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Bremen Neuer Ansatz am Hauptbahnhof: Drogendealer sollen abgeschoben werden

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will mit einem neuen Ansatz gegen die Drogendealer-Szene am Bremer Hauptbahnhof vorgehen. Grundlage dafür ist eine Beobachtung zur Herkunft der meisten Rauschgifthändler.
18.11.2022, 05:52 Uhr
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Neuer Ansatz am Hauptbahnhof: Drogendealer sollen abgeschoben werden
Von Ralf Michel

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will mit einem neuen Ansatz gegen die Drogendealer-Szene am Hauptbahnhof vorgehen. Es spreche vieles dafür, dass „wir hier im Bereich der Organisierten Kriminalität angekommen sind“, sagte Mäurer am Donnerstag in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft zum Thema Hauptbahnhof. Dieses System werde man zerschlagen. Erklärtes Ziel dabei: Möglichst viele der meist afrikanischen Straßenhändler sollen in ihre Heimat abgeschoben werden.

Das, was der Innensenator ankündigte, entspricht einer grundsätzlich anderen Herangehensweise bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität am Bahnhof. Bislang wurde den Drogenhändlern vor allem mit verstärkten Kontrollen und Platzverweisen auf die Pelle gerückt. 1293 Kontrollen gab es in den vergangenen sechs Wochen. Dabei wurden 350 Platzverweise erteilt und 175 Strafanzeigen gefertigt. 

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Es gilt als offenes Geheimnis, dass sowohl der Innensenator als auch die Polizei diese Art der Drogenbekämpfung für wenig effektiv halten. Die Anzeigen werden nicht selten wegen Geringfügigkeit eingestellt. Auf der anderen Seite steht der betriebene Aufwand. Für die vergangenen sechs Wochen stehen bei der Polizei 3000 Einsatzstunden am Hauptbahnhof zu Buche, bilanzierte Mäurer in der Bürgerschaft.

Grundlage für die Behandlung des Straßenhandels als Organisierte Kriminalität sind Beobachtungen der Ermittlungsbehörden in Bezug auf die Vorgehensweise der Drogenhändler und zu deren Herkunft. Dass die Dealer gut organisiert sind, ist hinlänglich bekannt. Beim Straßenverkauf gehen die Täter in kleinen Gruppen arbeitsteilig vor: Einer hält nach der Polizei Ausschau, ein anderer steuert die Kunden, ein Dritter nimmt deren Geld entgegen, der nächste holt kleinere Mengen Drogen aus einem Versteck in der Nähe und übergibt sie dem Kunden.

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Bei der Beobachtung der Szene ist die Polizei auf eine Auffälligkeit gestoßen, die ihren Verdacht erhärtet, dass hinter dem Straßenhandel feste Strukturen stehen. Von den gut 70 Personen, die in den vergangenen Monaten am Bahnhof im Zusammenhang mit Drogenhandel auffällig wurden, stammen fast 60 Prozent aus dem westafrikanischen Staat Guinea und leben geduldet in Bremen.

An einen Zufall mag man angesichts dieses Zahlenverhältnisses seitens der Ermittlungsbehörden nicht glauben. „Das ist ein organisierter Prozess, der von oben nach unten gesteuert wird“, sagt Ulrich Mäurer. Wer steht an welcher Ecke in Bremen, wer besorgt die Drogen, wer sammelt das Geld ein, wer schafft es außer Landes? „Das sind keine kleinen Einzeltäter, das ist ein mittelständisches Unternehmen.“ 

Mäurer: Szene systematisch abräumen

Das soll nun zerschlagen werden, lautet der Auftrag des Innensenators. Die Einstufung des Straßenhandels als Organisierte Kriminalität gibt der Polizei dabei andere Möglichkeiten als die Verfolgung von Einzeltätern. „Wir werden diese Szene systematisch abräumen“, versprach Mäurer. „Mit allen Mitteln, die das Straf-, das Polizei-, das Ordnungs-, aber auch das Ausländerrecht hergibt.“ Dafür werden die Polizei und das im Mai 2018 beim Innensenator eingerichtete Referat 24 eng zusammenarbeiten.

Dieses Spezialreferat fungiert als dritte Ausländerbehörde des Landes Bremen und ist vor allem dafür zuständig, aufenthaltsbeendende Maßnahmen von Straftätern durchzusetzen. Den größten Teil der Drogendealer aus Guinea in ihre afrikanische Heimat abzuschieben, ist erklärtes Ziel des Innensenators. Er räumt aber ein, dass dies wegen oft fehlender Papiere der Täter ein schwieriges Unterfangen sein wird.

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Mit der Ankündigung dieser Maßnahmen trat Mäurer im Landtag der Kritik entgegen, die Bremer Polizei würde Drogendealer mehr oder weniger machtlos gewähren lassen. CDU-Fraktionschef Heiko Strohmann hatte der Regierungskoalition vorgeworfen, sie habe zugelassen, dass der Bereich um den Hauptbahnhof zum rechtsfreien Raum geworden sei. Strohmann sprach von einer seit Jahren ausufernden Sicherheitskrise. Statt ihr etwas entgegenzusetzen, bewege sich Rot-Grün-Rot in Richtung einer generellen Legalisierung des Drogenhandels.

Fußend auf den Ermittlungen der Polizei wurden in den vergangenen zwei Jahren am Landgericht 47 Drogenhändler zu mehr als 300 Jahren Haft verurteilt, konterte Mäurer die Ausführungen Strohmanns. „Beißhemmungen der Polizei gegenüber Drogendealern? In welcher Welt leben Sie?“

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