschlussvorlagen stets peinlichst darauf geachtet, den Pandemiebezug herauszustellen. Es gehe darum, mithilfe der Neubauten "die durch die Corona-Pandemie entstandenen Defizite auffangen zu können", heißt es etwa in der aktuellen Senatsvorlage. Ärger mit dem Stabilitätsrat von Bund und Ländern, der auch das bremische Finanzgebaren überwacht, hat es deshalb noch nicht gegeben. Denn auch anderswo in Deutschland legen Landesregierungen sehr viel Kreativität an den Tag, um bei bestimmten Ausgaben eine gedankliche Brücke zur Pandemie schlagen zu können – und sei sie noch so wackelig.

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Wie geht es weiter?

Noch dauert die Pandemie an, aber Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) ist bestrebt, "allmählich wieder ins normale Fahrwasser zurückzukommen", also die krisenbedingten Ausgaben zurückfahren und staatliche Einnahmen und Ausgaben wieder ins Gleichgewicht zu bringen. "Ein Bremen-Fonds II ist mit mir nicht zu machen", sagt der Kassenwart des Stadtstaates.

Eine weitere Ausnahme von der Schuldenbremse wäre aktuell auch schwer zu begründen, hatten sich Bremens Steuereinnahmen in 2021 doch erstaunlich positiv entwickelt. Allerdings weiß auch Strehl, dass man in der Politik niemals nie sagen sollte. Er wisse zum Beispiel nicht, welche Folgen die Ukraine-Krise noch zeitigt, räumt der Finanzsenator ein. Und dann seien da ja auch noch die gewaltigen Kosten für den Klimaschutz, zu dem sich Bremen bekannt hat. Wie diese Milliardeninvestitionen aufgebracht werden sollten, dafür hat auch Strehl noch kein Rezept.

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