Die Kinder- und Jugendärzte fordern von der Politik mehr Unterstützung für die Praxen: „Viele Kommunen im Umland schaffen im Moment attraktive Bedingungen für die Niederlassung neuer Kolleginnen und Kollegen. In Bremen ist hier scheinbar eher eine Verschiebung von Ärztinnen und Ärzten aus einer effizienten Selbstständigkeit in ein Angestelltenverhältnis angedacht“, heißt es in einer Mitteilung des Berufsverbands.
Wie bereits der Hausärzteverband, kritisieren die Kinder- und Jugendärzte damit die Pläne von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) für den Aufbau Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) in kommunaler Trägerschaft. Wie berichtet, ist laut Behörde das erste MVZ in Planung, dort sollen neben Gynäkologen und Hausärzten auch Kinderärzte als Angestellte der Stadt tätig sein. Hintergrund ist der Ärztemangel und die Unterversorgung in sozial benachteiligten Stadtteilen.
Ein "teures Pflaster"
„Wir brauchen eine Stärkung der ambulanten Medizin in den bestehenden Strukturen, damit es für Kinder- und Jugendärzte attraktiv wird, die bestehenden Sitze in neue Sitze in einer überarbeiteten Bedarfsplanung zu übernehmen“, betonen der Vorsitzende sowie der Sprecher des Berufsverbands, Stefan Trapp und Marco Heuerding. Sie fordern von der Stadt ein besonderes Engagement, die Niederlassung von Haus- und Kinderärzten dort zu fördern, wo die Grundversorgung ausgedünnt sei.
Konkret nennen sie: Multiprofessionelle Angebote wie Dolmetscherdienste und Sozialarbeiter, die Familien unterstützten und die ärztliche Arbeit in den Praxen erleichtern würden. „Nötig wären aber auch günstige gute Räumlichkeiten, Hilfe bei der Personalsuche, Schutz vor Regressen und Entlastung von Bürokratie“, heißt es in der Mitteilung. Seit Jahren gebe es eine „immer weiter fortschreitende
Verdichtung unserer Arbeit bei gleichzeitigem Reallohnverlust“.
Der Berufsverband macht dafür mehrere Entwicklungen verantwortlich: Einerseits sei die Anzahl der Patienten durch die Migrations- und Flüchtlingswellen gestiegen. Sozial bedingte Entwicklungsstörungen, elterliche Überforderung und fehlende Kindergartenbetreuung müssten durch medizinische Leistungen zulasten der Krankenkassen kompensiert werden.
„Gerade in den sozial herausfordernden Stadtteilen wie der Vahr, Gröpelingen, Huchting, Tenever und Bremen-Nord leisten die Kinderärzte wertvolle Beratungs- und Präventionsarbeit, um diese Probleme zumindest abzumildern“, so Stefan Trapp und Marco Heuerding übereinstimmend. „Allerdings leisten wir diese Arbeit zu Konditionen, die dauerhaft nicht akzeptabel sind.“ Der Verband beklagt „fehlende Wertschätzung“.
Die Infektwelle im Winter sei nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Für die Kinderambulanz, die von der Stadt als Akut-Maßnahme eingerichtet wurde, seien die Ärzte dankbar. „Diese Nothilfe ist aber eher ein teures Pflaster auf die tiefe Wunde politischer Versäumnisse der letzten Jahrzehnte“, stellt der Berufsverband fest.