Es ist gekommen wie vermutet: Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat am Donnerstag die Empfehlung ausgesprochen, allen Bürgern im Alter ab 18 Jahren eine Auffrischungsimpfung zu ermöglichen, die sogenannte Booster-Impfung. In Bremen besteht diese Möglichkeit bereits. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) kündigte am Donnerstag allerdings an, die Impfkapazitäten auszuweiten.
Bereits jetzt ist der Andrang in den drei bestehenden Impfstellen so groß, dass laut Lübbo Roewer, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), im Weserpark und im Sander-Center (Johanniter Unfallhilfe) bis Ende des Jahres keine Termine mehr zu bekommen sind. Auch in Vegesack, beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), sehe es nicht viel besser aus. Unterdessen bekräftigen weitere Hilfsorganisationen, aber auch Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde, und Vertreter der Bremer Wirtschaft, dass sie gemeinsam daran arbeiten, die Lage zu verbessern. Dem Vernehmen nach ist das Sparkassen-Gebäude am Brill im Gespräch, falls diese Lösung klappe, könne dort von Mittwoch an geimpft werden, heißt es.
„Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um kurzfristig ein Impfzentrum aufbauen und betreiben zu können“, sagt Holger Römer, Sprecher der Zech Group. „Der Druck aus der Bevölkerung ist enorm, und er wird größer. Es geht um Menschenleben.“ Das frühere Zentrum, die Messehalle 7, steht laut Fuhrmann nicht mehr zur Verfügung. „Wir sind der Lösung sehr nah“, sagt Römer, will aber nicht viel mehr verraten, „ehe der Senat nicht sein Okay gegeben hat“. So viel lasse sich allerdings sagen: Es handle sich um einen Standort in der Innenstadt, der gut zu Fuß, per Straßenbahn und mit dem Auto zu erreichen sei.
Lukas Fuhrmann baut unterdessen darauf, dass die drei bestehenden Impfstellen Nord (Vegesack), West (Sander-Center, Oslebshausen) und Ost (Weserpark, Osterholz) schon bald um „deutliche Kapazitäten“ erweitert werden und außerdem das Angebot an den bestehenden Adressen aufgestockt werden könne. Die Impfstelle Mitte in der ehemaligen SWB-Filiale soll in der kommenden Woche unter der Regie der Johanniter und des ASB die Arbeit aufnehmen. Anfang Dezember soll im Einkaufspark an der Duckwitzstraße eine fünfte Impfstelle öffnen, die das DRK betreibt. „Nord, West und Ost verfügen aktuell über eine Impfkapazität von zusammen 20.000 monatlich“, sagt Fuhrmann. In der Impfstelle Mitte könnten 14.000 und in Süd rund 10.400 Impfungen pro Monat verabreicht werden.
100.000 Impfberechtigte
Von der Sechs-Monats-Frist, die zwischen zweiter und Booster-Impfung liegen müsse, werde in Bremen nicht abgewichen, das stehe fest. Fuhrmann verdeutlicht anhand von landesweiter Zahlen, warum dies einen wichtigen Faktor darstellt. Das Robert Koch-Institut erfasst die Daten nicht detaillierter. Mitte dieser Woche habe es bei einer Frist von sechs Monaten etwas mehr als 100.000 Impfberechtigte gegeben. Bei nur fünf Monaten Abstand zur zweiten Impfung seien es fast 200.000. Würden bis zum Jahresende Impfberechtigte erfasst, betrage das Verhältnis 250.000 zu 420.000. So oder so wird mit steigenden Zahlen gerechnet: „Weil im Juni und Juli am meisten geimpft wurde, wissen wir, dass wir im Januar zusätzlich 170.000 Impfberechtigte haben werden.“
Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KVHB) ist die Lage „schwer und dramatisch“, wie Sprecher Christoph Fox es nennt. Nach der neuesten Stiko-Empfehlung würden sich sicher noch mehr Menschen in den Praxen melden. „Aber Kranke, Vorerkrankte, Hochbetagte und Alte werden prioritär geimpft. Ein gesunder 20-Jähriger definitiv nicht, jedenfalls nicht in dieser und den nächsten Wochen.“
Lübbo Roewer weist darauf hin, dass das DRK zusätzlich mit zwei sogenannten Impf-Trucks und acht ausgemusterten Linienbussen unterwegs sei. „Wir überlegen, auch an den Mobilen Termine zu vergeben, um Wartezeiten zu verkürzen, es wird ja kälter draußen“, sagt Roewer. Vielleicht lasse sich auch das medizinische Beratungsgespräch separat führen, dann entstünden im Fall von Fragen keine Wartezeiten.
„Als deutsche Impfmeister sind wir ja für unsere Flexibilität bekannt. Was wirklich gut funktioniert, ist das Bremer Zusammenspiel", so der Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes. Am Donnerstag beispielsweise habe eine Krankenkasse angeboten, ihre Geschäftsstellen an Sonnabenden für Impfungen zur Verfügung zu stellen. Alle Beteiligten suchten bereits nach Helfern, sagt Roewer: „Wir brauchen Leute, die impfen können, Fahrer und Verwaltungskräfte.“